Eskalation beim ESC Israelfrage entzweit EU-Länder immer mehr
Droht das Ende des Eurovision Song Contest in seiner bisherigen Form? Immer mehr Länder positionieren sich im Streit über die Frage der Teilnahme Israels 2026, die verantwortliche European Broadcasting Union EBU geht bisher nicht auf Forderungen bezüglich eines Boykotts ein – aktuell berät sich die Organisationen mit Teilnehmer-Ländern, betonte aber, dass sie jede Entscheidung der Rundfunkanstalten einzelner Länder akzeptieren werde.
Länder positionieren sich
Nach Irland haben inzwischen auch die Niederlande erklärt, den Eurovision Song Contest 2026 zu boykottieren, wenn dem israelischen Sender Kan die Teilnahme gestattet wird. Ähnlich sehen das nun auch die Verantwortlichen in Slowenien, Island, Frankreich, Belgien und Spanien. Als Begründung wurden erneut die „anhaltenden und entsetzlichen Verluste an Menschenleben in Gaza” genannt.
Zwischenzeitlich waren am Wochenende Gerüchte verbreitet worden, die EBU würde Israel dazu drängen, im kommenden Jahr nicht beim ESC teilzunehmen oder nur unter „neutraler Flagge“ dabei zu sein. Ein Sprecher der EBU hat dies nun dementiert: „Die EBU hat dem israelischen Sender Kan keine Vorschläge bezüglich der Teilnahme am Eurovision Song Contest im nächsten Jahr unterbreitet.“
Firstverlängerung über finale Entscheidung
Die Frist für die Teilnahme am ESC 2026 lief eigentlich zu Beginn dieser Woche ab, die EBU hat diese Deadline nun auf Dezember verschoben, um den einzelnen Ländern mehr Entscheidungsspielraum zuzugestehen. „Die Rundfunkanstalten haben bis Mitte Dezember Zeit, um zu bestätigen, ob sie an der Veranstaltung im nächsten Jahr in Wien teilnehmen möchten. Wir verstehen die Bedenken und tief verwurzelten Ansichten zum anhaltenden Konflikt im Nahen Osten. Es liegt an jedem Mitglied, zu entscheiden, ob es an dem Wettbewerb teilnehmen möchte, und wir würden jede Entscheidung der Rundfunkanstalten respektieren. Die Konsultation mit den EBU-Mitgliedern läuft noch, und bis zum Abschluss des Verfahrens werden keine Entscheidungen getroffen“, so Martin Green, Direktor der EBU.
Mehrere Länder für Teilnahme
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hatte indes erklärt, dass er es als ESC-Gastgeber begrüßen würde, wenn Israel in Wien am Musikwettbewerb im nächsten Jahr teilnimmt. Der Stiftungsrat des ORF hat sich ebenso dafür ausgesprochen. In Deutschland ist nach dem NDR aktuell der SWR für den ESC 2026 verantwortlich. Ein Sprecher des Senders hatte betont, dass nicht die Länder oder Regierungen am ESC teilnehmen, sondern die Rundfunkanstalten. Im Falle von Israel handelt es sich bei Kan zudem um eine private Sendeanstalt, die keine Verbindung zu Israels Regierung hat. Der SWR steht damit derzeit vorsichtig abwägend eher hinter Israel. Andere Rundfunkanstalten aus Norwegen, Italien, San Marino und Dänemark haben erklärt, sich nicht am Boykott beteiligen zu wollen, die Länder werden beim ESC 2026 dabei sein, auch mit Israel.
Israel will 2026 beim ESC dabei sein
Der betroffene Sender Kan selbst hat sich derweil auch zur Debatte geäußert, der Direktor der Rundfunkanstalt Golan Jochpaz erklärte: „Es gibt keinen Grund, warum Israel nicht weiterhin ein wichtiger Teil dieses kulturellen Ereignisses sein sollte, das unter keinen Umständen politisch werden darf.“ Trotz der Boykottandrohungen werde Israel 2026 am ESC teilnehmen. Aktuell sind zwei Länder von der Teilnahme beim ESC bereits ausgeschlossen: Seit 2021 Belarus, seit 2022 Russland. Derzeit läuft alles darauf hinaus, dass möglicherweise per Mehrheitsvotum der Länder über die Teilnahme Israels entschieden werden wird – so oder so könnte der Streit dem ESC damit schweren Schaden zufügen. Der ESC-Slogan "United By Music" klingt da bereits jetzt ein wenig zynisch.