EU gegen Hassverbrechen Mehr Einsatz von der Slowakei wie von allen Mitgliedsstaaten gefordert
Das Europaparlament hat mit eindeutiger Mehrheit eine Resolution verabschiedet, die einen stärkeren Schutz von LGBTI*-Menschen einfordert. Damit reagieren die Parlamentarier auf den jüngsten homophob motivierten Doppelmord in der Slowakei – der Sohn eines ehemals rechtsextremistischen Politikers hatte vor einer Schwulenbar in der Hauptstadt in Bratislava ohne Vorwarnung kaltblütig zwei junge homosexuelle Männer erschossen. Nachdem er online mit der Tat geprahlt hatte, beging der 19-jährige Täter Selbstmord.
447 EU-Abgeordnete stimmten nun für die neue Resolution, 78 stimmten dagegen, zudem gab es 45 Enthaltungen. Vor allem Politiker aus Ungarn, Polen sowie rechtspopulistische Parlamentarier aus Italien stimmten gegen die Resolution. Der Direktor der europäischen LGBTI*-Organisation Forbidden Colours, Rémy Bonny, veröffentlichte dazu via Twitter die Liste aller Politiker, die gegen die Verurteilung des Hassverbrechens in der Slowakei gestimmt hatten. Ferner erklärte Bonny: „Es handelt sich um Mitglieder des Europäischen Parlaments, die die Regierungsparteien von Ungarn, Polen und Italien vertreten. Sie stimmten gegen das Europäische Parlament, das den Terrorismus und die Ermordung von LGBTI*- Personen in der Slowakei verurteilte. Gemeinsam mit dem Parlament fordern wir die EU-Kommission auf, die Anti-LGBTI*-Desinformationskampagnen ernst zu nehmen. Wir sind bereit zu helfen.“ Das europäische Parlament hatte kurz zuvor erklärt: „Als Reaktion auf einen homophoben Mord in Bratislava fordert das Parlament alle EU-Regierungen auf, Hassreden zu bekämpfen und Hassverbrechen zu untersuchen und zu verfolgen.“ Des Weiteren verurteilte das Parlament die Tat als einen “feigen Terrorakt“ mit einem rechtsextrem motivierten Hintergrund und sprach sich dafür aus, auch entschieden gegen homophobe Hass-Sprache und verbale Angriffe vorzugehen.
Kritik richtet sich dabei auch an die Regierung in der Slowakei selbst. Das Land müsse sich ernsthaft endlich dafür einsetzen, LGBTI*-Menschen mehr zu schützen, es dürfe nicht immer wieder zu massiven Verletzungen der grundsätzlichen Menschenrechte kommen. Die Slowakei müsse gezielt auch gegen Desinformationskampagnen vorgehen, endlich gleichgeschlechtliche Paare auch rechtlich anerkennen und weitere Reformen für Regenbogenfamilien auf den Weg bringen. Mehrfach betonten die Parlamentarier auch, dass es ihnen große Sorge bereite, wie in einigen Mitgliedsstaaten der EU rechtsextremistische Gruppen an Stärke gewinnen und gleichzeitig dabei die Angriffe gegenüber der LGBTI*-Community immer weiter zunehmen würden. So richtete sich die Resolution stellenweise auch an alle Mitgliedstaaten und forderte sie dazu auf, Werte wie Akzeptanz, Toleranz und Gleichheit zu respektieren und zu fördern.
In der Slowakei selbst hat der grausame Doppelmord an den beiden jungen schwulen Männer für nachhaltiges Entsetzen geführt, über 20.000 Menschen drückten bei einer Mahnwache ihre Trauer darüber aus. Auch in den Medien wird seitdem über die aktuelle Situation von LGBTI*-Menschen im Land immer wieder diskutiert, der slowakische TV-Journalist Rastislav Iliev nahm das Thema zum Anlass, sich während seiner Live-Moderation selbst als homosexuell zu outen. Er bekräftigte, dass das Land und die Bevölkerung aufhören müssten zu schweigen, denn „das Böse breitet sich immer noch aus.“ Schlussendlich richtete er einen Appell an die aktuelle, konservative Regierung: „Hört auf, euch hinter leeren Gesten auf Facebook zu verstecken, die ihr nur abgebt, wenn es euch passt. Hört auf, euch dabei zum Mittelpunkt zu machen, und fangt endlich an, darüber nachzudenken, wie ihr das Leben von LGBTI*-Menschen einfacher machen könnt, wie ihr diejenigen bestrafen könnt, die den brutalen Mord des gestörten Jungen im Internet legitimieren, und nicht zuletzt, wie ihr uns alle schützen werdet, damit so etwas nie wieder passiert.“ Das größte Musikfestival des Landes hat indes angekündigt, die Veranstaltungsreihe Mitte November ganz als Gedenken für die beiden getöteten Schwulen zu veranstalten – über 40 Veranstaltungsorte und rund 70 Künstler haben bereits zugesagt. Das Thema dürfte die Slowakei so noch länger beschäftigen, weswegen LGBTI*-Organisationen im Land hoffen, einen tatsächlichen Wechsel weiter anstoßen zu können.