Rollback in Brasilien Immer mehr Einwohner lehnen Rechte für Schwule und Lesben ab
Neuer Schock in Brasilien – nachdem zuletzt die Angriffe auf die Community binnen eines Jahres um 52 Prozent zugelegt haben und 191 homosexuelle und queere Menschen im Jahr 2024 ermordet wurden, offenbart nun eine weitere Studie das ganze Ausmaß des Problems in dem südamerikanischen Land: Immer mehr Einwohner lehnen Homosexuelle offenbar grundsätzlich ab.
Der Rollback ist da
Der Rollback ist in Brasilien bereits in vollem Gange, wie nun die neuste Ipsos-Studie eindrücklich belegt: Nur noch 36 Prozent der Brasilianer befürworten eine gleichgeschlechtliche Ehe, 47 Prozent lehnen solche Rechte inzwischen strikt ab. Eine radikale Kehrtwende, bedenkt man, dass vor rund zehn Jahren die Zustimmung für die Homo-Ehe bereits bei knapp über 50 Prozent gelegen war (Quelle: American Public Opinion Project). Seit einem Gerichtsurteil im Jahr 2013 sind gleichgeschlechtliche Ehen im Land grundsätzlich erlaubt, werden aber vielerorts bis heute tabuisiert. Im brasilianischen Gesetz ist die Ehe für alle bis heute nicht verankert.
Radikalisierung in der Gesellschaft
Eine zweite Entwicklung gibt überdies Anlass zur Sorge: Der strenge Konservatismus ist in den letzten Jahren in Brasilien gesunken, nur noch rund 49 Prozent der Bevölkerung würden sich so bezeichnen. Die dramatische Negativ-Entwicklung bei der Homo-Ehe sei daher vor allem auf eine Radikalisierung von Teilen der Gesellschaft zurückzuführen, wie die Schwulen-Organisation Grupo Gay da Bahia festhält. Kurz gesagt: Jene, die Homosexualität ablehnen, werden in ihrer Einstellung immer extremer und gewaltbereiter und motivieren andere dazu, es ihnen gleichzutun. Befeuert wird diese Entwicklung offenbar weiterhin durch die römisch-katholische Kirche, deren Vertreter damals wie heute gegen die Rechte von Schwulen, Lesben und queeren Menschen hetzen. Fast 60 Prozent der Brasilianer sind bis heute Katholiken.
Mehr Sichtbarkeit, mehr Rechte
„Diese Daten zeigen, dass der Weg zu Gleichberechtigung und Akzeptanz noch mühsam ist. Die zunehmende Ablehnung der Homo-Ehe signalisiert, dass konservative Diskurse in Teilen der Gesellschaft an Stärke gewinnen, was sich unmittelbar auf die Erfahrungen und Rechte der LGBTIQ+-Bevölkerung auswirkt. Es ist wichtig, dass die Gemeinschaft gemeinsam mit sozialen Bewegungen und Verbündeten den Kampf für Rechte, Respekt und Sichtbarkeit intensiviert. In Zeiten des Rückschlags sind Einigkeit und Widerstand umso wichtiger, um sicherzustellen, dass die Liebe in all ihren Formen in Brasilien weiterhin gefeiert und geschützt wird“, so ein Sprecher des ältesten Homosexuellen-Vereins Brasiliens.