MPX ohne Symptome übertragbar?! „Wir müssen umdenken, was die Übertragung von Affenpocken betrifft!“
Fachärzte aus Zürich haben jetzt erstmals bestätigt, dass es markante Hinweise gibt, dass die Affenpocken (MPX) auch gänzlich ohne Symptome wie beispielsweise Pusteln und Ausschläge auf der Haut übertragbar seien können. Bisher hatten auch deutsche Gesundheitsbehörden und Organisationen wie beispielsweise die Deutsche Aidshilfe dazu aufgerufen, spätestens bei sichtbaren Anzeichen für eine Infektion mit MPX den Kontakt mit diesem Menschen zu vermeiden. Das allein scheint allerdings nun nach jüngsten Erkenntnissen nicht ausreichend zu sein, um sich wirklich zu schützen.
Gegenüber der NZZ erklärte der Mediziner Benjamin Hampel aus Zürich: „Wir müssen umdenken, was die Übertragung von Affenpocken betrifft. Wir in Zürich, aber auch andere Mediziner und Forscher haben Hinweise, dass die Viren nicht nur dann übertragen werden, wenn die Betroffenen sicht- und spürbar an Symptomen wie den typischen Bläschen und Pusteln oder Fieber und Halsschmerzen leiden.“ Zudem gilt zu bedenken: Infizierte können auch bereits vor Ausbruch der Symptome die Viren weitergeben. Und auch nach Abklingen der akuten Erkrankung kann die Person noch ansteckend sein. Auch in Körperflüssigkeiten wie Sperma und Speichel wurde das Virus noch Wochen nach der eigentlichen Infektion nachgewiesen, weswegen beispielsweise das britische Gesundheitsministerium dazu rät, drei Monate nach einer Erkrankung Sex ausschließlich mit Kondomen zu haben. Noch ist nicht nachgewiesen, ob die dort vorhandene Menge allerdings ausreicht, um einen anderen Menschen damit anzustecken. Sollte sich nun auch durch weitere Studien bestätigen, dass das Virus auch gänzlich ohne Symptome übertragen werden kann, wird sich nach Hampel die Eindämmung deutlich schwieriger gestalten. Hampel ist Co-Leiter des Checkpoints Zürich, einer Schwerpunktpraxis für sexuell übertragbare Krankheiten – er und sein Team haben bisher rund ein Viertel aller bisher bekannten Fälle in der Schweiz betreut (rund 70 Personen).
Ein weiterer Aspekt: Eine Studie aus Belgien zeigte auf, dass die Infektion auch vollkommen unerkannt verlaufen kann, sodass Betroffene schlicht durch Unwissenheit zu Überträgern der Viruserkrankung werden könnten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rief deswegen bereits die besonders betroffene Gruppe von schwulen und bisexuellen Männern auf, ihre sexuellen Kontakte mit wechselnden Partnern einzuschränken oder bestenfalls zeitweise auszusetzen. Ähnlich wie in Deutschland zeigt sich auch in der Schweiz, dass beinahe ausnahmslos (98 %) schwule und bisexuelle Männer von den Affenpocken betroffen sind. Jüngste Studien vom Juni und Juli 2022 belegten diese Annahme und stellten zudem fest, dass MPX in rund 95 Prozent aller Fälle bei einem sexuellen Kontakt übertragen wurde.
Für den Züricher Infektiologen ist dabei auch klar, dass durch die Ausbreitung das Virus nach und nach auch auf die breite Bevölkerung überspringen kann und gegebenenfalls dann auch wird. Schon jetzt zeige sich in Zürich, dass die Infizierten aus der gesamten Bandbreite der Gesellschaft kommen, vom Sexarbeiter bis zum Top-Manager sei alles dabei. Die Eindämmung könne nach Angaben der Fachleute nur noch mit der Impfung gelingen. In Deutschland (aktuell rund 2.700 Infizierte) sind gerade in Berlin die Impfdosen inzwischen praktisch aufgebraucht – weitere 200.000 Stück werden bis Ende September erwartet. In der Schweiz ist der Impfstoff derweil noch gar nicht zugelassen. Hampel betont dabei überdies, dass auch die Zahl der Todesfälle weiter ansteigen könnte – bisher kam es zu vier MPX-Todesfällen (Brasilien, Spanien, Indien) außerhalb Afrikas, wobei in den bisherigen Fällen die Patienten meist Komorbiditäten oder ein geschwächtes Immunsystem hatten.