Direkt zum Inhalt
Eindringliche Warnung

Eindringliche Warnung Das Ende für die gleichgeschlechtliche Ehe in den USA kann sehr schnell kommen, warnt Jim Obergefell

ms - 14.07.2025 - 14:00 Uhr
Loading audio player...

Jim Obergefell hat sich 2015 in die US-Geschichte eingeschrieben – seine Klage „Obergefell gegen Hodges“ vor dem Supreme Court machte nach dem Urteil der Richter den Weg frei für die gleichgeschlechtliche Ehe in den Vereinigten Staaten von Amerika. Zehn Jahre später droht die Errungenschaft möglicherweise wieder zurückgenommen zu werden, mehrere Republikaner, geistliche Hardliner und zwei der inzwischen mehrheitlich konservativen Richter am Obersten Gerichtshof der USA sprechen sich für eine Rückabwicklung aus. 

Schritte zurück in der Geschichte

Die Gefahr ist realer als je zuvor, dass die Homo-Ehe ihr nächstes rundes Jubiläum in den USA möglicherweise gar nicht mehr erreicht. Nun meldete sich Jim Obergefell persönlich zu Wort und warnte eindringlich vor der „Auslöschung“ der Ehe für Schwule und Lesben. Er sehe ernsthaft die Gefahr, dass die US-Regierung gleichgeschlechtliche Partnerschaften „ausradieren“ wolle, so der amerikanische Bürgerrechtler. 

„Ich wusste immer, dass ich meine Geschichte für den Rest meines Lebens erzählen würde. Aber jetzt fühlt es sich anders an. Jetzt erzähle ich meine Geschichte nicht nur mit Freude, sondern auch mit Angst – mit der großen Angst, dass diese Geschichte ausgelöscht wird, dass unsere Ehe ausgelöscht wird, dass unser Recht, ‚Ich will‘ zu sagen, ausgelöscht wird. Wir haben einige große Schritte nach vorne gemacht, aber mit jedem Fortschritt in unserer Nation machen wir auch wieder Schritte zurück. Wenn wir die Menschen nicht daran erinnern, wo wir gewesen sind, werden wir es verlieren.“ 

Würde der Supreme Court bei einer Neubewertung das Urteil der Vorgänger tatsächlich revidieren und die Ehe für alle rückabwickeln, würden erneut bisher „schlummernde“ Gesetze in Kraft treten, die die gleichgeschlechtliche Ehe in rund der Hälfte aller US-Bundesstaaten von einem Tag auf den anderen illegal machen würde. 

Aus Liebe bis zum Obersten Gerichtshof 

Der Rechtsstreit begann damals 2013, als Obergefell seinen todkranken Partner John Arthur in Maryland heiratete. Jim und John waren zu dieser Zeit bereits seit über zwanzig Jahren ein Paar, als bei John Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert wurde. In einem letzten Akt der Liebe beschlossen sie, zu heiraten. „Wir begannen Mitte der 1990er Jahre über die Ehe zu sprechen, aber wir wollten heiraten und nicht nur eine symbolische Zeremonie“, so Obergefell. Kurz vor Arthurs Tod im Oktober 2013 stellten sie beide fest, dass Obergefell nicht als Arthurs überlebender Ehepartner in dessen Sterbeurkunde eingetragen werden konnte. Der Grund dafür: In Obergefells Heimatstaat Ohio war die Homo-Ehe nicht legal, in Maryland jedoch schon. Obergefell zog vor Gericht und verklagte den Bundesstaat Ohio, und der Fall gelangte so schlussendlich 2015 vor den Obersten Gerichtshof. Die Richter stellten dabei fest, dass gleichgeschlechtlichen Paaren das Grundrecht auf Eheschließung garantiert ist und erklärten damit all jene Gesetz in den Bundesstaaten für ungültig, die gleichgeschlechtliche Ehen bisher verboten.

„Ich hätte nie gedacht, dass meine Liebesgeschichte mit John zu einem Fall vor dem Obersten Gerichtshof führen würde. John und ich waren keine Aktivisten. Wir waren nicht in der Öffentlichkeit unterwegs. Die meisten unserer Freunde waren heterosexuelle Ehepaare. Dass wir am Ende so etwas tun würden, hätten wir uns nie träumen lassen. Doch angesichts der Diskriminierung kämpften wir – nicht nur für unsere Ehe, sondern auch für die Rechte unzähliger Anderer.“ Und weiter: „Leider hatte John nie die Gelegenheit, das Ergebnis unserer Bemühungen zu erleben. Nachdem wir gewonnen hatten, dachte ich zu mir: John, ich wünschte, du wärst hier. Ich wünschte, du könntest sehen, dass unsere Ehe niemals ausgelöscht werden kann. Und dann wurde mir klar, dass ich mich zum ersten Mal in meinem Leben als geouteter Schwuler als gleichberechtigter Amerikaner fühlte.“

Es kann schnell gehen 

Inzwischen blickt Obergefell weniger optimistisch in die Zukunft, wie er gegenüber iNews erklärte: „Das Einzige, wovon die Leute noch fest ausgehen sollten, ist, dass Schlimmeres auf sie zukommt und Trump alles tun wird, was er will. Das könnte alles sehr schnell passieren und sich auflösen. Der Oberste Gerichtshof könnte entscheiden: 'Wir haben diese Petitionen von diesen Staaten, die uns bitten, die Homo-Ehe zu kippen, wir denken, sie haben Recht. Und fertig.“

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Neue Richtlinien beim Dating

Großbritannien verschärft Regeln

Wer ab heute in Großbritannien eine schwule Dating-App öffnen will, braucht eine Altersverifikation - auch als Tourist. Ein Vorbild für Deutschland?
Ende der Antidiskriminierung

Queere Petition als letzte Rettung?

Die EU hat das geplante Antidiskriminierungsgesetz ad acta gelegt, Kritiker befürchten massive Einschnitte, queere Vereine fordern nun ein Umdenken.
Ermittlung gegen Bürgermeister

Vorgehen nach Budapest Pride

Ungarn macht ernst: Budapests Bürgermeister Gergely Karacsony muss kommende Woche zum Polizeiverhör erscheinen, weil er den CSD möglich machte.
Regenbogen über dem Bundesrat

Pride-Flagge wird zum CSD gehisst

Der Streit geht weiter: Der Bundesrat wird zum Berliner CSD die Regenbogenfahne hissen - anders als am Bundestag.
Freiheit für Hernández Romero

125 Tage im Foltergefängnis

Der schwule Maskenbildner Andry Hernández Romero ist frei! Die USA hatte ihn zuvor ohne Prozess in ein Foltergefängnis nach El Salvador abgeschoben.
Peter Schmidt ist tot

Hamburger Designer von Weltruf

Das lila Design von Milka oder ikonische Parfümflakons: In seiner Wahlheimat Hamburg verstarb der schwule Star-Designer Peter Schmidt mit 87 Jahren.
Besserer Schutz im Club

Awareness-Konzept in Wien

40 % der Wiener fühlen sich unsicher beim Clubbing, gerade auch queere Menschen. Ab 2026 wird ein Awareness-Konzept bei Events deswegen zur Pflicht.
Urteil mit großer Bedeutung

Präzedenzfall für US-Queers?

Ein Gericht in Kanada setzte vorerst die Ausweisung eines queeren US-Bürgers aus. Begründung: In den USA könnte es nicht mehr sicher für LGBTIQ* sein.
Hass-Kampagne in der Türkei

Perfide Umfrage in der Bevölkerung

Die Türkei geht mit immer extremeren Mitteln gegen die Community vor, jetzt soll eine perfide Befragung der Bevölkerung den Hass auf LGBTIQ+ befeuern.