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Komplimente – Vielen Dank für die Blumen
Rubrik

Komplimente Vielen Dank für die Blumen

vvg - 30.10.2023 - 17:00 Uhr

André    

aus Gießen   

Mein größtes Kompliment, dass ich bekommen habe, war, als man mich für 28 hielt, als ich schon 44 war.

Unausgesprochene Komplimente bekomme ich oft von Männern in der Sauna. Wenn vorher keinerlei Interesse an meiner Person besteht und ich fast gar nicht beachtet werde, bemerke ich, dass das Interesse sehr stark wächst – wenn ich unter der Dusche stehe und man mich in ganzer Nacktheit sieht. Dass ich so gut bestückt bin, erfüllt mich zwar mit Stolz, aber ich kann ja nichts dafür, dass andere bei der Verteilung dieses Körperteils geschlafen haben :-) und nicht so gut bestückt wurden. Mit all den Worten, die ich dann zu hören bekomme, wie „Oh mein Gott“, „Olala“ oder direkte Anfragen zur näheren Kontaktaufnahme kann ich ganz schlecht umgehen, weil ich ja merke, dass das Interesse nicht mir als Mensch gilt, sondern nur Teilen meines Körpers. Meistens lasse ich sie auch abblitzen; gestehe aber, wenn ein besonders nettes Exemplar dabei ist und dieser eine gute Rhetorik hat, mit der er sich aus seiner billigen Anmache herausreden kann, auch sexuellen Aktionen nicht abgeneigt bin.

Ich selber gebe natürlich auch Komplimente: Wenn ich - wo auch immer – netten Kerlen begegne und Blickkontakt entstanden ist, nehme ich meinen Mut zusammen und sage ihm, dass ich ihn hübsch finde, dass er schöne Augen, eine nette Art oder ein sympathisches Wesen hat. Und zu sehen, dass sich derjenige über ein ernstgemeintes Kompliment freut, erzeugt auch ein schönes Gefühl. Denn im Grunde genommen macht jedes Kompliment stolz; es wertet den Tag auf und zaubert einem ein Lächeln ins Gesicht. Negativ allerdings ist, dass viele an Selbstüberschätzung leiden. Denen braucht man gar kein Kompliment machen, die machen sie sich schon selbst.

 

© vvg

David         

aus Trier  

Das schönste Kompliment, das ich in letzter Zeit bekommen habe, war, dass ich eine faszinierende Ausstrahlung habe, die Männer sehr anspricht.
Seit Jeher habe ich ein sehr schwieriges Verhältnis zu meinem Körper und zu meiner Persönlichkeit. Ich leide unter Depressionen seit meiner Kindheit und finde mich selbst entsprechend nicht oder kaum liebenswert. Zu dick, zu klein, zu schüchtern …

In den letzten Monaten ist es zu mehreren Situationen gekommen, in denen ich anderen Männern nähergekommen bin. Dabei habe ich nicht nur die Rückmeldung bekommen, dass sie mich nett, unterhaltsam und lustig finden, sondern dass ich sie teilweise mit nur einem Blick völlig scharf auf mich gemacht hatte. Und da waren echt geile Männer dabei. Welche, die ich für mich immer als unerreichbar schön eingestuft hatte.

Ich als Scharfmacher? Bislang absolut undenkbar. Doch melden es mir immer mehr Männer zurück. Neulich nahm ich an einem mehrtägigen Seminar für schwule Männer teil. Ich stieg aus meinem Auto und traf sofort auf dem Kursleiter, der direkt sagte: „Wow! Du bist wunderschön. Ich kann es kaum abwarten zu sehen, wie Du nach dem Seminar strahlst!“ Ich muss ziemlich skeptisch geschaut haben, weil er direkt mit der Feststellung nachlegte: „Du hast keine Ahnung, wie Du auf andere Männern wirkst, stimmt? In Deinem Blick tanzt es und funkelt es nur so. Und der Schalk in deinem Nacken lässt sich auch erkennen. Eine wahnsinnig geile Mischung!“.
Ich als Scharfmacher! Eine völlig neue Erfahrung. Aber eine Erfahrung, die ich gerade genieße! Also lerne ich mich gerade neu zu betrachten. Sogar auch im Spiegel. Und ich mag, was ich sehe. Ganz getreu dem Motto: Everybody is somebody’s reason to masturbate!

 

© vvg

Maik         

aus Vallendar/Koblenz   

Das schönste Kompliment welches ich jemals bekommen habe? Das kann ich ganz klar beantworten, weil es erst ein paar Wochen her ist. Ich stecke seit April dieses Jahres in einer extremen seelischen Krise, die mich täglich aufs Neue fordert. Ich habe jede Menge Stress, Wut und Ärger um mich herum und schon „einfache Schläge“ ins Gesicht bringen mich leider sehr oft und sehr schnell an meine Grenzen. Ich bin zehnfacher Onkel, doch es gibt nur zwei Nichten, welche meine Wertvorstellungen teilen, die ich durch die Erziehung meiner Eltern bekommen habe. Es sind die Töchter meiner jüngsten Schwester. Meine Nichte Lara ist mir vom Typ her sehr ähnlich und sie hat es nicht leicht als alleinerziehende Mama. Aber sie meistert ihren Alltag und geht sicher Ihren Weg.

An einem meiner schwärzesten Tage, wo ich echt komplett durch war, schrieb sie mir: „Wenn etwas ist, kannst Du dich immer melden! Ich habe dich ganz dolle lieb. Du bist der beste Onkel, den man sich wünschen kann!“ Das hat mich überwältigt und ich fand es so lieb von der süßen Maus - das hat mir enorm Kraft gegeben. Gerade weil sie selbst dieses Jahr einen schweren Verlust zu betrauern hat, machte sie mir so ein liebes Kompliment.

Mein größtes Kompliment habe ich an die Pflegekräfte, Ärzte und an das Reinigungspersonal im Dreifaltigkeitskrankenhaus Wesseling gegeben. Sie haben mich im letzten Jahr nach meiner schweren OP trotz chronisch personeller Untersetzung immer bestens umsorgt, mich liebevoll gepflegt und uns – meinen Mann und mich - nicht einmal spüren lassen, das sie auf dem Zahnfleisch gehen und eigentlich überfordert sind. Sie hatten während meines ganzen einwöchigen Aufenthalts immer ausreichend Empathie und Verständnis. Dafür nochmals ein großes herzliches Dankeschön!

 

© vvg

Mousti       

aus Köln

Das ist eine richtig gute Frage. Ich gebe prinzipiell viele Komplimente, weil sie dem Ego schmeicheln. Sobald man Komplimente bekommt, fühlt sich doch jeder wertgeschätzt. Mein bisheriges letztes Kompliment möchte ich hier austeilen an Vladimir. Ich habe ihn beim Casting für die Sendung „Charming Boys“ kennengelernt und wusste sofort, dass dieser Mann authentisch, herzlich und liebevoll ist. Dass ich mit meiner Meinung über ihn richtiglag, zeigte sich dann auch bei der Ausstrahlung. Vladi war absolut fair, hat sich den Intrigen anderer Boys nicht angeschlossen. Er hat sich nicht verstellt und schämte sich auch nicht, seine emotionale Seite zu zeigen. Das fand ich toll; großes Kompliment.

Mein schönstes Kompliment bekam ich von meinem Ehemann. Am Jahrestag im letzten Sommer, nur 7 Jahre nachdem wir uns begegnet sind - hat er mir einen Heiratsantrag gemacht. Mit Worten, die so schön waren, dass mir Tränen in die Augen kommen, wenn ich darüber spreche. Da habe ich mich zum ersten Mal richtig verstanden und angenommen gefühlt. Das war so emotional und so persönlich, dass ich seine Worte nur für mich in meinem Herzen behalten möchte. Es war nicht nur das schönste Kompliment, sondern auch mein schönster Moment.

Ich komme aus einem anderen Kulturkreis: bin im Libanon sehr herzlich und liebevoll aufgewachsen. Bei uns zu Hause hat man sich mit Komplimenten überschüttet. Es gab keinen Tag, an dem mein Vater meiner Mutter nicht gesagt hat, wie schön sie ist und wie sehr er sie liebt. Und auch wir Kinder wurden ständig gelobt, weil wir etwas schön oder richtiggemacht hatten. Man sollte mit kleinen Komplimenten viel mehr seinen Mitmenschen zeigen, dass man sie zu schätzen weiß.

 

© vvg

Ottomar        

aus Kleve

Ich bin verheiratet mit einem Türken, der vor seiner Familie nicht geoutet ist. Von ihm bekomme ich die schönsten Komplimente. Allgemein immer wieder, dass er mich liebt, dass er mich schön findet, obwohl ich von mir denke, dass ich nicht der Attraktivste bin. Aber für ihn bin ich das! Im Geistigen wie im Körperlichen gibt es keine Hemmungen zwischen uns. Körperlich war es als Deutscher total schwierig für mich, mich da frei zu machen, mir so in und an den Körper schauen zu lassen – und das alles ohne Sexualität! Das hat er mir beigebracht, obwohl er wesentlich jünger ist. Ich habe durch ihn gelernt, ich selbst zu sein.
Es ist für mich auch heute noch immer das schönste Kompliment, wenn er morgens aufsteht, und als erstes sagt: „Ich liebe dich, vergiss das nicht!“. Erst danach beginnt unser Alltag.

Ich habe daraus gelernt, Komplimente an Freunde und Familie auch so weiterzugeben. Das konnte ich zuvor nicht, dass ich z.B. meinen Geschwistern sagen konnte; „Ich liebe euch! Ihr seid ein Teil von mir – von uns. Und ich möchte immer mit euch in Kontakt bleiben auch wenn es Probleme gibt.“

Im Freundeskreis, der nun schon über 30 Jahre besteht - mit dem wir wandern oder mit- und füreinander Kochen - geben wir viel mehr Komplimente als früher. Wenn ich beim Arzt bin oder Einkaufen, sei es durch besondere Höflichkeit oder Fachkompetenz, gebe ich viel mehr Komplimente und Lob. Es freut sich doch ein jeder darüber, wenn man nett zueinander ist und nicht alles als selbstverständlich wahrnimmt. Ich habe durch meinen Mann, der in einer anderen Kultur großgeworden ist, erst im fortgeschritten Alter gelernt, Komplimente zu geben und fühle mich damit sehr wohl.

 

© vvg

Yannic     

aus Paderborn

Ich studiere hier und wir haben uns mit Freunden und Freundinnen verabredet auf den Pader-Pride zu gehen. Viele von uns gehören nicht zur LGBTIQA*-Szene, da es keinen Buchstaben für Heterosexualität gibt. Aber wir solidarisieren uns mit den Anliegen und deshalb denken wir gehören wir auch hierher. Bei der Demonstration habe ich heute ein sehr schönes Kompliment bekommen: Ein junger Mann drückte mir seine Mobilnummer in die Hand. Das fand ich sehr sympathisch, irgendwie süß und habe es als großes Kompliment empfunden, dass er an mir als Mensch Interesse fand, obwohl er gar nichts von mir weiß. Er wirkte sehr schüchtern und es hat ihn sicher einige Überwindung gekostet, als er mir sagte, dass ich ihn doch mal kontaktieren könnte. Eigentlich war es ein nonverbales Kompliment, weil man sonst Komplimente doch mit Worten macht. Vielleicht erlebt man in der schwulen Welt öfter solche Komplimente. Mir als Hetero-Mann ist das zum ersten Mal passiert, vielleicht, weil sonst die Frauen immer erwarten, dass der Mann auf sie zukommt.

Aber wenn man beim Pride mitläuft, sollte man damit rechnen. Ich habe mich vor ihm nicht als Hetero geoutet und ich werde mich umgehend bei ihm melden. Vielleicht finde ich ihn auch noch unter all den Menschen hier.

Selber gebe ich auch Komplimente, selten allerdings direkt, meist, wenn ich über jemanden rede, sage ich, dass ich jemanden bewundere, weil er so viel schlauer ist, oder so begeisterungsfähig und ähnlich. Es sind meist Dinge, die ich bei mir selbst nicht so ausgeprägt finde.
Komplimente entstehen aus der Situation heraus, sonst wäre das Gesagte ja auch nicht echt. Es könnte mehr Komplimente geben, aber die Deutschen sind dazu wohl zu grummelig :-)

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