Gay-Museum in Russland Ein letzter Aufschrei vor dem finalen Kampf gegen Homosexuelle
Es ist fürwahr nur ein kurzer aber dafür sehr effektiver und extrem mutiger Protest gegen die Verschärfung des Anti-Homosexuellen-Gesetzes in Russland: Der russische Künstler Pjotr Woskresenskij hat in Sankt Petersburg das erste Gay-Museum Russlands eröffnet. Die Einrichtung dürfte nur für wenige Wochen oder Tage Bestand haben, denn sobald das neue Gesetzesvorhaben von Putin unterzeichnet ist, wird das Museum seine Pforten wieder schließen – schließen müssen.
Schwules Sexverbot in Russland?
Die Verschärfung des, seit 2013 bereits existierenden Gesetzes verbietet künftig jedwede Werbung oder positive Darstellung von Homosexualität auch für alle erwachsenen Russen – bisher galt dieser “Schutz“ nur für Minderjährige. Das russische Parlament votierte zuletzt einstimmig für die Verschärfung der Richtlinien, nach einer obligatorischen Überprüfung durch das Oberhaus fehlt dann nur noch die finale Unterschrift von Präsident Wladimir Putin. Höchstwahrscheinlich noch in diesem Jahr wird das Gesetz rechtskräftig werden.
Für den Aktivisten Woskresenskij bedeutet das neue Gesetz faktisch ein Verbot von Homosexualität und auch von homosexuellem Sex, denn die Richtlinien können sehr willkürlich ausgelegt werden – ist nicht bereits gleichgeschlechtlicher Sex ein Zeugnis davon, dass beide Männer offensichtlich Homosexualität als gut definieren? Das reicht mitunter schon aus, um sich künftig strafbar zu machen.
Nackte Athleten als Freiheitskämpfer
Gegenüber der Frankfurter Rundschau erklärte Woskresenskij weiter, dass künftig jedwede Demonstration, Information oder Gespräche über Homosexualität verboten sein werden, das betreffe auch hunderte Bücher, Filme und Kunstwerke, weswegen der Aktivist einige der dann definitiv verbotenen Stücke in diesen Tagen wahrscheinlich das letzte Mal für lange Zeit in St. Petersburg der Öffentlichkeit präsentiert.
Darunter auch zwei nackte Athleten in Bronze gegossen, die vor rund 2.500 Jahren bei einem Umsturzversuch gegen den Despoten Hippias umkamen. Ihre Mitbürger setzten den beiden Freiheitskämpfern daraufhin ein Denkmal und mit einem Schmunzeln erklärt Woskresenskij der Rundschau weiter: „Unsere Machthaber wollen die Vergangenheit wiederholen. Und dieses Exponat zeigt, dass sich die Vergangenheit auf ganz andere Weise wiederholen kann, als diese Despoten es sich vorstellen.“
Gay-Community in Angst
Spätestens sobald die Gesetzesverschärfung in Kraft tritt, wird der Aktivist sein Museum wieder schließen, anderenfalls drohen hohe Geldstrafen, je nach Auslegung reicht die Spanne von umgerechnet 6.400 Euro für Privatpersonen bis zu 80.000 Euro für Unternehmen sowie juristische Personen. Ausländern, die “Werbung“ für Homosexualität betreiben, drohen zudem eine zweiwöchige Haftstrafe und die anschließende Ausweisung aus Russland. Die größtenteils bereits jetzt versteckt lebende Gay-Community hat große Angst vor dem, was kommt – viele Theater und Nachtclubs haben bereits jetzt ihr Programm geändert, um keinesfalls gegen die neuen Richtlinien zu verstoßen.
Aktivist Woskresenskij erklärt so abschließend mit bitterer Miene gegenüber der Frankfurter Rundschau: „Es entsteht eine totalitäre Diktatur, die zuerst die Minderheiten trifft. Ich rate allen, die es können, das Land zu verlassen.“ Passend dazu hat Präsident Putin erst vor kurzem bekräftigt, dass homosexuelle Russen künftig nur noch die Wahl zwischen Gefängnis und dem Dienst an der Waffe im Ukraine-Krieg haben würden. Gleichzeitig schloss er weitestgehend alle Grenzen, um die Flucht von jungen Kriegsdienstverweigerern zu unterbinden.