Ein Pride in Kiew? Kiews Stadtrat lehnt bisherige Pride-Pläne aus Sicherheitsgründen ab - zeigt sich aber gesprächsbereit
Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj heute bei der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Berlin ist, wird im Land selbst aktuell über die Möglichkeiten eines Pride in Kiew debattiert. Das Team des Kyiv Pride möchte trotz des Kriegs mit Russland in diesem Jahr einen CSD veranstalten – die Frage ist nur, wo?
Ein Pride in der U-Bahn?
Das erste Konzept der Veranstalter sah vor, den Pride in einer U-Bahn-Station stattfinden zu lassen, um so für die CSD-Teilnehmer die größtmögliche Sicherheit vor Bomben zu gewährleisten. Diese Idee lehnte der Stadtrat von Kiew jetzt allerdings aus Sicherheitsbedenken ab, da das U-Bahnsystem der Stadt bei einem russischen Luftangriff als Luftschutzbunker für die gesamte Bevölkerung jederzeit zur Verfügung stehen müsse.
Eine Pride-Demonstration könnte aufgrund des begrenzten Platzes zu einem hohen Risiko im Ernstfall werden, noch dazu, da es auch anderweitig jederzeit zu einem hohen Fahrgastaufkommen und damit zu weiteren Platzproblemen kommen kann. Das Organisationsteam rechnet mit rund 500 potenziellen Teilnehmern beim Pride. Zuletzt im Jahr 2021 hatten rund 7.000 Menschen am CSD teilgenommen.
Unterstützung von der Stadtverwaltung
Der erste stellvertretende Bürgermeister von Kiew, Mykola Povoroznyk, betonte allerdings, dass er den Kyiv Pride unterstütze und die Wichtigkeit des Einsatzes für Gleichberechtigung und für die LGBTI*-Menschenrechte für wichtig erachte – nur müsse der Pride eben an einem anderen Ort stattfinden. Ob und wie ein möglicher Pride in Kiew so kurzfristig noch stattfinden kann, ist derzeit völlig offen – die Veranstalter wollten die Demonstration bereits am kommenden Sonntag (16. Juni) stattfinden lassen.
Zeichen setzen – auch im Krieg
Das Team des Kyiv Pride betonte, wie wichtig es sei, trotz des Krieges ein Zeichen für die Rechte von LGBTI*-Menschen zu setzen, noch dazu, da die Akzeptanz und Zustimmung aus der Bevölkerung seit dem russischen Angriffskrieg zugenommen habe. Im November 2023 hatten 72 Prozent der Ukrainer in einer Umfrage angegeben, gleiche Rechte für LGBTI*-Menschen zu befürworten, inklusive einer gleichgeschlechtlichen Ehe für Homosexuelle – im Jahr 2019 lag dieser Wert noch bei gerade einmal 29 Prozent. Auch Selenskyj sprach sich im Grundsatz für eine mögliche Homo-Ehe aus, betonte aber, dass es die dafür notwendige Verfassungsänderung nicht in Kriegszeiten geben werde.
Trotzdem kommt es allerdings nach wie vor auch zu Anfeindungen, gerade gegenüber den Mitarbeitern von Kyiv Pride, die auch als Beratungsanlaufstelle für LGBTI*-Menschen fungieren.