Neue Regeln bei der Blutspende Werden schwule Männer durch das neue Gesetz wirklich nicht mehr diskriminiert?
Das erste Gesetzesvorhaben in dieser Woche zur Verbesserung der Lebensrealität von schwulen Männern wurde wie berichtet umgesetzt – die Ampel-Koalition beschloss, die bisherigen Richtlinien für homosexuelle Männer bei der Blutspende zu ändern. Künftig soll nur noch das persönliche Risikoverhalten von Belang sein, eine pauschale Einteilung von schwulen Männern als besondere Risikogruppe entfällt. Ebenso die bisherigen Regeln, wonach schwule und bisexuelle Männer vier Monate sexuell abstinent gelebt oder höchstens einen festen Partner gehabt haben dürfen, bevor eine Blutspende möglich ist.
Skepsis bei der Deutschen Aidshilfe
Nach dem Beschluss in dieser Woche meldeten sich mehrere LGBTI*-Verbände und begrüßten ausdrücklich die zeitnahe Umsetzung. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland erklärte, dass endlich ein „zentraler Schritt zur Beendigung der Diskriminierung“ getan worden sei. Auch die Deutsche Aidshilfe freut sich grundsätzlich über das neue Gesetz, blickt allerdings noch mit Skepsis auf die Umsetzung der Bundesärztekammer – diese hatte sich bis zuletzt geweigert, neue Richtlinien umzusetzen. Jetzt wäre sie in der Pflicht, kommt sie dem binnen von vier Monaten nicht nach, sollen nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das Robert Koch-institut sowie das Paul-Ehrlich-Institut die Arbeit übernehmen.
Die Deutsche Aidshilfe dazu: „Es liegt nun in der Verantwortung der Bundesärztekammer eine konkrete neue Regelung zu erarbeiten, die Risiken wirkungsvoll ausschließt, ohne zu diskriminieren. Ob die neue Regelung die schwierige Fragestellung zufriedenstellend lösen wird, lässt sich allein auf Grundlage des Gesetzestextes nicht sagen. Alles hängt davon ab, wie die Praxis von Rückstellungen in Zukunft in der Hämotherapie-Richtlinie geregelt wird. Eine Einschätzung, wie sich eine noch zu findende neue Regelung auf die Sicherheit von Blutprodukten auswirken wird, ist noch nicht möglich. Entscheidend wird sein, ob alle Möglichkeiten zur Reduzierung von Risiken ausgeschöpft werden, die keinen unnötigen Ausschluss bedeuten. Kurz: Ob die neue Regelung Diskriminierung wirklich verhindert und die Sicherheit von Blutprodukten gewährleistet, lässt sich anhand dieser gesetzlichen Vorgabe noch nicht beurteilen.“
Freude seitens der Politik
Freudig hingegen blicken Mitglieder der Ampel-Koalition auf das neue Gesetz. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, sprach von einer „überfälligen Klarstellung“ und sagt zudem: "Es ist ein starkes Signal des Bundestags, die bestehende Diskriminierung bei der Blutspende gesetzlich zu untersagen." Lehmanns Kollegin Tessa Ganserer von den Grünen erklärte: „Diese diskriminierende und stigmatisierende Regelung hätte schon längst der Vergangenheit angehören müssen. An diesem Relikt aus vergangenen Zeiten sehen wir, wie tiefgreifend Diskriminierungen gegenüber allen queeren Menschen in unsere Systeme und Rechtsprechungen eingeschrieben sind und wie mühselig es ist, diese zu beseitigen.“
Und der queer-politische Sprecher der FDP stellte fest: „Fast ein Jahrzehnt habe ich mit vielen Unterstützern dafür gekämpft, dass ausschließlich das individuelle Risikoverhalten und nicht die sexuelle oder geschlechtliche Identität über die Zulassung zur Blutspende entscheidet. Ich freue mich darauf, dass ich als schwuler Mann nun bald Blut spenden darf!“