Polens neue Wege Wie stehen die Polen homosexuellen Rechten gegenüber?
Wie ist es aktuell um die angedachte Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Polen bestellt? Und wie stehen die Polen selbst dem Vorhaben inzwischen gegenüber? Fakt ist, in der polnischen Gesellschaft bewegt sich in diesen Tagen sehr viel, das mag durchaus auch an der neuen Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk liegen – dieser versprach anfangs noch die baldige Einführung der umgangssprachlichen Homo-Ehe.
Stadt-Land-Gefälle
Noch immer ist das Land gerade bei der Frage um mehr Rechte für Schwule und Lesben zweigeteilt, wie auch die Kommunal- und Regionalwahlen im April dieses Jahres erneut aufzeigten. In Polen scheint mehrheitlich das altbekannte Gefälle zwischen Land und Stadt tatsächlich noch vielerorts der Wahrheit zu entsprechen: Je ländlicher, desto eher homophober, je städtischer, desto liberaler und offen für die Rechte von Homosexuellen.
Tusk bekräftigte erst vor wenigen Tagen, dass er den Kurs seines politischen Dreier-Bündnisses fortsetzen will. Noch wird der Ministerpräsident vom konservativen Hardliner Präsident Andrzej Duda ausgebremst, der gegen jedes Gesetz sein Veto einlegen kann und den streng homophoben Kurs der Vorgängerregierung unter der PiS-Partei befürwortet. Dudas Amtszeit endet voraussichtlich im nächsten Jahr.
Druck aus der EU
Ein Grund, warum Tusk in einem ersten Schritt nun zunächst eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft im Land einführen will, diese ist der Ehe nicht in allen Punkten gleichgestellt, aber rechtlich deutlich einfacher und schneller umzusetzen. Polen ist eines von fünf EU-Staaten, die für Homosexuelle bis heute keine rechtliche Partnerschaft umgesetzt haben. Inzwischen bekommt das Land auch massiven Druck seitens dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, das auf eine baldige Umsetzung pocht.
Unterstützung in der Bevölkerung wächst
Die Frage ist, wie steht die polnische Gesellschaft selbst dazu? Noch im letzten Jahr zeigte das Meinungsforschungsinstitut Pew Research Center auf, dass gerade einmal 41 Prozent der Polen für die Homo-Ehe sind. Zusammen mit Ungarn war das Land damit Schlusslicht in ganz Europa.
Nun legt eine repräsentative Umfrage des Privatsenders RMF FM nahe, dass sich hier ein Wechsel vollzogen haben könnte. Befragt nach einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im April dieses Jahres befürworteten 66 Prozent der Polen diese. Die Hälfte der Einwohner sprach sich dann sogar für eine gleichgeschlechtliche Ehe aus. Das wäre also in der Tat ein gewisser Sinneswandel. Einzig in puncto Adoptionsrecht sind die Polen noch mehrheitlich sehr skeptisch, 63 Prozent lehnen diese für homosexuelle Paare ab, nur 22 Prozent der Bevölkerung können sich das vorstellen.