Direkt zum Inhalt
Kritik an EU-Asylreform
Rubrik

Kritik an EU-Asylreform LSVD+ fordert mehr Schutz für queere Asylbewerber

ms - 23.10.2024 - 14:00 Uhr

Der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) hat in den letzten Monaten mehrfach geplante Änderungen im deutschen sowie europäischen Asylsystem scharf kritisiert – das Bundesinnenministerium hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, wie nationales Recht so angepasst werden kann, dass es der Reform des Europäischen Asylsystems (GEAS) entspricht. Der LSVD+ sieht dies äußert kritisch. 

Skandal in der Handhabung 

Alva Träbert aus dem Bundesvorstand betonte so: „Der vorliegende Gesetzesentwurf stellt die größte Änderung der Gesetze für Schutzsuchende seit über 30 Jahren dar – und damit auch für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche sowie weitere queere Schutzsuchende. Dass wir als Zivilgesellschaft nur etwas mehr als fünf Tage Zeit bekommen, zu so einem umfassenden Gesetzespaket Stellung zu nehmen, ist an sich schon ein Skandal. Es scheint, dass eine kritisch-fachliche Begleitung gar nicht gewünscht ist. Klar ist, dass die Reform unzählige Verschärfungen vorsieht.“

LGBTI*-Screening durch die Polizei 

Ein großer Kritikpunkt ist dabei die Idee, dass künftig die Polizei für die Erkennung von besonderen Flüchtlingen (Screening) wie LGBTI*-Menschen zuständig ist. „Dies wäre für viele LSBTIQ* Schutzsuchende eine Katastrophe. So geschult und sensibilisiert die Polizist*innen auch sein mögen: Viele queere Schutzsuchende werden sich – gerade in der Kürze der Zeit – niemals der Polizei gegenüber outen, da sie diese in ihren Herkunftsländern in erster Linie als Verfolgerin erlebt haben. In vielen der Herkunftsländer ist die Polizei an Demütigung, Vergewaltigung und Mord systematisch beteiligt. Über 80 Prozent der Asylsuchenden in Deutschland kommen aus Ländern, die Queersein kriminalisieren. Durch solch eine Regelung muss die Schutzbedarfserkennung bei LSBTIQ* zwangsläufig regelmäßig scheitern, was massive Folgen für ihre Weiterversorgung, aber auch für das Asylverfahren selber haben wird. Wir fordern, dass die Vulnerabilitätserkennung durch fachlich geschultes Zivilpersonal erfolgen muss, am besten unter Einbindung der queeren Zivilgesellschaft“, so Träbert. 

Rechtsberatung speziell für queere Menschen

Mit Blick auf das Recht einer unentgeltlichen Rechtsauskunft von Asylbewerbern, fordert der LSVD+ weiter, dass es auch eine spezialisierte Rechtsberatung für LGBTI*-Personen gibt. „Wir fordern im Gesetz das klare Bekenntnis zur behördenunabhängigen Beratung durch die Zivilgesellschaft und auch durch queere Träger. Diese muss dann auch konsequent Zugang zu den Einrichtungen haben, auch zu Grenzübergangsstellen, Hafteinrichtungen und Transitzonen.“

Debatte um sichere Drittstaaten

Die GEAS-Reform sieht überdies vor, dass EU-Staaten sichere Drittstaaten benennen können, in die künftig Flüchtlinge abgeschoben werden können. Träbert sagt: „Wir fordern hier, dass in dem Gesetz deutlich klargestellt wird, dass LSBTIQ* kriminalisierende Gesetze in jedem Fall ein Ausschlusskriterium dafür sind, dass Länder in Deutschland als sichere Drittstaaten gelistet werden. Es darf nicht sein, dass queere Asylsuchende schlimmstenfalls in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren und in denen sie dann noch mit mehrjährigen Haftstrafen bedroht werden.“

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Mahnung zur Migrationspolitik

Rechte von LGBTIQ+-Flüchtlingen

Amnesty International mahnt an, dass bei den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen die Migrationspolitik überdacht werden muss, auch bei LGBTIQ+.
Grundgesetzänderung

Linke queer kritisiert Kai Wegner

Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hofft auf eine Grundgesetzänderung für LGBTIQ+.
Chemsex-Notlage in London

Ärzte-Alarm: Jeden Tag ein Notfall

Die Chemsex-Lage in London ist außer Kontrolle, jeden Tag kommt es zu lebensgefährlichen Notfällen, warnen jetzt Gesundheitsexperten.
Tiefe Risse in der US-Politik

Das Schweigen der US-Demokraten

Tiefe Risse in den USA: Queere US-Verbände zeigen sich empört über zu wenig Einsatz für LGBTIQ+ seitens der Demokraten und verlieren das Vertrauen.
Aufruf zu Protesten

Zusammenhalt in Ungarn

Ungarns Präsident Victor Orbán will den Budapest Pride unterbinden – dagegen regt sich jetzt international Widerstand.
Peggy Parnass ist tot

Ikone der Schwulenbewegung

Peggy Parnass ist tot. Die Ikone der Schwulenbewegung starb im Alter von 97 Jahren in Hamburg.
Diskriminierung in den USA

Studie enthüllt dramatische Lage

Ablehnung, Mobbing, Hass: Diskriminierung ist inzwischen für jeden dritten LGBTIQ+-Amerikaner Alltag, so neuste Studiendaten.
Eurovision Song Contest

Song-Überarbeitung und Absage

Die Fan-Kritik zeigte Wirkung: Das ESC-Team hat den deutschen Beitrag „Baller“ von Abor & Tynna überarbeitet. An anderer Stelle gab es eine Absage.
Todesfall Roman Mercury

Todesursache sorgt für Bestürzung

Bestürzung im Todesfall Roman Mercury: Fans gehen davon aus, dass der 45-jährige Adult-Darsteller an „gebrochenem Herzen“ gestorben ist.