Direkt zum Inhalt
Ja zur Selbstbestimmung

Ja zur Selbstbestimmung Kinder jeden Alters dürfen ihr Geschlecht frei wählen

ms - 10.02.2023 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Das Selbstbestimmungsgesetz in Spanien kommt! Zuletzt im Dezember 2022 hatten die Abgeordneten im Parlament trotz heftiger Debatten das Gesetzesvorhaben mehrheitlich verabschiedet. Es sieht vor, dass künftig Minderjährige ab 12 Jahren in unterschiedlichen Abstufungen ihren offiziellen Geschlechtseintrag ändern lassen können, ein genereller Namens- und Geschlechtswechsel selbst ist auch bereits vor dem 12. Lebensjahr künftig möglich. Mit einer Mehrheit von 144 zu 108 Gegenstimmen wurde der Entwurf im Senat angenommen, muss jetzt aber aufgrund kleinerer Änderungen noch einmal final im Kongress in zwei Wochen verabschiedet werden.

Gleichstellungsministerin feiert neues Gesetz

Selten spaltete dabei ein Gesetzesvorhaben so massiv die politische Landschaft und auch die Gesellschaft in Spanien. Hunderte Mediziner wie auch große Medien und Politiker unterschiedlicher Parteien hatten vor dem neuen Gesetz gewarnt, darunter auch die Spanische Gesellschaft für Psychiatrie oder die Madrider Ärztekammer. Auch die spanische Regierung selbst zeigte sich quer durch die Parteien zerstritten. Die Kritik war dabei stets gleich: Das neue Gesetz könne eine unreflektierte, geschlechtsangleichende Behandlung von Kindern massiv vorantreiben, die durch soziale Netzwerke dazu ermutigt werden könnten.

Befürworter des Selbstbestimmungsgesetzes wie die spanische Gleichstellungsministerin Irene Montero (siehe Bild) von der Linkspartei begrüßten indes die Zusage aus dem Senat – sie sprach von einem der „wichtigsten Gesetze dieser Legislaturperiode“ und erklärte, sie wolle sich dafür einsetzen, dass dieses Gesetz „tatsächlich jeden Winkel des Landes erreicht“, obwohl es „Widerstand gegen seine Anwendung“ geben wird.

Geschlechtswahl bereits unter 12 Jahren

Im Detail hält das neue Gesetz fest, dass bereits Kinder unter 12 Jahren ihr Geschlecht und den damit verbundenen neuen Vornamen frei wählen dürfen, Lehrer und Schulen müssen dies beachten. Ab dem 12. Lebensjahr ist dann eine juristische Geschlechtsänderung in allen Dokumenten möglich, zunächst mit Zustimmung eines Familiengerichts beziehungsweise ab dem 14. Lebensjahr der Eltern. Ab dem 16. Lebensjahr können Jugendliche eigenständig allein darüber entscheiden. Jedwede zwingende medizinische oder psychologische Abklärung ist nicht mehr nötig. Auch eine fachliche Diagnose zur Geschlechtsdysphorie wird hinfällig.

Bedenken von Ärzten

Die verabschiedete Reform umfasst weitere rechtliche Aspekte für LGBTI*-Menschen, darunter auch ein Konversionstherapieverbot, welches nebst Homosexuellen auch Trans-Personen miteinschließt. In der Kombination mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz äußerten in den letzten Monaten hunderte Ärzte ihre Bedenken, dass dies zur Folge haben könnte, dass eine Selbstdiagnose bei einem Kind oder Jugendlichen gar nicht mehr von fachärztlicher Seite hinterfragt werden dürfe.  

Streit im Senat

Auch vor der Abstimmung im Senat war es abermals zu heftigen Diskussionen gekommen. In mehreren Redebeiträgen wurden internationale Problemfälle rund um ein Selbstbestimmungsgesetz angeführt, beispielsweise Schweden, dessen Regierung gerade den Zugang von Minderjährigen zu Hormonbehandlungen weitestgehend einschränkt. Ebenso wurde der Bericht der UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen, Reem Alsalem, genannt, die davor gewarnt hatte, dass durch solche Gesetze "die Rechte der Frauen erneut eingeschränkt werden können."

Heftig diskutiert wurde auch die aktuelle Situation in Großbritannien, wo in diesem Frühjahr die Abteilung für Transition der Tavistock Klinik nach massiver Kritik geschlossen wird. Derzeit wird eine Sammelklage von über 1.000 Menschen vorbereitet, die sich falsch und vorschnell behandelt fühlen. Ein spanischer Abgeordneter fragte bezugnehmend darauf in der Debatte im Senat: "Sind diese rund 1.000 britischen Bürger alles gefährliche Transphobiker oder einfach nur Opfer eines solchen Gesetzes, das nicht die nötige Reflexion erfordert?" Mehrfach erklärten die Kritiker auch, ein Gesetz wie jenes jetzt in Spanien würde Kinder in die "Ecke des Irreversiblen" drängen, sprich in vielen Fällen zu Hormonbehandlungen führen oder verleiten. Man müsse die "schwerwiegenden Folgen" beachten. Gleichstellungsministerin Montero widersprach vehement diesen Äußerungen und betonte, dass bald "Jungen, Mädchen und Kinder von frühester Kindheit an in der Lage sein werden, so zu sein, wie sie sind.“

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Folter in der Universität

Horrortat in Bangladesch

In Bangladesch wurden sieben Studenten an einer Universität von religiösen Kommilitonen über Stunden gefoltert, weil sie mutmaßlich schwul sind.
Furcht in Kalifornien

Was geschieht bei den Wahlen 2026?

Kalifornien ist für viele LGBTIQ+-Menschen seit Trumps Amtsantritt der letzte Zufluchtsort in den USA geworden. Das könnte sich 2026 ändern...
Rollback in Brasilien

Ablehnung gegenüber der Homo-Ehe

Paukenschlag in Brasilien: Nur noch 36 Prozent der Einwohner befürworten die Homo-Ehe. Eine radikale Kehrtwende binnen kürzester Zeit.
Gedenkzebrastreifen in Florida

Regierung lässt Symbol übermalen

Die US-Community ist wütend: In Orlando wurde der Zebra-Gedenkstreifen zum Andenken an die 49 Opfer des Pulse-Attentats übermalt.
Keine Bewährung für Menendez

Erik Menendez bleibt in Haft

Die Menendez-Brüder sind spätestens seit det Netflixserie weltbekannt. Aktuell kämpfen sie um eine Haftentlassung, in einem Fall scheiterte das nun.
Abschiebung in die Türkei

LeTRa übt scharfe Kritik

Letzte Woche wurde eine lesbische Türkin in ihre Heimat abgeschoben, obwohl ihr dort massiv Gewalt droht. LeTRa München übt Kritik an dem Verfahren.
Aufruhr in Florida

Neue Buchverbote im Sunshine State

In Florida wurden weitere LGBTIQ+-Bücher jetzt auf den Index gesetzt. Lehrern, die sich wehren, wird mit Massenentlassungen gedroht.
Lediglich 22 % Zustimmung

Gendern ist bei Gen Z unpopulär

Die deutsche Mehrheit lehnt Gendern bis heute ab. Die neusten Daten zeigen: Auch die junge, queeraffine Gen-Z kann größtenteils damit nichts anfangen.
Miese Betrugsmasche

LGBTIQ+-Aktivisten wurden abgezockt

Mieser Betrug: Kriminelle luden LGBTIQ+-Aktivisten zu Konferenzen nach Kanada ein und verlangten vorab Gebühren – doch die Events gab es gar nicht.