Neue Hinrichtungswelle im Iran Unter den Opfern können auch LGBTI*-Demonstranten sein
Mehrere Menschenrechtsorganisationen schlagen Alarm, dass es in diesem Monat zu einer neuen Hinrichtungswelle im Iran kommen könnte – davon betroffen sind neben Demonstranten auch LGBTI*-Menschen, die gegen das Mullah-Regime zusammen mit immer mehr Frauen auf die Straße gegangen sind.
Patenschaften nutzlos?
Aktuell kam es in diesem Jahr bereits zu den Hinrichtungen von Mehdi Karami, und Seyed Mohammad Hosseini – zwei junge Männer, die gegen die menschenverachtende Politik des iranischen Regimes protestiert hatten. Trotz Patenschaften seitens deutscher Bundestagsabgeordneter wurde das Urteil vollstreckt. Auch der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, oder die queer-politische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler, haben solche Patenschaften derzeit inne. Bereits in der ersten Januarwoche hat der Oberste Gerichtshof des Landes insgesamt sechs Todesurteile ausgesprochen, sodass die anderen Hinrichtungen jederzeit erfolgen könnten, so Amnesty International.
Weitere Hinrichtungen sind jederzeit möglich
"Es ist abscheulich, dass die iranischen Behörden ihre staatliche Mordserie fortsetzen. So versuchen sie verzweifelt, die Proteste zu beenden. Sie klammern sich an die Macht, indem sie der Öffentlichkeit Angst einflößen. Die willkürlichen Hinrichtungen von Mohammad Mehdi Karami und Seyed Mohammad Hosseini – nur wenige Tage, nachdem ihre Todesurteile bestätigt wurden – zeigen, wie die iranischen Behörden die Todesstrafe weiterhin als Repressionsmittel einsetzen. Sie sind eine grausame Erinnerung daran, dass Dutzende anderer Menschen weiterhin von der Hinrichtung bedroht sind.", so Diana Eltahawy, stellvertretende Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International.
Geständnisse unter Elektroschocks
Angehörige der aktuell zum Tode verurteilten jungen Männer protestierten zusammen mit weiteren Demonstranten trotz Androhung von Gewalt vor dem Raja’i-Shahr-Gefängnis, in dem die Verurteilten derzeit einsitzen. Als nächstes auf der Todesliste stehen Mohammad Boroughani (19) und Mohammad Ghobadlou (22) – die beiden jungen Männer wurden bereits in Einzelzellen untergebracht, der finale Schritt vor einer Hinrichtung im Iran. In beiden Fällen wie auch anderweitig werden die inhaftierten Personen mit Folter und Misshandlungen zu “Geständnissen“ gezwungen. Immer wieder bestätigten das auch zuletzt Inhaftierte vor ihrer Hinrichtung gegenüber ihrem Rechtsbeistand. Die Inhaftierten werden dabei so lange mit Eisenstangen und Elektroschocks gefoltert, bis sie zu jedem Geständnis bereits sind.
Weitere Hinrichtungen in Planung
Amnesty International befürchtet, dass zahlreichen weiteren Personen im Zusammenhang mit den Protesten die Todesstrafe drohen könnte, darunter auch möglicherweise LGBTI*-Menschen, die sich in der Hoffnung auf Besserung den Frauenprotesten seit Anfang September angeschlossen hatten. "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft nicht nur an der Seite der Menschen im Iran steht, sondern auch sofortige Maßnahmen ergreift, um die iranischen Behörden zur Verantwortung zu ziehen. Die Staaten müssen die universelle Gerichtsbarkeit ausüben. Sie müssen gegen alle Personen strafrechtlich ermitteln, die im begründeten Verdacht stehen, an völkerrechtlichen Verbrechen und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt zu sein. Wenn genügend Beweise vorliegen, müssen sie Haftbefehle erlassen", so Eltahawy von Amnesty International weiter.
Internationaler Druck bleibt einziges Mittel
Mahmood Amiry-Moghaddam, Direktor der Menschenrechtsorganisation "Iran Human Rights" bestätigte gegenüber der Deutschen Welle, dass nur internationaler Druck Menschenleben retten könne. Immer wieder steht dabei die Forderung im Raum, dass die iranischen Revolutionswächter auf die Terrorliste der Europäischen Union gesetzt werden müssen. Aktuell stehen die Revolutionswächter bereits wegen der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen unter EU-Sanktionen, eine Aufnahme in die Terrorliste würde nach Angaben der Bundesregierung Einstimmigkeit in der Europäischen Union voraussetzen.