Kompromiss oder Heuchelei? Will die Kirche von England Konversionstherapien durch die Hintertür anbieten?
Nach massivem Druck seitens der britischen Regierung und von Abgeordneten aller Parteien hat sich die Kirche von England jetzt doch zu einem Statement hinsichtlich ihrer Einstellung gegenüber Homosexuellen durchgerungen: Der Forderung, Priester sollten künftig gleichgeschlechtliche Ehen schließen dürfen, erteilt die Kirche erneut eine klare Absage, schlägt aber als Kompromiss vor, dass Schwule und Lesben, die zivil geheiratet haben, ihre Verbindung in der Kirche segnen lassen können.
Historischer Schritt – oder doch nicht?
Der vorgeschlagene Minimalkonsens ist für die Kirche von England nach eigener Aussage ein “historischer Schritt“ und soll dazu beitragen, die jahrzehntelang andauernden Streitigkeiten über den Umgang mit der Sexualität beizulegen. Der Kompromiss wurde heute von den Bischöfen gebilligt und soll im Februar dem Leitgremium der Kirche, der Generalsynode, vorgelegt werden. Im Vereinigten Königreich hinkt die Kirche von England dabei weiter den Entwicklungen hinterher; die Episkopalkirche in Schottland sowie auch die Kirche von Schottland haben bereits zugestimmt, gleichgeschlechtliche Ehen zuzulassen, und die Kirche von Wales plant dies aktuell.
Heuchelei hinter Kirchenmauern?
Seitens einiger LGBTI*-Aktivisten ist das Vorgehen eine herbe Enttäuschung. Einmal mehr betonten LGBTI*-Vereine, dass die Haltung der Kirche nicht nur einen enormen Schaden anrichte, sondern sich auch gegen die Wünsche der Mehrheit der Briten wendet. Ähnliches hatten in dieser Woche auch Abgeordnete des britischen Unterhauses erklärt. Immer wieder wird der Kirche in diesen Stunden auch direkt Heuchelei vorgeworfen. Zum einen deswegen, weil die Kirche weiterhin darauf bestehen will, dass die Ehe nur zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden darf und zum anderen, weil selbst die Segnung von zivilen Homo-Ehen für Priester freiwillig bleiben soll. Wenn ein Geistlicher Homosexualität weiter ablehnt, muss er in seiner Gemeinde auch künftig keinem homosexuellen Paar den Segen geben.
Konversionstherapie durch die Hintertür?
Zudem klingt der Kompromiss auch anderweitig eher danach, als wolle die Kirche von England eine Art von Konversionstherapie für Homosexuelle anbieten – ein unseriöses “Heilungsangebot“, das noch immer in Großbritannien erlaubt ist. Aktuell plant die Regierung allerdings, in diesem Jahr endlich ein Verbot von Konversionstherapien zu verabschieden. Beim vorgeschlagenen Kompromiss erklärte die Kirche von England derweil, sie wolle gleichgeschlechtlichen Paaren ein möglichst umfassendes “seelsorgerisches Angebot“ machen, ohne die kirchliche Lehre von der heiligen Ehe zu ändern, und zwar durch eine Reihe von “Gebetsentwürfen“, die als Gebete der Liebe und des Glaubens bekannt sind. Klingt verdächtig nach einer Konversionstherapie durch die Hintertür.