Keine Fortschritte „Zuhören und Barmherzigkeit alleine lösen das Problem queerer Menschen mit der Kirche nicht.“
Vergangenes Wochenende endete die Weltbischofssynode 2023, im kommenden Herbst 2024 wollen sich ein zweites Mal dann mehrere hundert Bischöfe aus der ganzen Welt zusammen mit katholischen Laien und Frauen über die drängenden Reformfragen in der Kirche beraten – Anfang der Woche war die Enttäuschung vielerorts groß, denn konkrete Maßnahmen für die Verbesserung der Lebenssituation von Homosexuellen oder Frauen in der Institution Kirche wurden nicht festgehalten.
Kein Fahrplan für LGBTI*-Menschen
Die Synode selbst ist dabei nicht mehr als ein beratendes Gremium, verbindlich sind die Beschlüsse oder Anregungen für die Kirchenleitung, allen voran Papst Franziskus, nicht. Während Kirchenvertreter selbst versuchten, positive erste Entwicklungen zu benennen, kritisiert nun auch das katholische LSBT+ Komitee das Treffen in Rom. Man habe „nichts über die Lippen gebracht“ und habe „keinen Fahrplan“.
Barmherzigkeit allein löst keine Probleme
Veronika Gräwe und Markus Gutfleisch, die beiden Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees, dazu: „Zuhören und Barmherzigkeit alleine lösen das Problem queerer Menschen mit der Kirche nicht. Eine Änderung der Sexuallehre ist dringend erforderlich. Diese darf nicht auf unbestimmte Zeitpunkte in der Zukunft verschoben werden.“ Gerade im Bereich LGBTI* seien keine großartigen Fortschritte zu verzeichnen.
Und weiter: „Entscheidend für eine Änderung der Sexualmoral ist das Eingeständnis, dass die bisherigen Kategorien der katholischen Kirche nicht ausgereicht haben, um der Komplexität im Hinblick auf Themen wie Geschlechtsidentität, körperliche Vielfalt und sexuelle Orientierung gerecht zu werden. Es besteht Einigkeit darüber, dass die theologische Perspektive durch Human- und Sozialwissenschaften und Philosophie erweitert werden muss.“
Gräwe betont zudem: „Was hier über den Umgang mit LSBTI+ Personen gesagt wird, bleibt blass. Die Kirche muss jetzt handeln. Eine ´Kirche des Zuhörens‘ wäre zwar ein Schritt in die richtige Richtung, reicht jedoch bei Weitem nicht aus, um queeren Menschen eine sichere und menschenfreundliche Heimat zu bieten.“
Grundsätzliche Probleme mit LGBTI*-Menschen?
Dabei zeige das mehrwöchige Treffen in Rom auch, dass die meisten Bischöfe und Geistlichen noch ganz grundsätzliche Probleme hätten, so Gutfleisch vom Komitee weiter: „Die Synode hat das Wort LSBTI nicht über die Lippen gebracht; unsere zentralen Anliegen wie die Änderung des Katechismus, die Segnung von gleichgeschlechtlichen beziehungsweise queeren Paaren und der vorurteilsfreie Zugang zu kirchlichen Ämtern werden im Zwischenbericht nicht angesprochen. Damit ist wieder mal eine Chance vertan. Die deutschen Bischöfe müssen jetzt den Diskussionsprozess über die Änderung der Sexualmoral aktiv unterstützen und sich in internationale Gesprächsformate einbringen.“
Fragen nach LGBTI* werden weltweit gestellt
Positiv hält das Katholische LSBT+ Komitee im Wesentlichen nur fest, dass die Synode aufgezeigt habe, dass inzwischen weltweit die Fragen nach der Einbeziehung von LGBTI*-Menschen in die römisch-katholische Kirche immer drängender werden. In vielen Ländern würde dabei immer mehr deutlich, wie immens groß der Reformstau in der Institution Kirche tatsächlich ist.
„Wenn die Kirche wirklich synodal werden will, muss sie queere Menschen auf jeden Fall einbeziehen, in Gremien von Expert:innen wie auch in Pastoral- und Mitbestimmungsgremien auf allen Ebenen. Wir als Komitee werden uns weiter mit internationalen Reformkräften vernetzen und klare Rückmeldungen an Rom geben. Nur dann wird es zu spürbaren Veränderungen kommen“, so Gräwe und Gutfleisch abschließend.
Das Katholische LSBT+ Komitee ist ein kirchenpolitisches Arbeitsbündnis von Katholiken aus verschiedenen christlichen LGBTI*-Gruppen und setzt sich für die Gleichberechtigung von LGBTI*-Personen in der römisch-katholischen Kirche ein.