Entschädigung für Homosexuelle In Österreich wurden schwule Männer wie in Deutschland nur aufgrund ihrer Sexualität verurteilt – jetzt folgen Entschädigungszahlungen!
Ähnlich wie in Deutschland sollen nun auch in Österreich schwule Männer Entschädigungszahlungen bekommen, die nur aufgrund ihrer sexuellen Orientierung strafrechtlich belangt oder verurteilt worden sind. Bis 1971 waren gleichgeschlechtliche Handlungen in Österreich verboten, weiterhin existierten allerdings auch danach noch vier Sonderparagraphen (§§ 209, 210, 220 und 221 StGB), die schwule Männer kriminalisierten. Der letzte dieser menschenrechtswidrigen Paragraphen wurde erst 2002 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben.
Rehabilitierung von schwulen Männern
Ein entsprechendes Gesetz zur Entschädigung wurde jetzt im Nationalrat eingebracht. Im Falle einer Verurteilung aufgrund der Sonderstrafgesetze sollen 3.000 Euro Entschädigung bezahlt werden, im Falle einer Haftstrafe weitere 1.500 Euro pro Jahr. Für Strafverfahren ohne eine Verurteilung sollen schwule Männer 500 Euro bekommen, erlitten Homosexuelle im Zusammenhang mit den Sonderstrafgesetzen schwere wirtschaftliche, berufliche oder gesundheitliche Nachteile, soll eine Entschädigung von 1.500 Euro ausbezahlt werden. Anträge können bis 2033 gestellt werden. Schätzungen zufolge sind etwa 11.000 homosexuelle Menschen in Österreich anspruchsberechtigt.
„Die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen war ein dunkles Kapitel der Zweiten Republik (…) Ich habe versprochen, alle zu Unrecht Verfolgten vollständig zu rehabilitieren und finanziell zu entschädigen. Jetzt haben wir die finanziellen Mittel bekommen“, so Österreichs Justizministerin Alma Zadić.
Freude in der LGBTI*-Community
Die österreichische LGBTI*-Community zeigte sich sehr erfreut über die jüngste Entscheidung. So erklärte Ann-Sophie Otte von der HOSI Wien: „Das ist ein wichtiges Signal für die Opfer, denen zusätzlich zur Strafverfolgung oft auch ihre soziale Existenz vernichtet wurde. Das alles lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Aber dass die Republik sie offiziell rehabilitiert und für das erlittene Unrecht entschädigt, ist als Anerkennung des Unrechts ein wirklicher Grund zur Freude und ein großer Erfolg für die HOSI Wien und die LGBTIQ-Community, die das seit vielen Jahren von der Politik gefordert haben.“
Auch seitens der Opposition wird die Entschädigung begrüßt, SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner erklärte: „Das ist ein enormer Erfolg der Zivilgesellschaft und all jener, die nicht aufgegeben haben. Mit dem vorliegenden Gesetz wird nun die jahrzehntelange Forderung der LGBTIQ-Community nach einer Aufhebung der Urteile und echten Entschädigungszahlungen endlich umgesetzt! Dieser Erfolg gebührt all jenen, die nicht aufgegeben haben und genau für diese Gerechtigkeit eingetreten sind. Solche Initiativen zeigen, wo unsere Republik noch weit hinterherhinkt und was mit einer progressiven Mehrheit alles möglich wäre.“
Detailfragen noch offen
Allerdings betont die HOSI Wien auch, dass noch wichtige Detailfragen offen sind, so Otte weiter: „Hier sind Menschen zu Unrecht im Gefängnis gesessen, die konnten in dieser Zeit ja nicht arbeiten. Es muss also unbedingt eine beitragsfreie Anrechnung der Haftzeiten auf die Pension erfolgen. Ebenso müssen die verhängten Geldstrafen entsprechend verzinst zurückgezahlt werden. Wir erwarten, dass die Bundesregierung das in ihrem finalen Gesetzesantrag berücksichtigen wird.“
Fristverlängerung in Deutschland
In Deutschland wurden bereits 2017 Entschädigungszahlungen in gleicher Höhe beschlossen. Nachdem sich allerdings bis 2022 nur wenige hundert schwule Männer gemeldet hatten, beschloss die Bundesregierung letztes Jahr, die Frist zur Antragsstellung um weitere fünf Jahre zu verlängern. Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte dazu erklärt: "Wir wollen es Betroffenen auch weiterhin ermöglichen, ihre berechtigten Ansprüche auf eine Entschädigungszahlung geltend zu machen. Mir ist es wichtig, dass wir den Betroffenen diesen Weg weiterhin offenhalten. Das ist Ihnen der Rechtsstaat schuldig."
Hintergrund in Deutschland ist der berüchtigte Paragraf 175, der Sex zwischen Männern unter Strafe stellte und erst 1994 ganz gestrichen worden war. Bis zu dieser Zeit waren allein nach Kriegsende rund 53.000 schwule Männer nach §175 verurteilt worden.