Winter in der Ukraine Dramatische Lage für bedürftige LGBTI*-Menschen im Land
Die LGBTI*-Organisationen All-Out sowie der ukrainische Partnerverbund Soiuz LGBT Ty ne Odyn (Du bist nicht allein) schlagen Alarm – nach mehr als 900 Tagen Ukraine-Krieg könnte sich in den kommenden Wintermonaten die Lage für LGBTI*-Menschen vor Ort weiter dramatisch verschlechtern.
Krise bei LGBTI*-Verbänden
Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ist medial zum Normalzustand für viele Menschen geworden, eine Tatsache, die besonders bedrohte Personen schnell in Vergessenheit geraten lässt. Die ukrainischen LGBTI*-Gruppen vor Ort sehen sich mit der Gefahr bedroht, dass Spenden und anderweitige Gelder ausbleiben und sie so nicht mehr in der Lage sind, Homosexuellen und queeren Personen im Land zu helfen.
„Auch wenn die Schlagzeilen längst verstummt sind, hat der Krieg in der Ukraine weiterhin verheerende Auswirkungen auf die dort lebenden Menschen. Queere Ukrainer sind mit einer doppelten Krise konfrontiert, da sie die Schrecken des Konflikts inmitten von anhaltender Diskriminierung und Gewalt ertragen müssen. Schlicht gesagt, ist unser Alltag zu einem Überlebenskampf geworden. Auch heute noch können jeden Moment Raketen einschlagen, und es gibt keinen wirklich sicheren Ort, an dem man sich verstecken kann. Jeder Tag ist ein Geschenk, und wir haben gelernt, die Gegenwart zu schätzen“, so Serhiy, Sprecher von Soiuz LGBT.
Zwischen Folter, Einsamkeit und Kälte
Zudem verschlechtere sich auch die mentale Lage vieler LGBTI*-Personen in der Ukraine immer weiter: „Homosexuelle und bisexuelle Personen an der Front und in den besetzten Gebieten sind unvorstellbaren Schrecken ausgesetzt: Folter, Vergewaltigungen und ständige Lebensbedrohung durch die russischen Streitkräfte. Viele haben alles verloren, und die Raketenangriffe lassen keinen sicheren Ort zum Verstecken.“
Der Verein unterstützte bereits vor Kriegsbeginn die Community vor Ort und ist inzwischen zu einem der wenigen Rettungsanker für viele LGBTI*-Menschen geworden: Er bietet Wärme, Strom und einen sicheren Ort, an dem man sich treffen, Kraft schöpfen und arbeiten kann. Doch jetzt, wo der Winter naht, gehen dem Team die Mittel aus, um das Zentrum weiter offen zu halten. Zusammen mit All-Out bittet die Organisation um dringend benötigte Spenden.
„Wir müssen unser Community-Zentrum irgendwie offen halten. In den kälteren Monaten, in denen es aufgrund der ständigen Anschläge häufig zu Stromausfällen kommt, wird es mehr denn je eine lebenswichtige Stütze sein“, so Serhiy weiter. Die Kälte verschärft gerade für Homosexuelle vielerorts auch deswegen die Lage, weil sie immer wieder aufgrund von anhaltender Homophobie im Land nicht auf Hilfe von ihren Familien bauen können – eine queere Notunterkunft wird so oftmals zur letzten Anlaufstelle.