Widerstand in der Karibik Die Bewegung für LGBTIQ+ nimmt immer mehr an Fahrt auf
Ende März schockte der karibische Inselstaat Trinidad und Tobago die internationale Community, weil der Oberste Gerichtshof das Verbot von Homosexualität wieder in Kraft setzte. Im April forderten daraufhin LGBTIQ+-Aktivisten, dass mittels des britischen Appellationsgerichts als oberste Einrichtung aller Commonwealth-Länder des Vereinigten Königreichs von Großbritannien eine finale Entscheidung getroffen werden müsse – der Ausgang ist hier aktuell offen. Immer mehr Menschen in der Karibik schließen sich seitdem aber der queeren Bewegung an und fordern ein Ende der menschenunwürdigen Gesetze aus der Kolonialzeit.
„Peinliche“ Homosexualität
Glenroy Murray, der geschäftsführende Direktor der Equality for All Foundation und leitender Mitarbeiter des Human Dignity Trust in der Karibik, betonte gegenüber dem britischen Guardian, wie dramatisch die Lage noch immer vor Ort sei und wie oft gerade schwule Jugendliche Hass und Unverständnis in der eigenen Familie erfahren – die erneute Inkraftsetzung des Verbots-Paragrafen für Homosexuelle verschlimmere dabei die Lage seitdem maßgeblich.
Schwule werden im Inselstaat noch immer oftmals als „verweichlicht“ angesehen, ihre Verhalten wird als „unangemessen“ bewertet, immer wieder kommt es überdies dazu, dass Mobs auf junge Homosexuelle einprügeln. Viele Familien würden ihre Söhne aus dem Haus werfen, wenn sie entdecken, dass diese schwul sind, so Murray. Die Homosexualität des eigenen Sohnes werde dabei als „Quelle persönlicher Peinlichkeit“ betrachtet.
Forderungen nach Umdenken
In der Community herrsche derzeit große Fassungslosigkeit über die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Trinidad und Tobago – im Berufungsverfahren hatten die Richter die Streichung des „Unzuchtsgesetzes“ aus dem Jahr 2018 aufgehoben und betont, eine solche Entscheidung müsse das Parlament des Landes allein treffen. Von Woche zu Woche solidarisieren sich jetzt immer Menschen nun mit der schwul-lesbischen Community und fordern ein Umdenken im Karibikstaat. Laut einer Umfrage der Equality for All Foundation unterstützt inzwischen knapp 50 Prozent der Bevölkerung Gesetze für mehr Gleichberechtigung von LGBTIQ+, fünf Jahre zuvor lag diese Quote gerade einmal bei 31 Prozent.
Neubesinnung in der ganzen Karibik?
Téa Braun, Geschäftsführerin des Human Dignity Trust, bezeichnete den Ausgang des Verfahrens als Rückschritt bei den Bemühungen, „antiquierte Strafgesetze aus der britischen Kolonialzeit“ zu beseitigen, die „die grundlegenden Menschenrechte von LGBTIQ+-Menschen verletzen.“ Und der jamaikanische Schwulen-Aktivist Dane Lewis, Programmmanager des Karibischen Forums für Akzeptanz aller Geschlechter und Sexualitäten, erhofft sich eine Verbesserung der rechtlichen Lagen in der ganzen Karibik: „Der Kampf für die Rechte von LGBTIQ+-Personen ist ein Kampf für die Gleichstellung aller. Unsere Arbeit konzentriert sich auf den Versuch, die Region als Ganzes zu einem sicheren Raum für alle Menschen zu machen, die am Rande der Gesellschaft leben.“