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Es wird immer schlimmer! Queeres Leben in Schottland // © Vladimir Vladimirov

Queeres Leben in Schottland Neuste Studie belegt: Hass und Mobbing sind zum Alltag geworden

ms - 28.04.2022 - 08:45 Uhr
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Alle fünf Jahre befragt die Organisation LGBT Youth Scotland mit Unterstützung der schottischen Regierung junge queere Schotten im Alter von 13 bis 25 Jahren zu ihren Lebenserfahrungen – die aktuellen Studienergebnisse werfen dabei ein düsteres Bild auf die derzeitige Situation auf der Insel. Das Leben in Schottland wird für LGBTI*-Jugendliche immer schlimmer.

Für jeden vierten queeren Schotten stellt Homophobie im Alltag inzwischen ein sehr großes Problem dar, Transphobie sogar für rund 70 Prozent. Die Zahlen haben sich binnen von fünf Jahren im Bereich der Homophobie mehr als verdoppelt. Mobbing an Schulen, offenkundiger Hass und Homophobie im öffentlichen Raum werden immer mehr zum Alltag für junge Queers. Jeder siebte LGBTI*-Schüler hat aufgrund von Mobbing bereits die Schule verlassen.

Ähnlich düster sieht es in puncto Hassverbrechen aus – jeder vierte LGBTI*-Jugendliche hat bereits Gewalt aufgrund seiner Sexualität erfahren, unter den trans-Personen war es beinahe jeder zweite. Nur noch 17 Prozent der schottischen Queers fühlen sich sicher in ihrer Heimat - vor zehn Jahren lag diese Zahl noch bei 54 Prozent.  Dabei haben die queeren Schotten auch das Vertrauen in die staatlichen Organe verloren – ein Bild, das sich mit aktuellen Zahlen aus ganz Großbritannien deckt. In Schottland geht nur noch einer von zehn LGBTI*-Jugendlichen überhaupt zur Polizei, wenn er Opfer eines Hassverbrechens geworden ist.

Dabei blicken die jungen queeren Schotten durchaus mit kritischem Blick auch und gerade auf die Medien und Unternehmen, die sich zwar gerne mit der Regenbogenflagge schmücken, aber tatsächlich inhaltlich nichts zur Verbesserung der Situation von LGBTI* beitragen. Die jungen LGBTI*s im Norden des Vereinigten Königreichs sind politisch stark interessiert, mehr als je zuvor – 94 Prozent der queeren volljährigen Schotten wollen zur Wahl gehen. Schottland versucht aktuell gerade, die Situation von LGBTI*-Menschen zu verbessern, ist oftmals aber noch an die Vorgaben aus London gebunden. Zuletzt kündigte die Regierung an, abweichend vom britischen Premierminister Boris Johnson ein vollständiges Verbot von Konversionspraktiken einführen zu wollen – trans-Personen inkludiert.

Dr. Kathleen Cronie, die Forschungsbeauftragte von LGBT Youth Scotland, äußerte sich sorgenvoll über die aktuellen Ergebnisse:

"Die Fakten zeigen, dass Homophobie und Transphobie zunehmen und dass Biphobie weiterhin ein Problem darstellt. Queere Paare, die in der Öffentlichkeit Händchen halten, werden angestarrt und verbal attackiert, sodass sie sich in öffentlichen Bereichen wie auch in öffentlichen Verkehrsmitteln unsicher fühlen. Die Teilnehmer der Studie sagten dabei auch, dass sich diese Situation durch jene Medien noch verschlimmert, die das Leben queerer Menschen nicht richtig wiedergeben und in einigen Fällen auch Fake-News verbreiten, insbesondere über die Transgender-Identität.“

Kaum verwunderlich, dass nur noch 65 Prozent aller Befragten davon ausgeht, dass Schottland nach wie vor ein guter Platz für LGBTI*-Jugendliche ist – vor fünf Jahren lag diese Zahl noch bei über 80 Prozent. Es ist das erste Mal seit Beginn der Fünf-Jahres-Befragungen, dass dieser Wert gesunken ist. 

Der Bericht "Life in Scotland", der erstmals im Jahr 2007 entwickelt und von der schottischen Regierung finanziert wird, befragte rund 1.300 queere junge Menschen im Alter zwischen 13 und 25 Jahren. Der Großteil der Befragten definiert sich als homosexuell (35 Prozent) oder bisexuell (31 Prozent). Über 80 Prozent aller Studienteilnehmer besucht noch eine Schule. Dreiviertel der Queers leben in ländlichen Gebieten oder in der Vorstadt, die restlichen rund 25 Prozent in einer größeren Stadt. 

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