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Machtwechsel in Großbritannien
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Machtwechsel in Großbritannien Mehr Einsatz gegen Hassverbrechen versprochen – Dämpfer für die Trans-Community

ms - 05.07.2024 - 09:00 Uhr

Nach 14 Jahren unter konservativer Führung steht Großbritannien jetzt vor einem Machtwechsel – die Labour-Partei hat nach Auszählung der meisten Wahlkreise die Parlamentswahl mit einer absoluten Mehrheit gewonnen. Die regierenden Konservativen haben eine schwere Niederlage eingesteckt, Premierminister Rishi Sunak hat dafür bereits persönlich die Verantwortung übernommen. Doch was bedeutet das jetzt für die LGBTI*-Community?

Eine Partei für LGBTI*?

Wahrscheinlich heute noch wird Sunak sein Amt niederlegen und König Charles III. daraufhin den großen Wahlgewinner Keir Starmer von der Labour-Partei mit dem Auftrag einer Regierungsbildung versehen. Starmer versprach einen „Neustart für das Land“ und mehr Wohlstand für die Briten. Konkret wurde der 61-Jährige allerdings im Wahlkampf zumeist nicht.

In puncto LGBTI* betonte Starmer, er sei entschlossen dazu, Menschen mit Respekt zu behandeln, dies sei „in den letzten 14 Jahren verloren“ gegangen. Die Labour-Partei sei dabei stets die Partei der Gleichheit gewesen, diese Tradition wolle man nun fortsetzen. 

Einsatz gegen Hassverbrechen

Mit Blick auf das seit Jahren umstrittene Thema eines Verbots von Konversionstherapien wolle man sich für eine Umsetzung unter Einbeziehung von Trans-Menschen einsetzen – genau dieser Aspekt hatte zuletzt immer wieder zu Problemen geführt und schlussendlich auch zu einem Scheitern eines finalen Gesetzentwurfes.   

Überdies solle es härtere Strafen für Hassverbrechen geben. Beim Thema Diskriminierung sei es zudem wichtig, Respekt und Würde für alle Menschen in Großbritannien zu schaffen. Hassverbrechen haben in Großbritannien eine große Brisanz, zuletzt gab es über 25.000 Angriffe auf LGBTI*-Menschen binnen eines Jahres. „Der Fortschritt, den wir in den letzten Jahrzehnten weitgehend als selbstverständlich angesehen haben, scheint nun bedroht zu seinDie Hasskriminalität auf unseren Straßen ist sprunghaft angestiegen. Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Ausrichtung haben sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt (…) Ich habe die verheerenden Auswirkungen solcher Verbrechen aus erster Hand erlebt. Als Teenager wurde mein Freund Graham, ein schwuler Mann, von homophoben Schlägern angegriffen. Als ich ihm zu Hilfe kam, wurden ein anderer Freund und ich ebenfalls verprügelt.“

Strittige Fragen im Bereich Gesundheit

Im Bereich Gesundheitswesen betont die Partei, dass gerade auch Trans-Jugendliche viel zu lange auf Termine warten müssen. Allerdings betont Labour auch: „Wir sind uns einig, dass die Gesundheitsfürsorge für Kinder immer von Fakten und dem Wohlergehen der Kinder, frei von Kulturkriegen, erfolgen muss (…) Der Cass Report bietet einen evidenzbasierten Rahmen, um dies zu erreichen. Wir werden die Expertenempfehlungen des Cass-Berichts in vollem Umfang umsetzen, um sicherzustellen, dass junge Menschen eine angemessene und hochwertige Betreuung erhalten.“ 

Was dies im Detail bedeutet, bleibt aktuell noch offen – der Cass-Report hatte allerdings nahegelegt, die Vergabe von Pubertätsblockern und Hormontherapien bei Minderjährigen auf das Minimum zu reduzieren und genauer zu prüfen, ob tatsächlich eine Geschlechtsdysphorie vorliegt. Ähnliches findet sich auch im Wahlprogramm selbst – dieses betont, die „Demütigungen für Trans-Personen“ beseitigen zu wollen, hält aber außerdem fest, dass bei einem juristischen Geschlechtswechsel die „Notwendigkeit einer Diagnose der Geschlechtsdysphorie durch einen Facharzt“ wichtig ist und bleibe. Im Gesundheitswesen will die Partei zudem gleichgeschlechtlichen Paaren einen schnelleren, leichteren und diskriminierungsfreien Zugang zu Behandlungen ermöglichen.

Biologie und Trans-Debatten

Wie Starmer schlussendlich zum Thema Trans steht, wird wohl erst seine Regierungszeit offenbaren, kurz vor der Wahl äußerte er sich zwiegespalten und wich weiteren direkten Fragen aus. So sagte er gegenüber der BBC: „Was die Biologie betrifft, stimme ich mit dem überein, was Tony Blair neulich in Bezug auf die Tatsache sagte, dass Männer Penisse und Frauen Vaginas haben.“ Wenige Augenblicke später betonte er allerdings, dass man jeden Menschen respektieren und mit Würde begegnen müsse. Der Telegraph fragte ihn kurz darauf, ob „biologische Männer mit Geschlechtsanerkennungszertifikaten das Recht haben, reine Frauenräume zu betreten?“ Starmer antwortete: „Nein, dieses Recht haben sie nicht. Das sollten sie auch nicht. Deshalb habe ich immer gesagt, dass biologische Frauenräume geschützt werden müssen.“ 

LGBTI*-Jugend

Beibehalten will Starmer den begonnenen Prozess an Schulen, der den Unterricht frei von der „Gender-Ideologie“ halten soll und im Bereich Sexualkunde in höheren Klassen die biologische Zweigeschlechtlichkeit betont. Starmer sagte auf Rückfrage direkt: „Ich bin nicht dafür, dass in unseren Schulen Ideologien zum Thema Gender gelehrt werden.“  Außerdem wolle man gegen die Obdachlosigkeit unter LGBTI*-Jugendlichen verstärkt vorgehen, dazu solle eine neue Abteilung eingerichtet werden, die sich schwerpunktmäßig darum bemüht.

Labour als Partner von LGBTI*

Abschließend betonte der höchstwahrscheinlich bald neue Premierminister, dass man sich immer gegen Spaltung und Hass einsetzen wolle, Gemeinschaften wieder zusammenbringen werde und die Rechte von LGBTI* ebenso voranbringen werde: „Wir haben es schon einmal getan, und wir werden es wieder tun. Die Labour Party und die LGBT-Bewegung haben in der Vergangenheit gemeinsam Unglaubliches erreicht. Wir haben Homosexualität entkriminalisiert, Section 28 aufgehoben, Lebenspartnerschaften eingeführt und den Gender Recognition Act und den Equality Act geschaffen. Aber so fortschrittlich und bahnbrechend unsere Errungenschaften damals auch waren, der Fortschritt bleibt nie stehen, und wir dürfen ihn nie als selbstverständlich ansehen. Wir müssen uns weiter anstrengen, weiter kämpfen und weiter zusammenarbeiten, um eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen, in der LGBT+-Menschen nicht nur sicher sind, sondern auch gefeiert, willkommen und einbezogen werden.“

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