CSD-Angriffe in Sachsen Anfeindungen von Rechtsextremisten zermürben viele CSD-Veranstalter
In Sachsen wurden jetzt zwei Kommunalpolitiker zu einer Geldstrafe in unbekannter Höhe verurteilt, weil sie im letzten Jahr im Vorfeld des CSD Döbeln Buttersäure auf der Pride-Strecke versprüht haben sollen. Zu schweren Verletzungen wie beispielsweise Hautverätzungen war es nicht gekommen, sehr wohl aber zu einer massiven Geruchsbelästigung. Die Lage in Sachsen bleibt indes weiter schwierig, Attacken auf CSDs sind bitterer Alltag, viele Veranstalter sind offenbar teilweise inzwischen zermürbt.
Buttersäure und Morddrohungen
Nach Angaben der Freien Presse wurden nun ein Stadtrat der rechtsextremen Partei Freies Sachsen sowie ein AfD-Lokalpolitiker für die Tat verantwortlich gemacht – das Urteil des Gerichts ist bereits rechtskräftig. Die Beweislage war laut der Sächsischen Zeitung offenbar eindeutig, so konnten Polizisten unter anderem im Fahrzeug des Stadtrats einen starken Geruch von Buttersäure feststellen.
Der rechtsextreme Politiker hatte auch eine Gegen-Demonstration letzten September zum CSD angemeldet, bei dem rund 180 Extremisten aufgelaufen waren. Zur Pride-Parade in der Kreisstadt mit rund 24.000 Einwohnern waren knapp 650 Teilnehmer erschienen. Immer wieder hatte der Stadtrat offenbar auch gegen die LGBTIQ+-Veranstaltung gehetzt und erklärt, dass die „Homosexuellen- und Genderpropaganda wie ein Gift in die Gesellschaft“ eindringe und dabei einen „Krieg gegen die biologische Familie europäischer Herkunft“ führen wolle. Seit dem ersten CSD in der Stadt 2022 wird die Pride-Demonstration in Sachsen jedes Jahr angegriffen – immer wieder kommt es auch zu Morddrohungen.
„Alltägliche“ Angriffe in Sachsen
Am 20. September dieses Jahres findet erneut der CSD in Döbeln statt. Veranstalter Ocean Hale Meißner erklärte gegenüber dem MDR: „Die Aufmerksamkeit ist natürlich seit letztem Jahr deutschlandweit enorm gestiegen, gerade nach Bautzen und Leipzig, wo es so eskaliert ist. Und dann dachten viele: Oh, das ist aber was Neues, dass es rechte Gegendemos gibt. Und ja, es hat mittlerweile zwar eine neue Dimension angenommen, es ist mittlerweile selbstverständlich, dass du mit Nazis rechnen kannst, wenn du einen CSD im sächsischen Hinterland machst. Aber es gab auch in den Jahren zuvor schon Angriffe gegen uns. Im vergangenen Jahr hatte jeder sächsische CSD entweder mit einer direkten Gegendemo oder zumindest mit einzelnen rechten Akteuren zu kämpfen.“
Im letzten Jahr sind die Rechtsextremisten dabei die ganze Pride-Parade hinter den Teilnehmern hergelaufen: „Es fühlte sich an, wie Vieh durch die Straßen gejagt zu werden, von teils vorbestraften Neonazis und gewaltbereiten Menschen, mit Hitlergruß und White-Power-Zeichen. An einem solchen Tag kannst du nicht frei und unbeschwert sein und deine queere Community feiern. Am Tag des CSD ist viel Polizei unterwegs, da greifen sie uns nicht an. Das machen sie erst im Alltag, wenn die Polizei wieder weg ist.“ In Zusammenarbeit mit den Behörden und der Polizei sowie Awareness- und Security-Teams soll in diesem Jahr bestmöglich für Sicherheit gesorgt werden.
Eine ungewisse Zukunft
Abschließend betonte Meißner, dass Sichtbarkeit wichtig sei, zum einen, um etwas zu ändern, zum anderen, um queeren Menschen vor Ort zu zeigen, dass sie eben nicht alleine sind. Allerdings gab der CSD-Chef auch zu bedenken: „Wir machen diese Arbeit ehrenamtlich, das kostet viel Kraft. Ich kenne so viele Leute, die ausgebrannt sind, weil diese Arbeit ein Kampf gegen Windmühlen ist. Ich liebe meine Heimat, ich würde hier gern etwas verändern, aber auch ich spiele mittlerweile mit dem Gedanken wegzugehen. Ich werde oft gefragt: Wo siehst du Sachsen in fünf Jahren? Und ich probiere immer, optimistisch zu bleiben. Aber ich schaffe es gerade nicht mehr, positive Utopien für die Zukunft zu gestalten. Unter den aktuellen Bedingungen und Entwicklungen können wir froh sein, wenn wir den Ist-Zustand halten. Wenn wir in fünf Jahren noch an dem Punkt sind, an dem wir jetzt stehen, können wir von Glück reden.“