Direkt zum Inhalt
Leise Hoffnung in Marokko
Rubrik

Leise Hoffnung in Marokko LGBTI*-Organisation pocht auf Reformideen des Justizministers – wird Homosexualität straffrei werden?

ms - 16.07.2024 - 14:00 Uhr

Seit Monaten streitet die deutsche Politik um die Frage, ob auch Marokko zu einem „sicheren Herkunftsland“ erklärt werden soll – eine Idee der CDU/CSU. Die Konsequenz wäre, dass LGBTI*-Flüchtlinge aus dem nordafrikanischen Land kaum noch eine Chance hätten, in Deutschland Asyl zu bekommen. Diese Debatte dürfte von neuem entbrennen, wenn die Regierung möglicherweise tatsächlich veraltete homophobe Passagen aus dem Strafgesetzbuch streichen lässt.  

Entkriminalisierung von Homosexualität?

Konkret geht es dabei um den Artikel 489, der „unzüchtige oder unnatürliche Handlungen“ zwischen gleichgeschlechtlichen Personen bis heute kriminalisiert. Es drohen bis zu drei Jahre Haft sowie Geldstrafen. „Diese archaische Gesetzgebung widerspricht nicht nur der natürlichen menschlichen Vielfalt, sondern setzt auch unzählige Menschen Freiheitsstrafen, Geldstrafen und Diskriminierung aus. Die Auswirkungen solcher Gesetze sind tiefgreifend und weitreichend und beeinträchtigen Leben, Freiheit und grundlegende Menschenrechte“, so die marokkanische LGBTI*-Organisation Akaliyat Association.

Hoffnung auf Reformen

In einem offenen Brief wendet sich der Verein, der sich selbst als „sicherer Hafen für die ganze LGBTI*-Community“ versteht, jetzt an Justizminister Abdellatif Ouahbi und an das marokkanische Repräsentantenhaus, denn aktuell ergibt sich eine vielleicht auf lange Zeit einzigartige Gelegenheit: Ouahbi hat vorgeschlagen, möglicherweise neu bewerten lassen zu wollen, was ein Verbrechen ist, fernab islamischer Grundsätze. 

„Angesichts dieser Veränderungen in der politischen Landschaft Marokkos ist dies ein entscheidender Moment, um sich für Veränderungen und Gleichberechtigung einzusetzen“, betont Akaliyat weiter. Die Online-Petition dazu haben bisher rund 31.000 Menschen unterschrieben, sodass der Druck auf den Justizminister ein Stück weit anwachsen dürfte.

Marokko am Scheideweg 

„Es geht um mehr als nur um eine Gesetzesreform; es geht darum, die Würde und Freiheit jedes Einzelnen zu bestätigen, unabhängig davon, wen er liebt. Marokko steht an einem Scheideweg. Die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, werden für Generationen nachhallen.“ Mit konkreten Forderungen richtet sie LGBTI*-Organisation dabei an Justizminister Ouahbi: Abschaffung des Artikels 489, die Einführung von Gesetzen, die LGBTI*-Menschen vor Gewalt schützen und die Freilassung aller Personen, die derzeit aufgrund des homophoben Strafrechtsparagrafen inhaftiert sind. 

Zudem erhofft sich der Verein die Gewährleistung eines soliden Schutzes für Menschenrechtsverteidiger, die sich für sexuelle Minderheiten einsetzen, eine Rechenschaftspflicht für die Täter von staatlich sanktionierter Gewalt und Diffamierung sowie auch die Anerkennung von LGBTI*-Gruppen. 

Auch Interessant

Sparkurs Berlin

Diversität besonders betroffen?

Berlin muss sparen - überproportional betroffen seien nun aber von den Einsparungen Diversitäts-Projekte, kritisieren Berliner Kulturanbieter.
Eklat beim Klimagipfel

Keine Frauenrechte wegen Homophobie

Eklat beim Klimagipfel: Der Vatikan verbündete sich offenbar mit homophoben Staaten, damit homosexuelle Frauen nicht geschützt werden.
Differenzen bei der Akzeptanz

Schweizer und die LGBTI*-Community

Mehr Zuspruch für Homo- und Bisexuelle, eher Ablehnung bei Trans- und nicht-binären Menschen - so die Ergebnisse einer neue Befragung der Schweizer.
Augen zu bei US-Hassverbrechen

Warum werden Theaterstücke zensiert?

Zensur an US-Schulen: Immer öfter wird offenbar versucht, das Theaterstück über den Mord an dem schwulen Studenten Matthew Shepard zu verhindern.
E-Zigaretten bei LGB

Trend bei Schwulen und Bisexuellen

Homo- und Bisexuelle in den USA greifen überdurchschnittlich oft zur E-Zigarette, warnen jetzt US-Experten. Die Frage ist, warum?
Rotstift bei Lambda Berlin

Queere Organisation schlägt Alarm

Das Jugendnetzwerk Lambda in Berlin schlägt Alarm: Die geplanten Kürzungen der Stadt bedrohen demnach die Existenz des Vereins für LGBTI*-Jugendliche.
Skandalfall P. Diddy

Neue Vergewaltigungsvorwürfe

Der Skandal um US-Rapper P.Diddy weitet sich aus, immer mehr Männer und Frauen berichten von äußerst brutalen Vergewaltigungen.