Drag-Lesung in München Mehrheit der Münchner skandieren: München ist bunt!
Die hitzigen Diskussionen um Kinderbuch-Lesungen von Drag-Darstellern fanden in Deutschland heute Nachmittag ihren bisherigen Höhepunkt von der Stadtbibliothek in München Bogenhausen. Hunderte Menschen, Gegner wie Befürworter, standen sich mit Plakaten lautstark gegenüber, während in der Bücherei für 75 Kinder und ihre Eltern die Lesung stattfand.
Die Münchner Polizei war mit rund 200 Mann vor Ort und konnte nach Angaben der Süddeutschen Zeitung auch verhindern, dass Demonstranten in das Gebäude eindrangen; die Lesung selbst verlief friedlich und ungestört. Die Stadtteilbibliothek Bogenhausen erklärte allerdings, dass das Haus über Nacht mit diversen Drohnachrichten beschmiert worden war.
Lesung ohne junge Trans-Autorin
Die beiden Drag-Performer Vicky Voyage und Drag King Eric BigClit hatten es sich zur Aufgabe gemacht, aus Kinderbüchern für Kinder ab vier Jahren vorzulesen; die ebenso eingeladene, 13-jährige Trans-Autorin Julana Gleisenberg sagte ihre Buchvorstellung aus Angst vor Gewalt kurzfristig ab. In ihrem Buch erzählt sie von ihrem Wandel von einem biologischen Jungen hin zu einem Trans-Mädchen. Mit neun Jahren war der Trans-Autorin bewusst geworden, dass sie transsexuell ist.
„Euer Hass tötet Menschen“
Vor der Stadtbibliothek skandierten indes beide Seiten lautstark, getrennt durch die Polizei. Gegen die Veranstaltung hatte die AfD, ein christlicher Verband und zwei weitere Gruppen aufgerufen. Auf den Plakaten waren Slogans zu lesen wie „Hände weg von unseren Kindern!“, „Wer Kinder kastriert ist ein Verbrecher“ oder auch „Drag Devels schleichts euch – Finger weg von den Kindern“.
Dem gegenüber stand das Bündnis „München ist bunt“, dazu aufgerufen hatte der CSD München. Viele Demonstranten kamen kostümiert oder geschminkt, darunter auch weitere Drag-Queens. Sie warben mit Plakaten wie „Bunt ist besser“, „Euer Hass tötet Menschen“ oder „Faschismus tötet Glitzer nicht“ für Vielfalt und Diversität. Nach Angaben der Polizei trafen rund 220 Gegner der Lesung auf rund 500 Befürworter der Veranstaltung.
Debatte radikalisiert sich wie in den USA
Die heutigen Proteste stellen den bisherigen Höhepunkt im Streit um Drag-Lesungen vor Kindern in Deutschland dar, in den USA wird diese Debatte bereits seit geraumer Zeit mit größerer Radikalität geführt. In München kritisierten im Vorfeld die CSU, die Freien Wähler und die AfD die Kinderbuchlesung. Unterstützung fand das Vorhaben von LGBTI*-Verbänden und den Grünen.
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte sich zunächst ebenso skeptisch dazu geäußert, sich schlussendlich aber um Verständigung bemüht. Zusätzlich angeheizt hatte die AfD die Stimmung mit Plakaten in der bayerischen Hauptstadt, auf denen ein Drag-Darsteller mit einem Kleinkind und dem Slogan „Hände weg von unseren Kindern!“ zu sehen war. Es gingen zwar auch mehrere Strafanzeigen wegen Volksverhetzung ein, doch die Stadt München stellte auf Rückfrage der Abendzeitung inzwischen klar, dass nach sorgfältiger rechtlicher Prüfung keine eindeutige Erfüllung eines Straftatbestandes festzustellen sei.