Hassverbrechen in Berlin Die Gewalt gegen LGBTI* nimmt an Brutalität und Quantität weiter zu
Die Ansprechperson für LGBTI*-Menschen bei der Berliner Polizei, Hauptkommissarin Anne von Knoblauch, betonte jetzt im Interview mit dem Tagesspiegel, dass die Fälle von Beleidigungen und Körperverletzungen gegen LGBTI*-Menschen in der Regenbogenhauptstadt weiter zunehmen.
Gewalttaten werden brutaler
Von Knoblauch betonte so: „Hier können wir beobachten, dass Gewalttaten zunehmen und brutaler werden. Es geht aber auch um Sachbeschädigungen – und um Hasskommentare im Netz, die immer mehr angezeigt werden (…) Der Hass im Netz gegen queere Menschen hat stark zugenommen. Immer noch denken viele Menschen, das Internet sei ein rechtsfreier Raum und man kann dort tun und lassen, was man will.“
Die Hauptkommissarin ist zusammen mi ihrem Kollegen Michael Späth die Queer-Beauftragte der Berliner Polizei und betont überdies, dass seit der Corona-Pandemie auch mehr Nachbarschaftsstreitigkeiten in den Bereich der LGBTI*-feindlichen Hasskriminalität fallen. Viele Bewohner hätten in jener Zeit ihre Nachbarn besser kennengelernt – und das Wissen um die Homosexualität so beispielsweise bei Streitigkeiten gezielt genutzt.
Keine No-Go-Areas?
Schwerpunkte der Hassverbrechen gegen Schwule, Lesben und queere Menschen bleiben dabei die Bezirke Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg sowie Charlottenburg-Wilmersdorf. Die jüngste Statistik zeigte dabei auf, dass die Fälle von Hasskriminalität zuletzt binnen eines Jahres um 27 Prozent in Berlin zugenommen haben – trotzdem gibt von Knoblauch zu Bedenken: „Wenn wirklich 40 Prozent aller queerfeindlichen Taten in Berlin begangen würden, müsste man tatsächlich Angst haben. Doch so ist es nicht, Berlin ist kein Hotspot der Queerfeindlichkeit (…) Die bundesweiten Zahlen sind diesbezüglich wenig verlässlich, da andere Bundesländer, deren Erfassungen in die Statistik des BKA miteinfließen, diese Straftaten nicht in der Genauigkeit und Spezialisierung ermitteln, wie wir es in Berlin machen.“
Dabei möchte die Polizeihauptkommissarin auch nicht von No-Go-Areas sprechen und betont: „Wir haben in Berlin keine No-Go-Areas. Queerfeindliche Kriminalität kann überall geschehen.“
Die Täter sind jung und männlich
Zu den Tätern sagt die Polizistin weiter: „Wenn es um queerfeindliche Hasskriminalität geht, sind die Täter überwiegend junge Männer – mehr als 90 Prozent. Die meisten sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Taten werden meist aus Gruppen heraus begangen. Sie wollen Mut und ihre Männlichkeit beweisen, wenn sie ein schwules Paar angreifen. Viele machen das nicht zum ersten Mal – häufig handelt es sich um Wiederholungstäter.“
Die größte Opfergruppe bleiben dabei nach wie vor schwule Männer. Von Knoblauch geht ebenso wie ihre Kollegen davon aus, dass rund 95 Prozent der Straftaten gegen LGBTI*-Menschen nicht angezeigt werden. „Queerfeindliche Straftaten müssen sichtbar gemacht werden. Wir können zwar nicht alles aufklären. Aber wir haben gute Möglichkeiten, Täter zu ermitteln – wenn eine Straftat etwa auf einem Bahnhof, in einer U-Bahn, einer Tram oder im Bus passiert ist – denn die öffentlichen Verkehrsmittel werden mit Kameras überwacht.“