Kampf gegen STI Die PrEP soll in der Schweiz zum Game-Changer werden - reicht das wirklich aus?
Ähnlich wie viele andere Länder, darunter im extremen Fall die USA, Großbritannien und Frankreich aber auch Deutschland, kämpft jetzt auch die Schweiz mit steigenden Fallzahlen bei der Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten (STI).
Datenlage nicht immer genau, aber besorgniserregend
Die konkrete Ausgangslage der einzelnen Länder kann nicht immer genau bestimmt werden, wie das Beispiel Deutschland zeigt – einige Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhö müssen nicht bundesweit gemeldet werden und können daher auch gar nicht statistisch konkret erfasst werden – einzig im Bundesland Sachsen werden hierzu Daten erfasst.
Davon ausgehend gehen STI-Experten von einer Verzehnfachung der Fälle in den letzten zwanzig Jahren in Deutschland aus. Die Entwicklung ist einhergehend mit einer Zunahme in ganz Europa – seit 2015 wurden Anstiege von 55 Prozent bei Gonorrhö oder auch 25 Prozent bei Syphilis verzeichnet. Eine besondere Form von Chlamydien nahm sogar um 75 Prozent zu. In vielen Ländern sind von den Geschlechtskrankheiten – gerade am Beispiel Gonorrhö – besonders junge schwule Männer betroffen, wie unlängst auch eine Auswertung der US-Gesundheitsbehörde CDC belegte.
Zuwachsraten im zweistelligen Prozentbereich
So ist es wenig verwunderlich, dass auch in der Schweiz nun offiziell die Fallzahlen weiter ansteigen, wie die neusten Daten des Bundesamtes für Gesundheit bestätigen. Bei allen sexuell übertragbaren STIs sind binnen eines Jahres Zuwachsraten zumeist im zweistelligen Prozentbereich zu beobachten gewesen. Und auch hier zeigt sich laut der Aids-Hilfe Schweiz, dass vor allem schwule und bisexuelle Männer (MSM) davon betroffen sind.
Konkret verzeichnet das Bundesamt einen Anstieg von 14 Prozent bei den HIV-Neuinfektionen, dazu kommen Steigerungen um 25 Prozent bei Gonorrhö und 20 Prozent bei Syphilis. Bei den Chlamydien wurde eine Steigerungsrate von sechs Prozent festgehalten – allesamt Zahlen für das Jahr 2022.
Prävention wird vernachlässigt
Dabei übt die Aids-Hilfe auch Kritik an der Schweizer Regierung, denn die finanziellen Mittel im Bereich Prävention seien viel zu knapp bemessen. Es sei daher kaum verwunderlich, dass die Fallzahlen weiter ansteigen – und das Ziel der Politik, HIV-Neuinfektionen bis 2030 zu eliminieren, rücke zudem in weite Ferne. Nebst den wenigen finanziellen Mitteln verhindert auch eine noch immer verbreitete Stigmatisierung und Tabuisierung von STI einen effektiven Kampf gegen die weitere Ausbreitung in der Schweiz – selbst in vielen Arztpraxen würde laut der Aids-Hilfe das Thema noch immer nicht wertfrei angegangen.
PrEP ab 2024 als Kassenleistung
Ein Schritt nach vorne soll nun die Einführung der PrEP als Kassenleistung sein, wie das in Deutschland bereits seit 2019 möglich ist. Ab Juli 2024 will nun auch die Schweiz für besonders gefährdete Gruppen, explizit dabei für schwule und bisexuelle Männer (MSM), die PrEP auf Kasse zulassen. Die Aids-Hilfe Schweiz begrüßt diesen Schritt ausdrücklich, macht aber auch deutlich, dass das allein nicht ausreichend sein wird.