Armut unter Jugendlichen Je weniger elterliche Bildung, desto größer die Gefahr, gerade bei Minderheiten wie LGBTI*-Jugendlichen.
In den letzten Jahren verschlechterte sich die Lebenssituation von LGBTI*-Jugendlichen in Deutschland immer mehr – das belegten zuletzt bereits mehrere Studien sowie auch Jugendberatungszentren wie das anyway in Köln oder der Verein Coming Out Day. Nebst der Pandemie macht vielen LGBTI*-Jugendlichen auch die aggressiven und stetig steigenden Angriffe und Fälle von Hasskriminalität auf die Community zu schaffen. Nun kommt noch ein dritter Faktor dazu: Armut.
Fast 500.000 LGBTI*-Jugendliche sind armutsgefährdet
Das Bundesamt für Statistik veröffentlichte jetzt die neusten Zahlen zur Armutsgefährdung bei Kindern und Jugendlichen. Das bittere Ergebnis: Die Armutsgefährdungsquote von unter 18-Jährigen, deren Eltern über einen niedrigen Bildungsabschluss und/oder keine berufliche Ausbildung verfügen, lag im Jahr 2022 in Deutschland bei 37,6 Prozent – mehr als jeder dritte Jugendliche mit diesem familiären Background ist davon also betroffen.
Im bundesweiten Gesamtdurchschnitt sind 24 Prozent der Jugendlichen von Armut akut gefährdet – insgesamt sind das 2,2 Millionen Jugendliche unter 18 Jahren, darunter auch rund 484.000 LGBTI*-Jugendliche der Generation Z (Ipsos Studie 2023).
Reiches Land, arme Jugend?
Deutschland liegt damit zwar im europäischen Durchschnitt (24,7%), offenbart aber als eines der wohlhabendsten Länder in der Europäischen Union trotzdem eine massive Schieflage. In mehr als zwei Drittel aller EU-Staaten ist der Anteil der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Kinder und Jugendlichen niedriger als hierzulande. Die Bundesrepublik hat die höchsten Quoten bei der gefährdeten Jugendarmut zusammen mit Ländern wie Rumänien, Bulgarien, Spanien, Italien, Frankreich, Griechenland und die Slowakei.
Armut verschlimmert die Lage von Minderheiten
Je höher der Ausbildungs- oder Bildungsgrad der Eltern indes ist, desto niedriger die Gefahr von Armut für die Jugendlichen – im Mittelstand liegt diese noch bei 14,5 Prozent, in der höchsten Gruppe der Erziehungsberichtigten dann bei nur noch 6,7 Prozent. Per europäischer Definition (EU-SILC) gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1.250 Euro netto im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern waren es 2.625 Euro netto im Monat.
Das Problem, gerade auch für Minderheiten wie LGBTI*-Jugendliche, ist dabei, dass Armut in mehrfacher Hinsicht zu weiteren Problemen führen kann: „Armut ist ein mehrdimensionales Phänomen und kann sich nicht nur in finanziellen, sondern auch in sozialen Faktoren niederschlagen“, so das Bundesamt für Statistik ins einer Analyse.