Eklat bei queerem Buchpreis Irischer Autor sorgt für Aussetzen des britischen LGBTIQ+-Literaturpreises
Nach massiven Streitigkeiten und einem digitalen Shitstorm wurde die Preisverleihung des wichtigsten britischen Literaturpreises im Bereich LGBTIQ+ in diesem Jahr abgesagt – der Polari Prize wurde bisher einmal jährlich in zwei Kategorien (Hauptreis und Debütwerk) mit einem Preisgeld von 2.000 britischen Pfund vergeben und soll aufstrebende und etablierte LGBTIQ+-Autoren aus Großbritannien und Irland fördern. Der Name des Buchpreises leitet sich von der früher gebrauchten Geheimsprache unter schwulen Männern im Königreich ab.
Eklat um schwulen Autoren
Grund für das diesjährige Aussetzen der Preisvergabe ist eine Kontroverse um die Nominierung von John Boyne (54). Der schwule irische Schriftsteller veröffentlichte bisher 24 Romane und wurde weltberühmt mit seinem Buch „Der Junge im gestreiften Pyjama“, der 2009 auch als Kinofilm adaptiert wurde. Das Drama war ein internationaler Verkaufserfolg, ausgezeichnet mit mehreren Preisen, darunter auch dem Irish Book Award. In Deutschland hielt sich der Roman monatelang in der Spiegel-Bestsellerliste. In anderen Werken erzählt Boyne über sein früheres Leben als junger schwuler Mann in Irland zu einer Zeit, als Homosexualität dort noch illegal war.
Nach der Nominierung des in Dublin geborenen Autoren entbrannte ein Sturm der Entrüstung, nach Angaben des britischen Guardian zogen sich 16 nominierte Schriftsteller sowie zwei Jurymitglieder vom diesjährigen Preis zurück. Zudem unterzeichneten mehr als 800 Mitarbeiter aus der Verlagsbranche sowie auch einige Schriftsteller einen offiziellen Protest gegen Boyne. Hintergrund ist ein Artikel im Irish Independent – darin bekundete Boyne seine Unterstützung mit Harry-Potter-Autorin JK Rowling und bezeichnete sich selbst als „Terf-Kollegen“. Die Abkürzung „Terf“ bedeutet „trans-exclusionary radical feminist“ (trans-ausschließende radikale Feministin). Auch mehrere namhafte Autoren wie „Heartstopper“-Erfinderin Alice Oseman hatten sich gegen Boyne ausgesprochen. Der nominierte Autor Jason Okundaye erklärte, dass der Preis „immer für die gesamte LGBTIQ+-Community bestimmt war“ und es daher „ein Widerspruch ist, jemanden aufzunehmen, der Transgender ausschließt“.
Literatur-Team entschuldigt sich
Das Team von Polari hatte Anfang August noch bekundet, dass Boyne „aufgrund seiner Verdienste“ in die Vorauswahl gekommen sei und dass es „unvermeidlich“ sei, dass „selbst innerhalb unserer Gemeinschaft manchmal radikal unterschiedliche Positionen zu wesentlichen Fragen vertreten werden.“ Man wolle daher die Preisverleihung weiter vorantreiben. Nachdem die Kritik daran allerdings immer lauter wurde, hat Polari nun seine Entscheidung revidiert und den Literaturpreis für 2025 ganz ausgesetzt: „Was eigentlich eine Feier außergewöhnlicher LGBTIQ+-Literatur sein sollte, wurde von Verletzungen und Wut überschattet, was für alle Beteiligten schmerzhaft und belastend war, und wir entschuldigen uns bei allen, die davon betroffen waren.“
Zudem erklärte das Polari-Team weiter, dass man künftig „die Vertretung von transsexuellen und geschlechtsuntypischen Juroren in den Gremien für alle Preise“ erhöhen und „eine Überprüfung der Unternehmensführung und des Managements“ durchführen werde. Boyne selbst sagte gegenüber dem britischen Telegraph, die Entscheidung, die Preisverleihung zu streichen, sei ein „interessantes Beispiel für Selbstausschluss“. Zudem habe niemand aus dem Polari-Komitee ihn überhaupt kontaktiert, um vielleicht gemeinsam eine „glücklichere Lösung finden zu können.“