Stillstand in den USA Angst in der Community über Wegfall von Rechten
Es ist bereits jetzt der längste Shutdown in der Geschichte der USA – seit 1. Oktober ringen Demokraten und Republikaner um einen gemeinsamen Haushalt, bisher ohne Erfolg. Die Folge: Zahlreiche staatliche Einrichtungen und Behörden sind entweder ganz geschlossen oder laufen nur noch auf Notbetrieb. Davon sind inzwischen immer mehr auch LGBTIQ+-Menschen betroffen.
Streitfall Gesundheitssystem
Die Republikaner haben zwar sowohl im Senat wie auch im Repräsentantenhaus eine Mehrheit, bei gewissen Finanzaspekten bedarf es aber insgesamt 60 Stimmen im Senat, sodass die Republikaner hier die Zustimmung der Demokraten benötigen. Kernpunkt im Streit sind die Krankenversicherungsleistungen. Die Demokraten fordern die Rücknahme der Kürzungen bei Gesundheitsprogrammen, darunter auch viele Einsparungen im Bereich LGBTIQ+, geschlechtsspezifische Versorgung oder auch für Menschen mit HIV. Die Trump-Regierung indes pocht weiter darauf, dass ohne die Kürzungen das Gesundheitssystem nicht mehr bezahlbar wäre.
Entlassungswelle bei queeren Menschen?
Die queere Organisation Human Rights Campaign warnte indes jetzt davor, dass die US-Regierung wie von Trump bereits angedacht viele Beschäftigte kündigen oder die jetzt ausbleibenden Gehälter nach einer Haushaltseinigung nicht wie vorgeschrieben zurückzahlen will. Laut Vizepräsident David Stacy sind davon überproportional LGBTIQ+-Menschen betroffen, die im Staatsdienst stark repräsentiert sind. Trotz dem Gegenwind von Bundesgesetzen befürchten viele queere Menschen, dass die Regierung es am Ende doch irgendwie schafft, Mitarbeiter zu entlassen, die ihnen unliebsam geworden sind.
Ebenso von Tag zu Tag verschlechtere sich dabei die Situation von armen LGBTIQ+-Menschen, die auf Programme wie das Supplemental Nutritional Assistance Program (SNAP) angewiesen sind – dabei werden Personen mit geringem Einkommen beim Kauf von Lebensmitteln unterstützt. Bereits Ende Oktober warnte das Williams Institut eindringlich vor dieser Entwicklung, rund 2,1 Millionen homosexueller und queerer Amerikaner haben nicht genug zu essen.
Ein weiteres Problem: Bisher sind Krankenleistungen im Rahmen des Affordable Care Acts (Obamacare) finanziell abgedeckt, allerdings laufen die Subventionen dazu zum Jahresende aus. Gibt es keine neue Lösung oder eine Weiterführung, erhöhen sich die Prämien für Millionen von Amerikanern deutlich zum neuen Jahr – viele queere Personen oder Menschen mit HIV werden sich das dann nicht mehr leisten können. Es droht ein Kollaps bei der Gesundheitsversorgung dieser Gruppen.
Droht eine Welle von Anti-LGBTIQ+-Gesetzen?
„Historisch gesehen enden Shutdowns, wenn sich die Öffentlichkeit für eine Seite entscheidet. Es ist wieder dasselbe Spiel“, so Stacy. Die queere Organisation sieht dabei eine besonders große Gefahr für LGBTIQ+-Menschen: In der Regel einigen sich die beiden Parteien schlussendlich auf einen Kompromiss. Sollten die Republikaner der Fortführung der Zahlungen im Gesundheitsbereich doch zustimmen, werden sie anderweitig ihre Positionen durchdrücken wollen – ganz oben auf dieser Agenda stehen laut Stacy zahlreiche weitere Anti-LGBTIQ+-Gesetze, Verbote von medizinischer Pflege von trans* Menschen, der Wegfall von Diskriminierungsbestimmungen zum Schutz queerer Menschen, Verbote von Drag Shows landesweit, einheitliche Regelungen zum Ausschluss von trans* Sportlerinnen oder auch Beschränkungen für den Einsatz von Pride-Flaggen. Die Liste ist lang. Bisher wehrten sich die Demokraten gegen solche Vorhaben – ob sie weiterhin so standhaft bleiben, ist offen.