Boris Palmer Grüner Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen
Boris Palmer, seit 2007 grüner Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen, ist als größter Fan einer Koalition seiner Partei mit CDU und CSU bekannt. Jetzt hat er erstmals Bedingungen für ein schwarz-grünes Bündnis nach der Bundestagswahl 2017 formuliert.
„Ohne einen raschen Kohleausstieg oder einem Ende jeder Diskriminierung von Homosexualität wird es mit uns nicht gehen“, sagte der Parteirechte Mitte November in einem Interview mit dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“, dem mehr als 30 Tageszeitungen angehören. Allerdings müsste dafür die Ökopartei in zwei Jahren deutlich besser abschneiden, so Palmer: „Mit acht Prozent wie 2013 wären die Grünen aber gar nicht wichtig genug, weil es dann für Merkel auch ohne uns reichen dürfte. Wenn wir aber 15 oder mehr Prozent holen, dann kann es sein, dass gegen uns nicht regiert werden kann.“
Die von dem 43-Jährigen formulierte Gleichstellungs-Bedingung kommt überraschend: Vor vier Jahren hatte der Oberbürgermeister noch vorgeschlagen, die Forderung nach einem Adoptionsrecht für Lesben und Schwule komplett aus dem Wahlprogramm der Grünen zu streichen, um damit bei konservativen Wählern zu punkten. Sein entsprechendes Thesenpapier führte 2011 zu scharfer Kritik, auch innerparteilich. Renate Künast, damals Fraktionschefin im Bundestag und Bürgermeisterkandidatin in Berlin, versicherte rasch den eigenen Anhängern, dass die Ökopartei ihre „Kernpositionen und Werte“ nicht aufgeben werde.
Erst in diesem Sommer hatte sich Palmer schützend vor Gegner einer Ehe-Öffnung gestellt und LGBT-Aktivisten aufgerufen, verbal abzurüsten: „Es hilft der Sache nicht, den Vorwurf der Homophobie sofort auszupacken, wenn man sich kritisch über das volle Adoptionsrecht für Schwule und Lesben äußert oder an der (weitgehend von der Wirklichkeit überholten) Vorstellung einer besonderen Vorrangstellung der Ehe festhält“, schrieb der Kommunalpolitiker unter der Überschrift „Entspannt Euch!“ in einem Gastbeitrag für die „FAZ“.
Zuletzt hatte es sich Palmer zunehmend mit der eigenen Partei verscherzt. In einem Artikel für die Tageszeitung „Die Welt“ hatte er im Oktober mit den Worten „Wir schaffen das nicht“ einen Zuzugsstopp für Flüchtlinge gefordert. Er spiele auf der „rechten Klaviatur“ und wolle sich bloß „den nächsten Talkshowauftritt sichern“, kritisierten daraufhin grüne Bundestagsabgeordnete, auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann ging auf Distanz: „Es ist nicht besonders sinnhaft, Debatten zu führen, die nur die Unsicherheit der Bevölkerung erhöhen.“ Die Grüne Jugend forderte Palmers Parteiausschluss.