Kritik an EU-Asylreform LSVD+ fordert mehr Schutz für queere Asylbewerber
Der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) hat in den letzten Monaten mehrfach geplante Änderungen im deutschen sowie europäischen Asylsystem scharf kritisiert – das Bundesinnenministerium hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, wie nationales Recht so angepasst werden kann, dass es der Reform des Europäischen Asylsystems (GEAS) entspricht. Der LSVD+ sieht dies äußert kritisch.
Skandal in der Handhabung
Alva Träbert aus dem Bundesvorstand betonte so: „Der vorliegende Gesetzesentwurf stellt die größte Änderung der Gesetze für Schutzsuchende seit über 30 Jahren dar – und damit auch für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche sowie weitere queere Schutzsuchende. Dass wir als Zivilgesellschaft nur etwas mehr als fünf Tage Zeit bekommen, zu so einem umfassenden Gesetzespaket Stellung zu nehmen, ist an sich schon ein Skandal. Es scheint, dass eine kritisch-fachliche Begleitung gar nicht gewünscht ist. Klar ist, dass die Reform unzählige Verschärfungen vorsieht.“
LGBTI*-Screening durch die Polizei
Ein großer Kritikpunkt ist dabei die Idee, dass künftig die Polizei für die Erkennung von besonderen Flüchtlingen (Screening) wie LGBTI*-Menschen zuständig ist. „Dies wäre für viele LSBTIQ* Schutzsuchende eine Katastrophe. So geschult und sensibilisiert die Polizist*innen auch sein mögen: Viele queere Schutzsuchende werden sich – gerade in der Kürze der Zeit – niemals der Polizei gegenüber outen, da sie diese in ihren Herkunftsländern in erster Linie als Verfolgerin erlebt haben. In vielen der Herkunftsländer ist die Polizei an Demütigung, Vergewaltigung und Mord systematisch beteiligt. Über 80 Prozent der Asylsuchenden in Deutschland kommen aus Ländern, die Queersein kriminalisieren. Durch solch eine Regelung muss die Schutzbedarfserkennung bei LSBTIQ* zwangsläufig regelmäßig scheitern, was massive Folgen für ihre Weiterversorgung, aber auch für das Asylverfahren selber haben wird. Wir fordern, dass die Vulnerabilitätserkennung durch fachlich geschultes Zivilpersonal erfolgen muss, am besten unter Einbindung der queeren Zivilgesellschaft“, so Träbert.
Rechtsberatung speziell für queere Menschen
Mit Blick auf das Recht einer unentgeltlichen Rechtsauskunft von Asylbewerbern, fordert der LSVD+ weiter, dass es auch eine spezialisierte Rechtsberatung für LGBTI*-Personen gibt. „Wir fordern im Gesetz das klare Bekenntnis zur behördenunabhängigen Beratung durch die Zivilgesellschaft und auch durch queere Träger. Diese muss dann auch konsequent Zugang zu den Einrichtungen haben, auch zu Grenzübergangsstellen, Hafteinrichtungen und Transitzonen.“
Debatte um sichere Drittstaaten
Die GEAS-Reform sieht überdies vor, dass EU-Staaten sichere Drittstaaten benennen können, in die künftig Flüchtlinge abgeschoben werden können. Träbert sagt: „Wir fordern hier, dass in dem Gesetz deutlich klargestellt wird, dass LSBTIQ* kriminalisierende Gesetze in jedem Fall ein Ausschlusskriterium dafür sind, dass Länder in Deutschland als sichere Drittstaaten gelistet werden. Es darf nicht sein, dass queere Asylsuchende schlimmstenfalls in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren und in denen sie dann noch mit mehrjährigen Haftstrafen bedroht werden.“