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USA: Bidens verlorener Kampf für LGBTI*

USA: Bidens verlorener Kampf für LGBTI* Verbot von LGBTI*-Denkweisen an Floridas Schulen – kann es noch gestoppt werden?

ms - 10.02.2022 - 10:32 Uhr
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Der Kampf über die Hoheitsgewalt an amerikanischen Schulen geht in die nächste Runde – jetzt hat sich auch Präsident Joe Biden in den Streit eingeschaltet. Im Konkreten geht es aktuell um Florida. Ein neuer Gesetzentwurf des Repräsentantenhauses (HB 1557), der offiziell als "Parental Rights in Education" (Elternrechte in der Bildung) firmiert und inoffiziell bereits den Spitznamen „Don't say gay" bekommen hat, soll künftig allen Schulen im Bundesstaat verbieten, Informationen oder Diskussionen über LGBTI* im Unterricht zu fördern, die nicht „alters- oder entwicklungsgemäß für Schüler“ sind (SCHWULISSIMO berichtete). Im Grunde handelt es sich dabei um ein Verbot von queeren Lebenswelten und den Versuch - ähnlich wie in Russland mit dem „Homosexuellen Propaganda“-Gesetz - LGBTI* im Bundesstaat unsichtbar zu machen. Wer sich künftig darüber hinwegsetzen sollte – so die aktuellen Pläne – kann von konservativen Eltern verklagt werden. Letzteres verwundert nicht, denn immerhin reden wir ja von Amerika, der Heimat aller unsinnigen Rechtsklagen.

© Circle Creative Studio
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Der Gesetzentwurf liegt zur finalen Abstimmung im Repräsentantenhaus – die Mehrheit hat die Republikanische Partei inne, sodass davon auszugehen ist, dass der Gesetzestext tatsächlich verabschiedet werden wird. Noch dazu hat sich inzwischen auch der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, für das neue Gesetz ausgesprochen. Im Rahmen einer politischen Veranstaltung Anfang der Woche bekräftigte der Republikaner, dass es "völlig unangebracht" sei, wenn Lehrer mit Schülern Gespräche über die Geschlechtsidentität führen und ihnen dadurch sozusagen vermitteln würden, dass sich die Kinder ihr Geschlecht noch Belieben aussuchen könnten. Weiter meinte er: "Die Schulen müssen den Kindern das Lesen und Schreiben beibringen. Sie müssen ihnen Wissenschaft und Geschichte beibringen. Wir brauchen mehr Staatsbürgerkunde und Verständnis für die US-Verfassung, was unser Land einzigartig macht, all diese grundlegenden Dinge."

Menschenrechte und Gleichberechtigung scheinen für DeSantis keine jener grundlegenden Dinge zu sein, die sein Land so einzigartig macht. Dagegen formierte sich in den letzten Tagen massiver Widerstand. Gegenüber NBC News machte Jennifer Solomon, eine Mutter von queeren Kindern aus Südflorida, ihrem Ärger Luft: "DeSantis versucht, diese Vorstellung von Familie aus den 1950er Jahren wiederzuerwecken. Eine Familie besteht dort aus einer Mutter, einem Vater, zwei Kindern und einer Katze sowie einem Hund. So sieht Florida aber nicht aus! Künftig wird es wieder viele Familien wie die meine geben, die sich erneut verstecken müssen. Wir werden unseren Kindern sagen müssen: Es tut mir leid, du kannst dich zu Hause so anziehen und sein, wie du willst, aber in der Schule wirst du nicht mehr geschützt, und deshalb kannst du nicht die ganze Zeit so sein, wie du wirklich bist. Das ist sehr schädlich für unsere Kinder!"

Den Hilferuf hat inzwischen auch Präsident Joe Biden gehört, er meldete sich via Twitter zu Wort und schrieb: „Ich möchte, dass jedes Mitglied der LGBTI*-Community - insbesondere die Kinder, die von diesem hasserfüllten Gesetzentwurf betroffen sein werden - weiß, dass sie geliebt und akzeptiert werden, so wie sie sind. Ich stehe hinter Ihnen, und meine Verwaltung wird weiterhin für den Schutz und die Sicherheit kämpfen, die sie verdienen!“ Ein Sprecher des Weißen Hauses ergänzte weiter: „Anstatt jungen Menschen das Erwachsenwerden zu erschweren, konzentriert sich der Präsident darauf, die Schulen weltoffen zu halten und die psychische Gesundheit von Schülern zu unterstützen.“

© SteveAllenPhoto
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In der Tat ist zu befürchten, dass sich mit dem neuen Gesetz die gesundheitliche Situation queere Jugendlicher massiv verschlechtern wird. Eine Umfrage des Trevor Project, einer Organisation für Selbstmordprävention bei LGBTI*-Jugendlichen, ergab, dass 42 Prozent aller amerikanischen LGBTI*-Jugendlichen im vergangenen Jahr ernsthaft einen Selbstmordversuch in Erwägung gezogen hatten. Bei LGBTI*-Jugendlichen, die in der Schule etwas über queere Themen erfahren dürfen, sinkt die Suizid-Gefahr rapide, so die Studie weiter. Der Kampf um die Zukunft Amerikas ist entbrannt und findet auf dem Rücken der jungen queeren Generation des Landes statt. Florida ist dabei bei weitem kein Einzelfall, in rund 30 Bundesstaaten werden derzeit Gesetze diskutiert oder aktuell vorbereitet, die LGBTI*-Jugendliche diskriminieren sollen.

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