Queer-Beauftragter von Berlin Die Berliner Community lebe in konstanter Angst vor Angriffen, so Pantisano.
Die Stadt Berlin hat erstmals in ihrer Geschichte ab sofort einen neuen Queer-Beauftragten; wie bereits im April dieses Jahres vermutet, übernimmt Alfonso Pantisano das Amt. Der schwarz-rote Berliner Senat legte sich gestern bei seiner Sitzung auf den 48-Jährigen fest.
Pantisano ist Sozialdemokrat, Vorsitzender der SPDqueer in Berlin und war bis vor kurzem im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschlands. Beruflich ist er zudem als Moderator tätig. Nach der Berliner Wahlwiederholung wurde Pantisano kurzzeitig auch persönlicher Referent der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, nun ist er der neue und erste Queer-Beauftragte Berlins.
Streitbarer Geist innerhalb und außerhalb der Community
In der Berliner Szene gilt der 48-Jährige als streitbarer Geist, der mitunter auch innerhalb der LGBTI*-Community ab und an aneckt. Politisch hatte Pantisano zuletzt 2022 beim damaligen Regierungspartner, den Berliner Grünen, für Unmut gesorgt, als er die desaströse Versorgungspolitik von Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) mit Impfstoffen gegen die Affenpocken scharf kritisierte und erklärte, dass der grünen Senatorin die Community und das Thema Affenpocken offensichtlich egal seien.
Berliner Grüne stellen Notwendigkeit des Amtes in Frage
Über die Wahl des neuen Queer-Beauftragten durften die Berliner Grünen nicht mehr mitentscheiden, sie befinden sich seit der Wahlwiederholung vom Frühjahr 2023 in der Opposition. Wenig verwunderlich kritisierten sie jetzt auch direkt die neue Stelle des Berliner Queer-Beauftragten, man sei vor „vollendete Tatsachen“ gestellt worden und zudem stehe in Frage, ob es überhaupt eine „Notwendigkeit“ für ein solches Amt in Berlin gebe. Die Aufgaben des neuen Queer-Beauftragten seien dabei losgelöst von den Bedürfnissen der Community und so sei das gesamte Unterfangen unwürdig für die Regenbogenhauptstadt, so die Berliner Grünen weiter.
Konstante Angst vor Angriffen
Gegenüber der Berliner Zeitung erklärte Pantisano, dass es großen Handlungsbedarf bezüglich der Lebenssituation von LGBTI*-Menschen in Berlin geben würde. „Es gibt noch so viele rechtliche Missstände, an die wir ranmüssen. Wir sagen auf der einen Seite, Berlin ist die Regenbogenhauptstadt, und unter diesem Schirm des Regenbogens geben wir vor, dass man sich hier sicher fühlen kann. Doch die Realität sieht anders aus, denn viele queere Menschen leben in konstanter Angst vor Diskriminierung oder Angriffen.“
Attacken auf schwule Männer sind Alltag in Berlin
Und in der Tat sind wie landesweit auch in Berlin die Fälle von Hasskriminalität zuletzt stark angestiegen, die Gewaltberatungsstelle Maneo verzeichnete offiziell im vergangenen Jahr rund 760 Angriffe, wobei 80 bis 90 Prozent der Attacken gar nicht erst gemeldet werden würden. Realistisch betrachtet kann also von über 7.000 Angriffen auf LGBTI*-Menschen im Jahr 2022 allein in Berlin ausgegangen werden.
Die meisten Vorfälle geschehen in der Öffentlichkeit, beispielsweise im Nahverkehr. Zumeist kommt es dabei zu Beleidigungen, Körperverletzungen, Bedrohungen sowie Nötigungen. In den allermeisten Fällen werden schwule Männer angegriffen. Maneo spricht in diesem Zusammenhang von einem „tiefverankerten gesellschaftlichen Problem“. Viel zu tun für den neuen Queer-Beauftragten der Regenbogenhauptstadt.