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Allan aus Bad Ems // © vvg
Rubrik

Umfrage Sammelleidenschaften

vvg - 07.04.2024 - 14:00 Uhr

Das „Sammeln“ im eigentlichen Sinne versuche ich mittlerweile in mir zu zügeln. Den Hang dazu habe ich. Das betrifft vor allem anspruchsvolle bzw. außergewöhnliche „Graphische Literatur“ bzw. Comics in einem künstlerisch sehr erweiterten Sinn. Damit kann nicht jeder unbedingt etwas anfangen; ich jedenfalls verfolge die internationalen Verlags-Neuerscheinungen in diesem Bereich und könnte bereits beim Anblick von manchem neu Angekündigten zum „Gollum“ werden. Ansonsten habe ich einen ausgefuxten Blick für „schöne Dinge“ entwickelt - Dinge, mit denen ich mir sowohl äußerlich Behagen, als auch in der Gestaltung meines (Wohn-)Lebens eine mir gemäße persönliche Stimmigkeit zu verleihen versuche. Das können Kleidungsstücke oder Gegenstände sein, die in Material und Form ein durchdachtes Design vorweisen und bestenfalls auch einen praktischen Einsatz-Nutzen haben. Letztendlich wird mir aber jeder Ausbruch von einer möglichen ungezügelten „Sammel-Wut“ oder „-Leidenschaft“ auch durch den vernünftigen Blick aufs Konto verhindert. Bisher bin ich jedenfalls noch nicht zum „Messie“ mutiert. Als beschwichtigender Gegenpol zum Hang zum schönen, greifbaren Buch oder Ding dient mir ab er auch noch die Beschäftigung mit Musik. War ich im Laufe meines Lebens vielfältig eingebunden in verschiedenen Gesangs-Truppen (MäNü; Triviatas; geistliche Kammermusik), habe ich vor 6 Jahren das Singen seinlassen und mich für das Erlernen eines Instruments entschieden; Eine keltische (Haken-)Harfe bedient rein optisch den Ästheten in mir. Es stellt jedoch auch eine eigene anspruchsvolle Herausforderung dar, dem Instrument die möglichen adäquaten Töne entzupfen zu können, die man mit „Harfen-Klang“ in Verbindung bringt. Wenn es auch hier ums Sammeln geht, dann wächst tatsächlich mit der Zeit der Berg an entsprechendem Noten-Material. Diesen Berg will ich aber - im übertragenen Sinne - mit der notwendigen Übe-Ausdauer bewältigen; und keineswegs des Sammelns wegen anhäufen.

Allan aus Bad Ems 

 

Andy und Siggi // © vvg

Wir sammeln etwas, was zehn Monate lang im Keller aufbewahrt und dort nicht gesehen wird: Weihnachtskrippen. Als wir uns kennen lernten, brachte Siegfried drei Krippen und Andy eine vierte mit in die Ehe. Andys Krippe besaß einen kompletten Stall, der von seinem verstorbenen Onkel vor über dreißig Jahren in Handarbeit aus einem alten Eichenholzbalken gezimmert wurde. Andys Eltern schenkten ihm dieses Kunstwerk mit den aus Italien stammenden Hauptfiguren Maria, Josef und dem Jesuskind. Andy erweiterte die Krippe jedes Jahr mit weiteren Figuren.

Jede Krippe hat mindestens fünfzehn bis zwanzig Figuren. Außer Maria, Josef und dem Jesuskind gibt es die Heiligen Drei Könige, mehrere Hirten, einige Engel und natürlich Ochsen, Esel, einige Schafe und sogar Kamele. Die Könige kamen ja aus dem Morgenland angereist. Die Krippen stammen in der Regel aus Rom, Neapel und dem Allgäu. Die Beiden sind begeistert von den unterschiedlichen Größen und der Beschaffenheit der filigran gearbeiteten Figuren, die aus Hartwachs, Ton, Gips oder Holz liebevoll angefertigt, bemalt oder auch mit edlen Stoffen bezogen wurden.

Jedes Jahr zum 4. Advent sind die Krippen sichtbar in unserer Wohnung aufgebaut; lediglich das Jesuskind wird erst an Heiligabend in die Krippe gelegt. Zur Deko dazu kommen Glitzer-Engel sowie ein Geschenk ihres Freundes Udo: Drei Könige als Triptychon: wenn man es zusammenklappt entsteht ein handgelenkgroßes, flaschenähnliches Rundholz. Ein Prachtexemplar. Abgebaut und wieder im Keller verstaut wird die Weihnachtsdekoration erst am 6. Januar. (Heilige Drei Könige) Allerdings planen Andy und Siegfried eine weitere Anschaffung: Eine Krippe für den Garten. Aus Metall mit Figuren bis zu 150 cm groß. Den perfekten Platz dafür haben sie schon vorbereitet.

Andy und Siegfried

 

Frank aus Hamburg & Köln // © vvg

Ich sammle Karten. Aber nicht einfach Karten, sondern bestimmte Karten, die ich zu besonderen Anlässen bekomme. Begonnen hat es mit meinem 10. Geburtstag. Damals bekam ich eine Karte mit Samtbezug und einem hellblauen Löwen, der sehr stilistisch gemacht war. Diese Karte hat mich dazu bewogen, Karten nicht mehr wegzuschmeißen. Jede Karte hat etwas Persönliches, etwas Besonderes und Schönes. Seitdem habe ich alle Glückwunschkarten, die ich seitdem zu meinen Geburtstagen bekommen habe, aufgehoben. Dazu kamen dann Oster-, Weihnachts- und Jahreswechselkarten; Karten zur Hochzeit sowie zu meiner Vaterschaft. Menschen die Karten schreiben, machen sich Mühe und schreiben etwas Wichtiges, dass sie dir mitteilen wollen. Es ist oft so viel Liebe in den Texten, viel Ehrlichkeit, aber auch mal angedeutete Kritik, was man auf diesem doch sehr intimen Weg der Kommunikation mitgeteilt bekommt. Es sind Werte, die so transportiert werden und dass macht jede Karte zu etwas Besonderem. Ich habe die Sammlung nie gezählt, sie liegen in Schuhkartons nach Lebensabschnitten sortiert. Die gemeinsamen Karten von mir und meinem Mann liegen unsortiert in zwei Schubladen. Irgendwann werde ich mich mal daransetzen, alle Karten nochmals zu lesen und zu sortieren.

Eine weitere Sammelleidenschaft, die nicht ganz so ausgeprägt ist, hat ebenfalls mit Zeit zu tun: Ich sammle ausgewählte Uhren. Die erste bekam ich zum 16. Geburtstag. Es war eine TIMEX, eine mechanische Uhr zum Aufziehen. Danach wünschte ich mir eine Taschenuhr, die meine Schwester aus der damaligen DDR besorgte. Dazu kam eine Uhr mit D-Mark als Ziffernblatt, einige Skelettuhren, bei denen man das Räderwerk sieht, was mich immer sehr fasziniert. Ich gebe keine hohen Beträge dafür aus, sie müssen nur etwas Besonderes haben.

Frank aus Hamburg & Köln

 

Ich bin seit zwölf Jahren Mitglied beim Centrum Schwule Geschichte. Ich besuchte eine Ausstellung des Vereins und empfand, dass sich dieser wichtige Verein zu wenig präsentiert. Ich wurde angesprochen, ob ich die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verbessern möchte und habe zugesagt. Das CSG – das sind im Kern elf Menschen, die ehrenamtlich arbeiten - hat sich zur Aufgabe gemacht, alles zu dokumentieren, was in der schwulen bzw. heutigen queeren Community passiert ist. Wir sammeln Publikationen, Fotos, Filmmaterial und Filme. Wir führen Interviews mit Zeitzeugen und suchen in anderen Archiven zu „unseren“ Themen. Wir führen selbst eine Bibliothek, wo entsprechende Werke, gesichtet werden können. Unser Archiv stellt alles für Recherchen der Öffentlichkeit zur Verfügung. So entstehen Publikationen und Ausstellungen. In der Wanderausstellung „§175“ zeigen wir die Geschichte der Schwulen von der Antike bis zu Gegenwart. 

Vergleichbare Gruppen und Archive gibt es in Berlin, München, Wien und Amsterdam. Unser Archiv-Verbund heißt QueerSearch. Unser allergrößtes Problem ist die Finanzierung. Wir benötigen und bekommen Mittel und Unterstützung durch die öffentliche Hand.

Nachfolgenden Generationen soll die Geschichte und Vergangenheit bewahrt werden, damit möglichst nichts aus „unserer“ dunkelsten Vergangenheit vergessen wird. Geschichte wiederholt sich und wenn wir unsere gegenwärtige Entwicklung betrachten, besteht durchaus die Gefahr, dass wir wieder als krank, kriminell, ja sogar als terroristisch dargestellt werden. Mit unserer Präsenz können wir deutlich zeigen, wo wir nie wieder hinwollen und wofür wir zum Kämpfen bereit sein müssen.

Die digitale Entwicklung stellt uns vor neue Herausforderung: Weil fast alles festgehalten wird, aber meistens im Privatbereich bleibt. Es ist weiterhin Aufgabe der Medien, Bilder und Informationen dem Großteil der Bevölkerung mit ihrer größeren Reichweite bekannt zu machen.

Holger Willms, Vorsitzender im Förderverein „Centrum schwule Geschichte“

 

Josef aus Herzogenrath // © vvg

Es mag verrückt klingen. Aber meine Leidenschaft ist das Sammeln von Erinnerungen - Reiseerinnerungen. Ich bin als Metzgersohn am Niederrhein aufgewachsen. Da waren die einzigen Reisen die Ausflüge mit meiner Mutter ins benachbarte Holland zum Kaffee kaufen oder zur Familie in die Schweiz. Das wollte ich ändern und Reisekaufmann werden. Ging leider nicht. Meine Familie hat mich in der Metzgerei gebraucht. Aber am Wochenende, da bin ich oft zum Flughafen nach Düsseldorf gefahren. Und meine erste Frage am Ticketschalter war immer: „Wohin geht der nächste Flug“? Auch wenn ich diesen aus genannten Gründen nicht antreten konnte.

Mit den Jahren hat sich mein Leben verändert und ich kann nun meine Leidenschaft ausleben - das Reisen. Jetzt sammele ich Erlebnisse und Begegnungen. Wunderschöne Hotels an atemberaubenden Orten und Menschen, die mir mit so viel Herzlichkeit begegnen. Mein Lieblingsziel?  Es ist und bleibt Indien. Ein Land voller Kontraste. Mein emotionalster Besuch war das Hotel Oberoi in Kolkata/Indien. Die Armut und Dunkelheit außerhalb des Hotels, die strahlende Welt im Inneren, aber auch die Herzlichkeit der Menschen vor und in dem Hotel.

Andere Hotels, die mir besonders in Erinnerung sind: ein kleines Hotel in Italien in der Cinque Terre - tagsüber war durch die Touristen die Hölle los, aber abends hatte ich „La dolce Vita“ in Bella Italia.

Des Öfteren habe ich Südafrika bereist mit seiner atemberaubenden Fauna und Flora. Wunderbare Begegnungen mit Menschen gehabt und in kleinen mit Liebe zum Detail eingerichteten Boutique-Hotels gewohnt.

Auf meiner Wunschliste? Australien.  Aber der lange Flug schreckt mich nach wie vor ab. Das nächste geplante Ziel ist eine Reise durch Skandinavien.

Josef aus Herzogenrath

 

Theo aus Arnsberg / Sauerland // © vvg

Ich habe einen Sammeltick: Ich sammele Poloshirts. Zum einen sind die pflegeleicht und im Gegensatz zu Hemden leichter zu bügeln – einmal drüber und schon fertig –  zum anderen sehr angenehm am Körper zu tragen, Polo-Shirts – nicht zu verwechseln mit T-Shirts, die mag ich nämlich nicht – haben drei bis fünf Knöpfe oben am Hals und einen Kragen, den man auch gerne leicht hochgestellt tragen kann. Meine Liebe hat aber nichts mit dem Reitsport Polo zu tun; nein, das ist nicht mein Ding. Ich liebe Polo-Shirts in allen Farben und besonders, wenn sie bunt gemischt bedruckt sind. Bunt bedeutet für mich, auffallen; ich möchte nämlich nicht übersehen werden. Die meisten Männer in meinem Alter werden zu grauen Mäusen. Ich werde jetzt 75 Jahre alt und für uns gibt es fast nur dunkles, unauffälliges Zeug.

Für meine Sammlung an bunten Polo-Shirts habe ich mir extra einen neuen Schrank kaufen müssen, denn die Anzahl meiner Sammlung ist mittlerweile auf wunderbare 150 Einzelstücke angestiegen. Ein absolutes Lieblingsstück habe ich nicht. Ich trage jeden Tag eine andere Farbe oder ein anderes Muster. Auswahl ist ja genug da. Je bunter es ist, umso wohler fühle ich mich. Die Farben übertragen sich sofort auf mein Gemüt und ich bekomme direkt gute Laune. Ich will zwar mit meiner Kleidung auffallen, aber sie soll kein Hilfsmittel für eine billige Anmache sein. Nein, denn ich trage eine Mauer um mich herum und die muss man(n) erst überklettern. Aber ich muss stolz gestehen, dass ich oft Komplimente bekomme, weil den Leuten meine Outfits gefallen. Ich bin halt ein bunter Paradiesvogel, mit Mut zur Farbe, weil er nicht übersehen werden möchte.

Theo aus Arnsberg / Sauerland

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