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Ärzte erwarten Suizidwelle in der trans-Community // © suteishi

Ärzte erwarten Suizidwelle Die trans-Community ist verzweifelt

ms - 28.03.2022 - 12:30 Uhr
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Transsexuelle Menschen in den USA sehen sich seit Monaten in immer stärkerer Ausprägung mit Hass und Ablehnung konfrontiert, der in der Geschichte der Vereinigten Staaten seinesgleichen sucht. Allein in diesem Jahr wurden bisher mehr als 200 Gesetzesentwürfe eingebracht, die allesamt trans-Menschen an Schulen und teilweise auch im alltäglichen Leben herabsetzen und diskriminieren sollen. Die beiden neusten Fälle kommen diese Woche aus Alabama und Arizona.

In Alabama wurde vom Senat ein Gesetzentwurf verabschiedet, der die medizinische Versorgung von trans-Personen als „experimentell“ einstuft und somit für Menschen unter 19 Jahren verbieten würde. Im nächsten Schritt muss hier nun auch das Repräsentantenhaus zustimmen. Eine finale Unterschrift dann von Gouverneurin Kay Ivey ist sehr wahrscheinlich – die Politikerin verbot bereits im letzten Jahr die Teilnahme von trans-Jugendlichen am Schulsport. Ganz ähnlich liegt der Fall derzeit in Arizona – die Legislative verabschiedete jetzt zwei Gesetzentwürfe, die geschlechtsangleichende Operationen für Minderjährige verbieten und trans-Athleten untersagen, in Mädchensportmannschaften mitzuspielen. Der republikanische Gouverneur Doug Ducey hat sich bisher noch nicht dazu geäußert, ob er beide Gesetze unterzeichnen wird.

Ärzte schlagen jetzt Alarm und befürchten einen dramatischen Anstieg von Suizidversuchen in der amerikanischen trans-Community – erste Erfahrungen aus anderen Bundesstaaten untermauern diese Annahme. Dr. Morissa Ladinsky, Professorin für Kinderheilkunde an der Universität Alabama in Birmingham ist eine der wenigen Mediziner, die sich überhaupt noch trauen, geschlechtsangleichende Behandlungen für Minderjährige anzubieten. Aktuell betreut sie bereits rund 150 queere Patienten aus drei Bundesstaaten.

"Die Jugendlichen, die wirklich von diesem Gesetz betroffen wären, wenn es in Kraft treten würde, und die, die mich nachts wach halten, sind die Jugendlichen, die ich noch gar nicht getroffen habe! Diejenigen, die noch dabei sind, überhaupt zu verstehen, was sie sind und wie ihre Identität ist. Wenn man diesen Jugendlichen, die ich noch nicht kenne, die Hoffnung nimmt, dass sie einmal ihre eigene Wahrheit leben dürfen, die sie vielleicht gerade erst beginnen zu verstehen, dann vernichtet man ihre Gesundheit“, so Ladinsky gegenüber NBC News. Die Professorin und ihr Team haben in den letzten Tagen die Notaufnahmen im ganzen Bundesstaat angewiesen, "in höchster Alarmbereitschaft" zu sein, da sie davon ausgehen, dass die Selbstmordversuche von transsexuellen Jugendlichen massiv zunehmen werden.

Wütend macht die Ärztin die Aussagen von Befürwortern der Gesetzesentwürfe, die unisono aussagen zum Wohl der Kinder zu entscheiden und jüngst erklärten, dass viele Jugendliche aus dieser „Phase herauswachsen würden.“ Ladinsky hält dies schlicht für Dummheit und zudem für einen Missbrauch der medizinischen Forschung: "Die Leute, die diese Gesetzesentwürfe schreiben und die Gesetzgeber, die diese Gesetzesentwürfe unterstützen, sind keine Ärzte. Sie sind völlig unwissend, was die von Fachleuten geprüften, evidenzbasierten Daten angeht!“

Die trans-Frau Zuriel Hooks ist Botschafterin einer Hilfsorganisation für trans-Personen in Alabama und fasst die derzeitige Frustration der Community kurz und bündig so zusammen:

"Die Tatsache, dass sie uns nicht einmal gefragt haben, wie wir uns fühlen, ist sehr unmenschlich. Sie treffen diese Entscheidung, einfach, weil sie es wollen, und das ist sehr beängstigend!“

Hier gibt es Hilfe
Die Berichterstattung über Suizid ist ein überaus sensibles Thema. Wir möchten es in KEINSTER Weise glorifizieren oder romantisieren. Viele Menschen, die durch Suizid sterben, leiden an einer psychischen Erkrankung. Wenn es dir nicht gut geht oder du daran denkst, dir das Leben zu nehmen, versuche mit anderen Menschen darüber zu sprechen. Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen du dich melden kannst.

Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.

Weiterhin gibt es von der Telefonseelsorge das Angebot eines Hilfe-Chats. Außerdem gibt es die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung. Die Anmeldung erfolgt – ebenfalls anonym und kostenlos – auf der Webseite. Informationen findest du unter: www.telefonseelsorge.de

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