Schotten wollen keine Self-ID Gesetzvorhaben steht vor der Abstimmung
Der Streit um das geplante neue Selbstbestimmungsgesetz in Schottland eskaliert immer mehr – nachdem zuletzt im November die schottische Ministerin für kommunale Sicherheit, Ash Regan, aus Protest zurückgetreten war und neun Abgeordnete aus der Regierungskoalition gegen das Vorhaben rebellierten, zeigt nun die jüngste Umfrage: Die Mehrheit der Schotten wollen das neue Gesetz in dieser Form ebenso nicht. Trotzdem könnte es noch diese Woche zu einer Abstimmung zugunsten des Gesetzes kommen.
Vorzeige-Projekt der Ersten Ministerin
Das neue Selbstbestimmungsgesetz ist das Vorzeige-Projekt der Ersten Ministerin des Landes, Nicola Sturgeon, die das Vorhaben um jeden Preis verwirklichen will. Aktuell befindet sich das Gesetzesvorhaben in der zweiten von drei parlamentarischen Phasen, in denen Gegenvorschläge und Kritik eingebracht werden können. Ob es trotz Koalitionszwang bei der finalen Abstimmung in der dritten Phase der Gesetzgebung zu einer Mehrheit kommt, ist derzeit noch offen, es zeichnet sich allerdings bisher eine Mehrheit für das Gesetzesvorhaben ab.
Selbstbestimmung ab 16 Jahren
Das neue Selbstbestimmungsgesetz sieht vor, dass bereits Jugendliche ab 16 Jahren ohne Einwilligung der Eltern oder einer verpflichtenden medizinischen Diagnose nach einer dreimonatigen Wartezeit ihr Geschlecht ändern lassen können. Bisher bedarf es einer medizinischen Diagnose zur Geschlechtsdysphorie sowie einer Bedenkzeit von zwei Jahren, in der die betreffende Person im anderen Geschlecht leben muss. Zudem ist dies bisher nur volljährigen Menschen möglich.
59 Prozent sagen Nein zur Self-ID
Kritiker des sogenannten Gender Recognition Reform (Scotland) Bill haben Angst, dass durch das neue Gesetz ähnliche Probleme in Schottland entstehen wie derzeit in Großbritannien, wo eine Klagewelle aufgrund von anscheinend vorschnellen Diagnosen die Geschlechtsklinik Tavistock stark belastet und die Regierung selbst hier jetzt auch juristisch nachbessern will. Das schottische Parlament startete deswegen eine Befragung, rund 11.000 Schotten nahmen daran teil. Das Ergebnis: 59 Prozent der Inselbewohner lehnen das neue Selbstbestimmungsgesetz ab, 38 Prozent sind dafür.
Angst vor dem Wegfall von Schutzräumen
Befragt wurden die Schotten auch, warum sie Bedenken gegen das Gesetzesvorhaben haben: Viele haben Angst davor, dass durch den Verlust von geschlechtsspezifischen Räumen in Krankenhäusern, Gefängnissen, Frauenhäusern, Altenheimen, auf Toiletten, in Umkleiden oder auch im Frauensport eine gesteigerte Gefahrenlage für Frauen entstehen könne. Man befürchte, gewalttätige Männer bekämen Zugang zu Schutzräumen für Frauen, sodass eine Retraumatisierung von Frauen mit Gewalterfahrungen die Folge sein könnte. Als ein weiteres Argument gegen das Gesetz wurde genannt, dass junge Menschen zu früh in eine “lebensverändernde Entscheidung“ gedrängt werden würden, deren medizinische und teils lebenslang anhaltende Auswirkungen sie aufgrund der fehlenden Reife noch nicht überblicken könnten.
Self-ID regelt nur die juristische Seite
Befürworter des neuen Selbstbestimmungsgesetzes betonten erneut, dass es beim geplanten Gesetz ähnlich wie in Deutschland nur darum ginge, einen juristischen Geschlechtswechsel leichter zu vollziehen, sprich die Änderung des Geschlechts in allen offiziellen Dokumenten. Kritiker erklärten dagegen, ähnlich wie in den USA oder Großbritannien würde dies aber künftig Tür und Tor dafür öffnen, dass künftig auch die Vergabe von höchst umstrittenen Pubertätsblockern und Hormonen einfacher vonstattengehen würde. Eine Umfrage der BBC von Anfang des Jahres bestätigte ein ähnliches Verhalten, konkrete Punkte wie eine freie Entscheidungswahl für Minderjährige lehnte die Mehrheit der Bevölkerung ab, betonte aber, dass grundsätzlich Reformen in diesem Bereich wichtig wären.