Endspurt Europawahl Richtungswahl für die LGBTI*-Community
Wie der Bundeswahlausschuss in Wiesbaden jetzt mitteilte, wurden für Deutschland insgesamt 35 Parteien und politische Vereinigungen zur Europawahl im Juni zugelassen. Mehrere LGBTI*-Verbände beteuerten dabei zuletzt, wie wichtig es gerade für Homosexuelle und queere Menschen ist, in diesem Jahr wählen zu gehen.
Drei neue Parteien
Erstmals und neu mit dabei unter den Parteien sind drei Vereinigungen: Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“, die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ sowie die „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ – letztere wird als Ableger der türkischen Regierungspartei AKP eingestuft, auch wenn die Mitglieder dies selbst bestreiten. Klar dürfte sein, dass von dieser Partei kaum mehr Rechte für LGBTI*-Menschen zu erwarten sind.
Am 9. Juni werden insgesamt 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments neu gewählt, 96 davon kommen aus Deutschland. Anders als bei der Bundestagswahl gibt es bei der Europawahl keine sogenannte Sperrklausel, sodass es je nach Stimmenverteilung ausreichen kann, wenn ein Abgeordneter ein Prozent der Stimmen für sich gewinnen kann.
Keine LGBTI*-Unterstützung mehr in der EU?
Die LGBTI*-Organisation Forbidden Colours warnte zuletzt vor einer dramatischen Neubesetzung des Europäischen Parlaments für die LGBTI*-Community – nach den jüngsten Prognosen könnten nach der Wahl 40 Prozent der EU-Abgeordneten LGBTI*-Rechte ablehnen, aktuell sind es „nur“ 27 Prozent. Gerade einmal gut die Hälfte der derzeit aktiven Parlamentsmitglieder (57%) hat in den letzten fünf Jahren sich stets für LGBTI*-Vorhaben ausgesprochen.
Kommt es zu einem befürchteten Rechtsruck oder/und einer Umverteilung zu Ungunsten von LGBTI*-Menschen, dürften Projekte wie die 2020 beschlossene LGBTI*-Gleichstellungsstrategie der Europäischen Union vollends zum Erliegen kommen. Exekutiv Direktor Rémy Bonny von Forbidden Colours hatte dazu bekräftigt: „Wir werden kämpfen, um sicherzustellen, dass die aktuellen Prognosen widerlegt werden.“
Richtungswahl für die LGBTI*-Community
Dr. Jörg Hutter aus dem Bundesvorstand des LSVD+ hatte dazu erklärt: „Es geht um nichts weniger als um die Zukunft der europäischen Demokratie. Deshalb rufen wir die ganze Community, ihre Verbündeten und alle Demokrat*innen dazu auf, wählen zu gehen und nur die Parteien zu wählen, die sich glaubhaft für Gleichheit und Akzeptanz von LSBTIQ* in Europa einsetzen. Bei Menschenrechten von LSBTIQ* und anderen marginalisierten Gruppen darf es trotz des starken Gegenwinds von Rechten und Rechtsextremen keine Kompromisse geben.“
Gerade in der kommenden EU-Legislaturperiode brauche es einen umfassenden EU-Aktionsplan für Gleichberechtigung und einen besseren Schutz vor Diskriminierung und Hassverbrechen gegenüber LGBTI*-Menschen, so Hutter weiter.