Urteil gegen Tschechien Der Europäische Gerichtshof verpflichtet die Regierung zu einer Reform für queere Menschen
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat jetzt entschieden, dass die Tschechische Republik gegen die allgemeinen Menschenrechte verstößt, weil sie trans* und nicht-binäre sowie queere Menschen zur Sterilisation zwingt, wenn diese ihre Geschlechtsidentität rechtlich anerkennen lassen wollen.
Tschechien zur Gesetzesänderung verpflichtet
Eine solche Vorgehensweise verstoße klar gegen internationales Recht – die nicht-binäre Person Taylor H. hatte die Klage anfangs vor Gericht eingebracht. Dabei betonten die Richter weiter, dass Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention „für alle Personen gilt, auch für Transgender-Personen, die sich keiner geschlechtsangleichenden Behandlung unterzogen haben oder dies nicht wünschen.“ Die Behörden seien daher nun zeitnah dazu verpflichtet, „schnelle, transparente und zugängliche“ Systeme für die Änderung von Geschlechtskennzeichnungen in Rechtsdokumenten bereitzustellen.
Taylor H. erklärte nach der Urteilsbegründung: „Ich glaube, dass es in Zukunft an den europäischen Menschenrechtsbehörden liegt, dafür zu sorgen, dass die Rechte nicht-binärer und transsexueller Menschen auf europäischer Ebene dauerhaft geschützt werden.“ Dem jetzt erfolgten Beschluss des EGMR war ein Urteil des tschechischen Verfassungsgerichts vorausgegangen, dass der Regierung damals ein Jahr Zeit eingeräumt hatte, die Pflicht zur Zwangssterilisation aus dem Gesetzbuch zu streichen und eine Reform auszuarbeiten. Die Regierung weigerte sich jedoch bis heute, dies umzusetzen. Die internationale Rechtsexpertin Marie-Hélène Ludwig von der ILGA Europe erklärte dazu: „Das Urteil des EGMR erinnert die tschechische Regierung an ihre Verpflichtung, dieser anhaltenden Menschenrechtsverletzung endlich ein Ende zu setzen.“
Schlusslicht in Europa
Viktor Heumann von der tschechischen Organisation Trans*Parent betonte: „Die Tschechische Republik ist eines der letzten Länder in Europa, das an dieser schädlichen Praxis festhält. Länder wie die Niederlande haben sogar Entschädigungen für derartige Verstöße in der Vergangenheit angeboten. Es ist wichtig, dass die politischen Entscheidungsträger auf gelebte Erfahrungen hören und nicht auf veraltete Stereotypen oder Medienverzerrungen. Die Behörden müssen dieses veraltete und unmenschliche Gesetz abschaffen!“
In Deutschland erklärte das Bundesverfassungsgericht bereits 2011 die bis dahin im Transsexuellengesetz vorgeschriebene Sterilisation als Voraussetzung für die Änderung des Geschlechtseintrags für verfassungswidrig. Im November 2024 wurde das, seit 1981 existierende Transsexuellengesetz durch das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) ersetzt.