Erdrutschsieg in New York Queere Community blickt hoffnungsvoll auf neuen Bürgermeister
Politischer Paukenschlag im Big Apple: Der 34-jährige muslimische Demokrat Zohran Mamdani wird der neue Bürgermeister von New York City – mit über zehn Prozentpunkten Vorsprung setzte er sich gegen den früheren Gouverneur Andrew Cuomo und den Republikaner Curtis Sliwa durch. Die LGBTIQ+-Community sieht in dem jungen Politiker einen starken Hoffnungsträger.
Von Uganda zum Big Apple
Geboren wurde Mamdani 1991 in Kampala, Uganda. In seiner Kindheit lebte er in Südafrika, bevor seine Familie 1999 nach New York zog. In jungen Jahren wurde er als Rapper bekannt und veröffentlichte unter dem Künstlernamen Young Cardamom zwei EPs. Schon früh engagierte er sich noch während seiner Studienzeit für palästinensische Rechte. Seit 2018 hat Mamdani auch die US-Bürgerschaft, seit 2021 ist er Mitglied der New York State Assembly und vertrat den 36. Bezirk, der Teile von Queens umfasst. Er ist gläubiger Muslime und seit 2025 mit der syrischen Illustratorin Rama Duwaji verheiratet.
Politisch ist der 34-jährige Demokrat ein erklärter Gegner von US-Präsident Donald Trump, der bereits vor der Wahl ankündigte, er werde die Bundesmittel für New York auf das Minimum zurückfahren, sollte Mamdani gewinnen. Er selbst bezeichnet sich als „demokratischer Sozialist“. In seinem kurzen aber intensiven Wahlkampf versprach er kostenlose Busse für alle New Yorker, eine Gratis-Kinderbetreuung und eine Senkung der hohen Lebenshaltungskosten in der Stadt – unter anderem plant er einen Mietendeckel. Finanzieren will er das durch höhere Steuern für Unternehmen und reiche Bürger – wie er den letzten Punkt umsetzen will, ließ er offen, denn Steuerangelegenheiten sind in den USA eigentlich ausschließlich in der Entscheidungsgewalt der Regierung.
Kritik kam von Teilen der jüdischen Bevölkerung zuletzt auf, nachdem er Israels Regierung mit sehr drastischen Worten kritisiert hatte. Außerdem gilt er als starke Stimme für Migranten und verurteilte die Abschiebepolitik der amtierenden US-Regierung scharf: „In diesem Moment der politischen Dunkelheit wird New York das Licht sein“, so Mamdani in seiner Siegesrede gestern Nacht. Und mit Blick auf Trump betonte er zudem: „Um an einen von uns zu kommen, müssen Sie an allen von uns vorbei.“
Unterstützer der queeren Community
Mehr als zwei Millionen Menschen gaben gestern ihre Stimme ab, so viel wie seit 1969 nicht mehr. Nicht wenige davon dürften von LGBTIQ+-Menschen gekommen sein. Bereits früh engagierte sich Mamdani für Anliegen der queeren New Yorker Community. In seiner ersten Amtszeit im Stadtrat kämpfte er gegen ein Gesetz, das „Herumlungern“ verbietet und zumeist bei schwarzen trans* Frauen angewendet worden war. Parallel dazu war er Mitinitiator des Gender Recognition Act, ein Gesetz, das es einfacher macht, in offiziellen Dokumenten sein Geschlecht in die Option „X“ umändern zu lassen. 2023 unterstützte er Verordnungen der Stadt, die das Recht auf spezielle Gesundheitsversorgung für nicht-binäre und trans* Personen stärkte. Letztes Jahr machte er sich dann zudem für das Recht auf Abtreibung stark.
Konkret betonte er dabei die geplante Verfassungsänderung Proposition 1, die nebst dem Abtreibungsrecht auch mehr Schutz für Senioren, LGBTIQ+-Personen und Menschen mit Behinderung vorsieht. „Mit Prop 1 werden Gesetzgeber nicht mehr in der Lage sein, diskriminierende Gesetze zu erlassen, die sich gegen unsere Nachbarn richten, aufgrund dessen, wer sie sind, wie sie aussehen, wen sie lieben oder welche Gesundheitsversorgung sie benötigen“, so der 34-Jährige. Die Wähler stimmten dem Vorschlag schlussendlich bei den Wahlen im November 2024 zu.
Große Pläne für LGBTIQ+-Menschen
Darüber hinaus kündigte Mamdani an, dass er als neuer Bürgermeister den Schutz von queeren Menschen in der Stadt weiter fördern möchte, insbesondere die Ausweitung und den Schutz geschlechtsbejahender Gesundheitsversorgung – hierfür will er rund 60 Millionen US-Dollar investieren. Überdies plant er die Einrichtung eines Amtes für LGBTIQ+-Angelegenheiten und die Umwandlung der Stadt in einen Safe Space für die Community: „New York City muss ein Zufluchtsort für LGBTIQ+-Menschen sein, aber private Einrichtungen in unserer eigenen Stadt haben bereits begonnen, Trumps Angriff auf die Rechte von Transgender-Personen nachzugeben. Schon jetzt treffen wirtschaftliche Probleme und steigende Preise diese Bevölkerungsgruppe unverhältnismäßig stark, da sie höhere Arbeitslosen- und Obdachlosenquoten als der Rest der Stadt aufweisen. Ich verspreche, dieses Problem anzugehen!“ Im März dieses Jahres nahm der junge Muslime auch an Veranstaltungen zum Trans Day of Visibility teil.
Immer wieder richtete er seine Kritik auch gegen die queerfeindliche Agenda von Trump: „Der mächtigste Mann hat enorme Energie darauf verwendet, diejenigen anzugreifen, die am wenigsten Macht haben. New York wird nicht tatenlos zusehen, wie Transmenschen angegriffen werden. Wir werden Hunderte von Anwälten einsetzen, um Trumps Hass zu bekämpfen (…) Wir können eine Stadt aufbauen, in der Transgender-New Yorker geschätzt werden.“
Auftritt im Schwulenclub
Zuletzt sorgte Mamdani letzte Woche an Halloween für Aufsehen, als er einen überraschenden Wahlkampfstopp in der Schwulenbar Papi Juice in Brooklyn einlegte. Gegen ein Uhr morgens trat er dort ans DJ-Pult und erklärte: „In einer Stadt, in der es so viel zu kämpfen gibt, ist es so wichtig, einen Ort der Freude zu haben. Es ist mir eine Ehre, der erste Bürgermeisterkandidat zu sein, der jemals im Papi Juice war. Vielen Dank. Ich kann es kaum erwarten, euch an den Wahlurnen zu sehen. Sind wir bereit, eine Stadt zu gewinnen, die wir uns leisten können? Sind wir bereit, Geschichte zu schreiben?“ Wie sich zeigte, war der Big Apple dazu offensichtlich bereit.
Ex-Präsident Barack Obama gratulierte dem Demokraten zum Wahlsieg: „Wir haben immer noch sehr viel Arbeit vor uns, aber die Zukunft sieht ein bisschen heller aus.“ Und der linke Senator und ehemalige Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders erklärte: „Mamdani hat einen der größten politischen Umstürze in der modernen amerikanischen Geschichte geschafft!“ Der aus New York stammende Minderheitsführer der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, sprach von einem „historischen und wohlverdienten Sieg.“ Für die Demokraten war die gestrige Wahlnacht auch anderweitig sehr erfolgreich, die Partei ging auch bei den Gouverneurswahlen in den beiden US-Bundesstaaten Virginia und New Jersey als Sieger hervor.