Norwegens neue Trans-Politik Gesundheitskommission stuft Pubertätsblocker als experimentell ein
Mit viel Verständnis und unter Einbindung unterschiedlicher Standpunkte hat sich die Nationale Untersuchungskommission für das Gesundheits- und Pflegewesen (UKOM) in Norwegen jetzt ausführlich dem Thema Geschlechtsdysphorie und Transitionswunsch bei Kindern und Jugendlichen gewidmet. Dabei betont UKOM: „In der Öffentlichkeit gibt es eine anhaltende Debatte über Behandlungsmöglichkeiten für Geschlechtsinkongruenz. Diese ist anspruchsvoll, und viele Menschen zögern, sich an der Debatte zu beteiligen. Es kann schwierig sein, sich daran zu beteiligen, weil es sowohl zwischen den Gruppen als auch innerhalb der Gruppen große Meinungsverschiedenheiten gibt. Wir sind uns bewusst, dass die Wahl der Worte und das Verständnis für die Komplexität wichtig sind. Die Situation der Ungewissheit und Uneinigkeit wirkt sich auf die Entwicklung der Gesundheitsdienste aus.“ Ziel der Studie sei es dabei gewesen, eine sichere Hilfe und Behandlung für Kinder und Jugendliche mit Geschlechtsinkongruenz zu gewährleisten.
Besondere Wachsamkeit bei Jugendlichen nötig
Für den ausführlichen Bericht hat UKOM mit Akteuren sowohl von Seiten der Behörden, des Gesundheitspersonals als auch der Patienten- und Angehörigenorganisationen gesprochen. Die Kommission sah sich dazu veranlasst, die aktuelle Sachlage allein schon deswegen zu untersuchen, da die Fallzahlen zuletzt sehr stark angestiegen sind. Gab es bis 1990 noch im Durchschnitt vier Überweisungen pro Jahr bezüglich einer Geschlechtsdysphorie bei Kindern und Jugendlichen, verzeichneten die Behörden in den letzten Jahren seit 2018 bis zu 600 Fälle jährlich.
Der größte Anstieg ist dabei bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verzeichnen, die bei der Geburt als Mädchen registriert wurden, sich aber als Jungen identifizieren. „Unser besonderes Augenmerk gilt daher Teenagern und jungen Menschen mit Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie, die medizinische Hilfe suchen. Kinder und Jugendliche sind körperlich, geistig, sexuell und sozial noch nicht voll entwickelt. Dies erfordert besondere Wachsamkeit im Hinblick auf die Patientensicherheit. Unsere Erkenntnisse und Empfehlungen werden auch für die Dienstleistungen für Erwachsene relevant sein“, so UKOM weiter.
Mangel an forschungsbasiertem Wissen
Zusammenfassend stellt UKOM dabei fest, dass die nationalen Leitlinien für Geschlechtsinkongruenz überarbeitet werden müssen, um eine gleiche und gute Behandlung für alle zu gewährleisten. UKOM empfiehlt daher, die pubertätsverzögernde Behandlung (Pubertätsblocker) sowie die hormonelle und chirurgische Behandlung zur Bestätigung des Geschlechts bei Kindern und Jugendlichen als „Versuchsbehandlung“ beziehungsweise „experimentelle Behandlung“ zu definieren.
„Die Evidenzbasis, insbesondere das forschungsbasierte Wissen über geschlechtsangleichende hormonelle und chirurgische Behandlungen, ist unzureichend, und die langfristigen Auswirkungen sind nicht gut bekannt. Dies gilt insbesondere für die jugendliche Bevölkerung, bei der die Stabilität ihrer Geschlechtsinkongruenz ebenfalls nicht bekannt ist. Es mangelt an forschungsbasiertem Wissen über die Behandlung von Patienten mit nicht-binärer Geschlechtsinkongruenz.“
Gesundheitssystem überfordert mit Situation
Vielerorts seien deswegen Gesundheitsdienstleister bezüglich der Anzahl der Fälle als auch des fundiert medizinischen Umgangs selbst überfordert. Die UKOM spricht von einer „Lücke“ zwischen den Leitlinien und den derzeit verfügbaren Dienstleistungen. „Ohne eine gut dokumentierte Evidenzbasis und ohne einen guten Überblick über die negativen und schädlichen Aspekte der verschiedenen Behandlungen ist es für den Gesundheitsdienst schwierig, die Erwartungen zu erfüllen.“ Es bedarf also neuer Grundsätze im Umgang für Behandlungen von Jugendlichen mit Transitionswunsch.
Meinungsklima birgt Gefahren in sich
Dabei rät UKOM angesichts der dünnen bisherigen Wissenslage zur Vorsicht, auch und gerade im Umgang mit Medien: „Wir erkennen an, dass sich im Bereich der Geschlechtsinkongruenz ein herausforderndes Meinungsklima entwickelt hat. Das Klima der Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit wirkt sich auf die Informationen aus, die Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie und ihren Familien zur Verfügung stehen. Es hat erhebliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, auch in Bezug auf Behandlung und Gesundheitsdienste. Wir hören von allen Seiten von Ängsten und Befürchtungen, etwas falsch zu machen. Unterschiedliche Auffassungen darüber, was die richtige Behandlung ist, können zu einem schwierigen Spannungsverhältnis führen.“
Neue Leitlinien streng nach Faktenlage
Wichtig sei es daher, eine konstruktive Gemeinschaft für all diejenigen zu schaffen, die sich für eine gute Gesundheitsversorgung von Menschen mit Geschlechtsinkongruenz einsetzen wollen – frei von Dogmen oder Vorurteilen. Das Gesundheitsministerium solle deswegen die nationalen fachlichen Leitlinien zur Geschlechtsinkongruenz überarbeiten – die Überarbeitung sollte dabei auf einer „systematischen Wissenssynthese“ beruhen. Pubertätsblocker sowie hormonelle und chirurgische Behandlungen zur Geschlechtsangleichung bei Kindern und Jugendlichen müssten als experimentelle Prüfbehandlung definiert werden. Zudem solle ein nationales medizinisches Qualitätsregister für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie eingerichtet werden.