Skurriler Machtkampf Anwälte sollen bei Anti-LGBTI*-Hassgruppe nachsitzen, um mehr über „Religionsfreiheit“ zu lernen
Es ist ein skurriler Machtkampf, der aktuell in den USA für Schlagzeilen sorgt – der juristische Schlagabtausch könnte dabei am Ende erneut negative Folgen auch für die amerikanische LGBTI*-Community haben. Der erzkonservative Bundesrichter Brantley Starr aus Texas, noch ernannt vom damaligen Präsidenten Donald Trump, hat jetzt drei Anwälten angeordnet, dass sie eine „Schulung in Religionsfreiheit“ absolvieren müssen – und zwar ausgerechnet bei einer der schlimmsten Anti-LGBTI*-Hassgruppen in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Juristischer Streit um die Religionsfreiheit
Hintergrund ist ein juristischer Streit um eine Flugbegleiterin der Southwest Airlines, diese hatte geklagt, nachdem das Unternehmen ihr aufgrund von Hasstriaden die Kündigung ausgesprochen hatte. Die Flugbegleiterin selbst begründete ihre Aussagen indes mit ihrer religiösen Überzeugung – 2021 schließlich wurde die Airline der Diskriminierung für schuldig befunden, denn die Flugbegleiterin habe nur „ihre Überzeugungen für das Leben“ zum Ausdruck gebracht.
Konkret hatte die Stewardess dabei mehrfach über die damals noch aktuellen Abtreibungsrechte in den USA geschimpft und Fake News verbreitet, unter anderem schickte sie auch Nachrichten von angeblich abgetriebenen Föten an die Präsidentin der Gewerkschaft der Airline. Sie beschimpfte diese zudem als „verachtenswert“. Das Gericht sprach der Flugbegleiterin trotzdem rund fünf Millionen US-Doller Schadensersatz zu und wies die Airline außerdem an, die streng gläubige Frau wieder einzustellen.
Machtspiel mit der Fluggesellschaft
Außerdem verfügte der Richter, die Fluggesellschaft müsse in einer Erklärung zugeben, dass sie diskriminiert habe – dies wiederum bestreitet Southwest allerdings bis heute; immer wieder setzt sich das Unternehmen für Frauenrechte sowie auch für die LGBTI*-Community ein. Dabei betonte die Airline, dass das Unternehmen „nachweislich das Recht seiner Mitarbeiter auf Meinungsäußerung unterstützt, sofern dies auf respektvolle Weise geschieht.“
Bundesrichter vergleicht sich mit Gott und Gandalf
Seitdem tobt nun Bundesrichter Starr, in skurrilen Aussagen vergleicht er sein Wort indirekt mit den Worten Gottes sowie dem Zauberer Gandalf aus dem Epos „Herr der Ringe“ – auch seinen Worten seien unbedingt Folge zu leisten. Die drei Anwälte von Southwest sollen deswegen nun die angesprochenen Schulungen bei der Organisation Alliance Defending Freedom, kurz ADF, absolvieren – bundesweit ist diese eine der rabiatesten Vereine, die sich gegen LGBTI*- sowie Frauenrechte richtet.
Die Gruppe will die gleichgeschlechtliche Ehe rückgängig machen, gleichgeschlechtlichen Sex per Gesetz von neuem kriminalisieren, wünscht sich staatlich sanktionierte Sterilisierungen von Trans-Personen und bezeichnet sich selbst als „christliche Rechtsarmee“. Homosexuelle seien größtenteils Pädophile und ihre „Agenda“ würde sowohl das Christentum wie auch die Gesellschaft zerstören. Eines scheint sicher – für seriöse Schulungen ist die ADF nicht geeignet, außer in den Augen von Bundesrichter Starr. Er lobte die Hass-Organisation als „angesehenen Verein, der sich beispielhaft für die Wahrung der Rede- und Religionsfreiheit“ einsetze.
LGBTI*-Community in Sorge
Die Anwälte von Southwest reichten indes inzwischen Unterlagen ein, in denen sie argumentierten, dass die Anordnung von Schulungen zur Religionsfreiheit ein unangemessenes Rechtsmittel darstelle – die Posse wird also weitergehen. Die amerikanische LGBTI*-Community blickt dabei mit großer Besorgnis auf die Entwicklungen, denn schlussendlich könnten diese weiter eskalieren und dabei nicht nur den Kulturkampf im Land noch mehr befeuern, sondern auch gefährliche weitere Präzedenzfälle schaffen, in denen die Religionsfreiheit grundsätzliche Menschenrechte in Frage stellen darf – erst in diesem Jahr hatten auch die Richter am Supreme Court ein schwerwiegendes Urteil gefällt, dass Homosexuelle und queere Menschen weiter gefährden kann.