Weniger HIV-Fälle bei Schwulen Trotzdem: Jede dritte HIV-Diagnose kommt zu spät
Positive Nachrichten kommen heute vom Robert-Koch-Institut (RKI) – die Zahl der schwulen Männer, die sich mit HIV infiziert haben, ist im Jahr 2021 zurückgegangen. Insgesamt stagnieren die Zahlen allerdings auf einem gleichbleibenden Niveau. Insgesamt kam es im vergangenen Jahr zu rund 1.800 bestätigten Neuinfektionen.
Dunkelziffer von mindestens 10 Prozent
Das RKI rechnet aktuell dabei mit einer Dunkelziffer von mindestens 10 Prozent, sprich, rund weitere 180 Personen haben sich höchstwahrscheinlich 2021 angesteckt, ohne von ihrem HIV-Status zu wissen. Die Zahl der unentdeckten Fälle könnte laut RKI dabei noch höher liegen, weil aufgrund der Corona-Pandemie viele HIV-Tests nicht mehr stattgefunden haben, die Schwerpunkte lagen in Deutschland wie auch weltweit bei der Bekämpfung von Covid-19. Massiv von der Situation betroffen zeigte sich bereits die USA, wo die Zahl der HIV-Fälle höchstwahrscheinlich, sowie die Anzahl der Syphilis-Neuinfektionen definitiv aufgrund dessen angestiegen sind.
UNAIDS-Ziel kann in Deutschland erreicht werden
In Deutschland liegt der Anteil der diagnostizierten HIV-Infektionen laut RKI allerdings wie im Vorjahr bei etwa 90 Prozent. Der Anteil der antiretroviral therapierten HIV-Infektionen liegt bei 96 Prozent, von denen ebenfalls etwa 96 Prozent als erfolgreich therapiert gelten. Die Ausgangslage ist in Deutschland mit Blick auf HIV eine durchaus sehr gute, denn die meisten der geplanten Punkte zur weltweiten HIV-Bekämpfung für das Jahr 2030 treffen für die Bundesrepublik bereits heute schon zu. Das von UNAIDS formulierte Ziel für 2030 ist die “95-95-95-Formel“: Im Jahr 2030 sollen mindestens 95 Prozent der Menschen mit HIV von ihrer Infektion wissen, mindestens 95 Prozent davon entsprechende Medikamente erhalten und mindestens 95 Prozent der Behandelten erfolgreich therapiert werden.
Jede dritte Diagnose kommt zu spät
Das RKI gibt dabei allerdings auch zu bedenken, dass die Arbeit an und mit HIV deswegen nicht vernachlässigt werden dürfe: „Wie das Epidemiologische Bulletin ausführt, bedarf es jedoch weiterer Anstrengungen, um den Rückgang der HIV-Neuinfektionen zu verstetigen: Neben einer Reduktion der HIV-Neuinfektionen muss auch die Anzahl der nicht diagnostizierten Infektionen verringert und eine Therapie für alle in Deutschland lebenden Menschen mit HIV zugänglich gemacht werden.“ Nach wie vor werden HIV-Diagnosen auch heute noch oftmals erst Jahre nach der Infektion gestellt, so das RKI. Dabei gilt die klare Devise: Je früher die Infektion erkannt und behandelt wird, desto höher die Chancen auf ein langes Leben auch mit HIV. Jede dritte HIV-Infektion (33 %) in Deutschland wurde mit einem bereits fortgeschrittenen Immundefekt diagnostiziert, beinahe jede fünfte (18 %) sogar erst mit dem Vollbild AIDS, so das RKI weiter.
Weniger Homosexuelle unter den Neu-Infektionen
Erfreulich ist, dass weniger schwule Männer unter den Neu-Infektionen sind, wenngleich sie mit 1.000 Menschen im Jahr 2021 immer noch die Mehrheit stellen. Das entspricht einem Rückgang um rund 100 Fälle im Vergleich zum Vorjahr. Auf dem zweiten Platz bei der Gruppe der Neu-Infizierten sind mit 440 Fällen heterosexuelle Personen, die sich beim Sex infiziert haben – eine Konstante, die seit Jahren ziemlich gleichbleibend ist. 320 Menschen haben sich dann im Jahr 2021 beim intravenösen Drogengebrauch mit HIV infiziert. Insgesamt gibt es damit aktuell in Deutschland rund 90.800 Menschen mit HIV, wobei bis zu 8.600 weitere Personen mit HIV nichts von ihrer Infektion wissen.
Therapiemethoden sind erfolgreich
Positiv ist auch der Blick auf die Statistik im Bereich Therapie, so das RKI: „Die aktuellen Daten weisen darauf hin, dass der Ausbau von zielgruppenspezifischen Testangeboten und ein früherer Behandlungsbeginn auch in Deutschland Erfolge gezeigt haben. Es bedarf aber weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der zielgruppenspezifischen Testangebote, um den Zugang zur Therapie für alle in Deutschland mit HIV lebenden Menschen zu gewährleisten.“ Wie schon im Frühjahr äußerte sich das RKI auch heute noch nicht abschließend zum Einfluss der PrEP, da aufgrund von Covid-19 auch ein verändertes Sexual- und Testverhalten bei schwulen und bisexuellen Männern (MSM) festgehalten werden konnte. Allerdings, so das RKI abschließend: „Der beobachtete Rückgang von HIV-Neudiagnosen und der geschätzte Rückgang von Neuinfektionen bei MSM seit 2019 deuten auf eine Verhinderung von Neuinfektionen durch PrEP-Gebrauch hin.“