Amoklauf in Colorado Anderson Lee Aldrich entgeht der Todesstrafe und bleibt lebenslang im Gefängnis
Vor rund eineinhalb Jahren im November 2022 eröffnete der inzwischen 24-jährige nicht-binäre Anderson Lee Aldrich im Schwulenclub Q in Colorado Springs mit einem Sturmgewehr und einer Pistole das Feuer und tötete fünf LGBTI*-Menschen, 19 weitere Personen verletzte er schwer. Nur durch das tapfere Eingreifen einiger Gäste konnte Aldrich in seinem Amoklauf schnell gestoppt werden – anderenfalls wären mit hoher Wahrscheinlichkeit weit mehr Todesopfer zu beklagen gewesen. Im finalen Prozess entging Aldrich nun durch einen Deal der Todesstrafe.
Haftstrafe von mehr als 2.200 Jahren
Aldrich wurde bereits von einem Gericht im US-Bundesstaat Colorado wegen Mordes und versuchten Mordes in 74 Fällen zu 55 lebenslangen Haftstrafen und weiteren 190 Jahren Gefängnis verurteilt. Zusammen addiert beträgt seine fiktive Haftzeit damit mehr als 2.200 Jahre. Auf Bundesebene wurde Aldrich allerdings zudem vom US-Justizministerium aufgrund eines Hassverbrechens angeklagt – dieses kann mit der Todesstrafe geahndet werden. Aldrich hat nun ein erneutes Schuldbekenntnis seiner Tat abgegeben, im Gegenzug wurde die mögliche Todesstrafe durch weitere Jahre lebenslanger Haft ersetzt.
So erklärte der Angeklagte nun schriftlich, fünf Menschen „vorsätzlich und böswillig“ getötet zu haben – zu Beginn des Prozesses auf Bundesebene hatte er noch auf „nicht schuldig“ plädiert. Die Vereinbarung bestätigt auch, dass Aldrichs Handlungen von Hass auf die Homosexualität der Opfer geleitet gewesen waren. Die Einigung muss formal noch von der zuständigen Richterin unterzeichnet werden. Damit wäre der Fall zumindest juristisch abgeschlossen.
„Angetrieben von Hass hat der Angeklagte Mitglieder der LGBTI*-Community an einem Ort angegriffen, der für Zugehörigkeit, Sicherheit und Akzeptanz steht - er hat fünf Menschen von ihren Angehörigen geraubt, 19 weitere verletzt und das ganze Land in Angst und Schrecken versetzt. Die heutige Verurteilung macht deutlich, dass das Justizministerium das Recht jeder Person in diesem Land schützen will, frei von der Angst zu leben, dass sie von hassgetriebener Gewalt oder Diskriminierung aufgrund dessen, was sie sind oder wen sie lieben, betroffen ist“, so Generalstaatsanwalt Merrick B. Garland in einer Erklärung zur finalen Einigung.
Frieden für die Angehörigen
FBI-Direktor Christopher Wray lobte in diesem Zusammenhang die Selbstlosigkeit der Gäste des Club Q, die Aldrich während des Angriffs überwältigt hatten: „Im Pride Monat und in jedem anderen Monat steht das FBI an der Seite der Überlebenden, der Opfer und der Familien von homophober Gewalt und Hass.“
Und ATF-Direktor Steven Dettelbach betonte ergänzend: „Ich hoffe, dass die heutige Verurteilung zu lebenslanger Haft den Opfern und Überlebenden dieser sinnlosen, schrecklichen Tragödie zumindest etwas Frieden bringt. Die Tatsache, dass dieses Urteil während des Pride-Monats ergeht, macht deutlich, wie weit wir noch gehen müssen, bis alle Gemeinschaften, einschließlich aller LGBTI*-Communitys, hier sicher sind.“
Klares Vorgehen gegen homophoben Hass
Die stellvertretende Generalstaatsanwältin Kristen Clarke von der Abteilung für Bürgerrechte des Justizministeriums sagte nach der Urteilsverkündung: „Die Massenerschießung des Angeklagten und sein abscheulicher Anschlag auf den Club Q ist einer der verheerendsten Angriffe auf die LGBTI*-Community in der Geschichte unseres Landes. Dieses Urteil kann die verlorenen Leben nicht wiederherstellen oder die zugefügten Schäden ungeschehen machen. Aber wir hoffen, dass es den Überlebenden, den Familien der Opfer und ihren Gemeinschaften ein kleines Maß an Gerechtigkeit verschafft. Unsere heutige Botschaft sollte laut und deutlich sein. Niemand sollte wegen seiner Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung um sein Leben oder seine Sicherheit fürchten müssen. Das Justizministerium wird energisch gegen diejenigen ermitteln und sie strafrechtlich verfolgen, die hasserfüllte, von Vorurteilen getriebene Angriffe verüben.“
Hass und Gewalt gegen LGBTI*
In Colorado ist die Trauer um die fünf ermordeten Menschen bis heute groß. Der Eigentümer des Schwulenclubs in Colorado Springs gab letztes Jahr bereits bekannt, den Club rund 6,5 Kilometer entfernt erneut eröffnen zu wollen, um einen Treffpunkt für die LGBTI*-Community zu schaffen. Zudem soll am Ort des Geschehens direkt eine dauerhafte Gedenkstätte errichtet werden. Zum ersten Jahrestag hatte auch die LGBTI*-Organisation GLAAD an die fünf Toten erinnert und erklärt, dass LGBTI*-Menschen in Amerika mehr denn je Hass und Gewalt ausgesetzt sind.