Sie stellt gegen Meloni Hetze gegen italienische Oppositionsführerin Elly Schlein
Seit kurzem ist Elly Schlein (37) Vorsitzende von Italiens größter Oppositionspartei. Sie ist die erste Frau, die es jemals an die Spitze der Partito Democratico schaffte. Seither wurde die Politikerin jedoch das Ziel zahlreicher antisemitischer, frauen- und LGBTI*-feindlicher Hassbotschaften.
Von Schmiererei beleidigt
Auf einer Mauer in der Stadt Viterbo nördlich von Rom sprayte jemand: „Elly Schlein, dein Gesicht ist schon ein makaberes Schicksal.“ Unter der Botschaft prangt ein Hakenkreuz. Ein Foto der Beleidigung sorgte für Empörung und Solidarität aus allen politischen Lagern – auch Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (45) kritisierte die Schmiererei als „beschämenden und unwürdigen Akt“. Dennoch gibt es weiterhin keine klaren Maßnahmen gegen Angriffe im Netz oder zum Schutz vor Hass und Diskriminierung – etwas, das Schlein in ihrer Antrittsrede explizit forderte.
Antisemitismus in Italien
Dabei ist der Spruch jedoch nur einer von vielen Schmähungen gegen Schlein. In den sozialen Medien kursieren beispielsweise bearbeitete Fotos, in denen sie als Raffzahn verunstaltet wurde. Laut Tagesschau ist die jüdische Gemeinde in Rom überaus beunruhigt über die Angriffe gegen die Politikerin: „Ich drücke meine Solidarität mit der Parteivorsitzenden der Partito Democratico wegen der antisemitischen Schrift aus“, so Ruth Dureghello, die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde. „Das sind inakzeptable Drohungen, auf die wir entschieden reagieren müssen.“
Partei auf Kollisionskurs
Die bisherigen Beleidigungen könnten allerdings nur der Anfang sein – denn unter Schlein schlagen die Sozialdemokrate einen bewusst feministischen und LGBTI*-freundlichen Kurs ein. Mit diesem bietet die Partei einen klaren Gegenentwurf zur rechtskonservativen Regierungspartei unter Meloni.
Auch Meloni ist die erste Frau in ihrer Position. Im Wahlkampf stellte sie sich mit nationalistischen und familiären Werten vor: „Ich bin Giorgia, ich bin eine Frau, ich bin eine Mutter, ich bin Italienerin, ich bin Christin.“ Schlein bezog sich vor kurzem auf genau diesen Wahlspruch: „Ich bin eine Frau. Ich liebe eine andere Frau und bin keine Mutter, aber deshalb bin ich nicht weniger weiblich.“
Ursprung des Hasses
Schlein provoziert laut Journalistin Daniela Preziosi, weil sie sich den in Italien vorherrschenden patriarchalischen Strukturen offen entgegensetzt: „Offensichtlich hatte [Schlein] die Kraft, sich von gewissen frauenfeindlichen, ja sogar paternalistischen Fesseln zu befreien, die auch in der Struktur der Partei selbst liegen.“ Das sei eine symbolische Revolution.
Für Professor Filippo Tronconi ist Schleins Wahl das Ergebnis einer mühsamen Identitätssuche der sozialdemokratischen Partito Democratico: „Sie war zuletzt eine sehr gemäßigte Partei, die mit fast jedem regieren konnte. Und vielleicht haben sich die Wählenden nach so vielen Jahren deswegen für eine Führung mit einer eindeutig linken Identität entschieden.“ Und genau diese von Schlein verkörperte Identität löse „bei radikalen Minderheiten eine Menge Aggression aus. Das Internet und die sozialen Medien sind ein phantastischer Resonanzkörper für all diesen Hass.“
Unterstützung in Bologna
An der Universität in Bologna, die als besonders liberal gilt, gibt es viel Unterstützung für Schlein: „Ich bin froh und hoffe, dass es immer mehr Frauen in der Politik geben wird, die es schaffen, Machtpositionen zu erlangen.“ „Sie bringt eine Menge neuer Energie, sie ist sehr jung und öffnet die Türen für junge Themen wie Umweltschutz, Intersektionalismus, Feminismus. Das sind die Fragen, die uns interessieren.“