Ein schwuler Kuss mit Folgen Die amerikanische Gay-Community feiert den TV-Coup, die homophoben Hater geifern
Für Millionen schwuler Amerikaner begann das neue Jahr 2024 mit einem Paukenschlag – in der Silvestersendung von CNN beim berühmten Silvesterball Drop in New York City war das Bild, das viele Millionen Amerikaner als erstes im neuen Jahr zu sehen bekamen, ein junges schwules Paar, das sich leidenschaftlich mitten auf dem Times Square küsste. Die Gay-Community feierte die Entscheidung des TV-Senders. Knapp zwei Wochen später zeigt sich indes nun, dass das junge Paar leider auch viel Hass und Hetze über sich ergehen lassen musste.
Aufregung nach TV-Kuss
Jake Eriksson und Corin Christian, so die Namen des schwulen New-Yorker-Paares, erzählten nun, wie am nächsten Morgen ihre Timeline in den sozialen Medien regelrecht explodiert sei. Nebst vielen Glückwünschen mischten sich aber bereits am Neujahrstag homophobe Stimmen zwischen die Kommentare: „Es war ein bisschen traurig, einige der negativen Kommentare zu sehen und wie negativ einige Leute darauf reagierten, nur weil sie zwei Männer im TV sahen, die sich live küssten“, so Eriksson.
Und Christian ergänzt: „Für mich war es auch traurig, einige andere Kommentare zu sehen. Einige Leute haben so Angst davor, sich ihren Familien und Eltern gegenüber zu öffnen, weil wir das live im Fernsehen gemacht haben.“
Anderen Schwulen Mut machen
Dabei wollen die beiden jungen Männer anderen Schwulen eigentlich nur Mut machen, zu sich zu stehen. Für beide war es das erste Mal, dass sie sich öffentlich küssend zeigten. „Ich habe so lange in Angst gelebt. Ich lebte in Scham und dachte, mit mir stimme etwas nicht. Ich dachte, ich käme in die Hölle. Heute bin ich einfach nicht mehr bereit, so zu leben. Ich bin glücklicher, wenn ich Menschen mit Liebe und Freundlichkeit begegne, unabhängig davon, wie sie sich identifizieren und wen sie lieben“, so Eriksson, der als Kind in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage aufgewachsen ist.
Bizarre Hass-Kommentare
Online witzeln viele schwule Männer auch, dass die ganze negative Aufregung um den Kuss nicht einer gewissen Ironie entbehrt, denn immerhin wurde die CNN-Silvestersendung auch von zwei offen schwulen Männern moderiert: Anderson Cooper und Andy Cohen. Das schwule Paar selbst betont allerdings auch, dass die positiven Feedbacks bei weitem die negativen überwiegen.
Dabei kommt man trotzdem nicht umhin, über einige der Hass-Kommentare unfreiwillig schmunzeln zu müssen – eine Frau erklärte so, sie habe nichts gegen Schwule, auch nicht gegen ein „gemischtrassiges schwules Paar“, aber so ein Paar sei eben „nicht repräsentativ“ für den Times Square in New York. Viele User reagierten darauf sehr amüsiert: Der „Schmelztiegel Amerikas“, New York, sei nichts für ein schwules Paar? „Die Witze schreiben sich hier wirklich von selbst“, so ein Gegenkommentar.
Besonders aufgeregt zu haben scheint viele Hater auch, dass der Kuss von vielen weiteren Medien wie beispielsweise auch CBS und ABC übernommen worden ist. Der Zungenkuss sei dabei „anzüglich, pornografisch und widerlich“ gewesen. Eltern hätten panisch darauf reagiert, als ihre Kinder dies gesehen haben. Einige Verschwörungstheoretiker sind sich sogar sicher, der romantische Liebesbeweis sei als eine „psychologische Geheimoperation“ inszeniert worden, um das Seelenheil von ganz Amerika zu verunsichern und zu erschüttern. So zeigt sich, dass selbst ein harmloser schwuler Kuss im Jahr 2024 sich bereits dazu eignet, den immer bizarrer werdenden Kulturkampf in den USA weiter anzuheizen.
Junge Liebe im Big Apple
Eriksson und Christian sind dabei erst seit rund sechs Monaten ein Paar. Während Eriksson von Utah nach New York zog, um sich eine Karriere als Schauspieler aufzubauen, ging Christian von North Carolina in den Big Apple, um als Model sowie im Eventmanagement zu arbeiten. Nach einer anfänglichen Skepsis verknallten sich die beiden jungen Männer sehr schnell ineinander: „Nach der dritten Verabredung waren wir total ineinander verliebt. Wir sagten: 'Das ist es. Ich will keinen anderen.' Es ist schwer, als schwuler Mann in New York City ein richtiges Date zu haben.“
Liebt euren Partner mit allem, was ihr habt!
Abschließend stellt das Paar klar: „Hass und Wut sind sekundäre Emotionen. Die Menschen haben Angst vor dem, was sie nicht verstehen. Wenn Menschen Hass gegen Homosexualität empfinden, ist das nicht unbedingt ihre eigene Schuld. Wir können uns nicht aussuchen, wie wir erzogen werden, aber wir können entscheiden, wie wir andere behandeln und hoffen, dass wir künftige Generationen aufklären können. Wir sind dankbar für das positive Feedback, das wir erhalten haben, und hoffen, dass unsere Erfahrung die Jugendlichen dazu inspirieren kann, immer sie selbst zu sein. Am Ende des Tages sind wir glücklich und verliebt, egal, woher die Kritik kommt. Und an alle schwulen Paare da draußen: Liebt euren Partner mit allem, was ihr habt!“ Und mit Blick auf schwule Jugendliche und ihre manchmal christlich-konservativen Eltern, sagt Eriksson: „Es ist in Ordnung, sein Kind bedingungslos zu lieben, ob man es versteht oder nicht. Es gibt nichts Schlimmeres auf der Welt, als sein Leben jeden Tag in Angst zu leben.“