Direkt zum Inhalt
Italien: Gesetzesplan gefährdet queere Hinterbliebenenrente

Rückschritt für Paare Italien: Gesetzesplan gefährdet queere Hinterbliebenenrente

mr - 14.11.2025 - 18:30 Uhr
Loading audio player...

Der Gesetzesentwurf des italienischen Senators Claudio Borghi (Lega), die Witwen- und Witwerpension für Partnerinnen und Partner in zivilen Lebensgemeinschaften abzuschaffen, sorgt für intensive Debatten. Nach aktuellem Stand gewährt die italienische Gesetzgebung Paaren, die in einer zivilen Lebensgemeinschaft leben, seit fast einem Jahrzehnt das gleiche Anrecht auf Hinterbliebenenrente wie verheirateten Eheleuten. Dies wurde durch die Gesetzesreform von 2016 und diverse Grundsatzentscheidungen der italienischen Verfassungs- sowie der Kassationsgerichte untermauert.

 

Tradition, Gleichheit und soziale Absicherung

Mit der Abschaffung der Hinterbliebenenrente für Paare in zivilen Lebensgemeinschaften würde ein zentraler Pfeiler der sozialen Sicherung massiv geschwächt. Die Hinterbliebenenrente beträgt derzeit 60 Prozent der Pension, die die verstorbene Partnerin oder der verstorbene Partner bezog oder erworben hat. Sie wird ebenso auch bei getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepaaren sowie unter bestimmten Umständen an Kinder oder Eltern gezahlt. Die Streichung dieses Anspruchs beträfe insbesondere gleichgeschlechtliche Paare, da in Italien bislang keine Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts möglich ist. Expertinnen und Experten verweisen darauf, dass eine solche Gesetzesänderung nicht nur einen Bruch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz der italienischen Verfassung darstellt, sondern auch Diskriminierung und soziale Unsicherheit verstärken würde. Die Debatte fügt sich ein in einen europaweiten Trend, in dem queere Rechte und gesellschaftliche Toleranz immer wieder unter Druck geraten, wie vergleichbare aktuelle Entwicklungen in Polen oder Ungarn zeigen.

 

Proteste und politische Kontroversen

Vor allem Vertreterinnen und Vertreter der LGBTIQ+-Community und Menschenrechtsorganisationen warnten unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorstoßes vor einer „Rolle rückwärts“. Alessandro Zan, prominenter LGBTIQ+-Aktivist und Europaabgeordneter, äußerte sich klar zu den Konsequenzen:

„Anstatt Rechte zu schützen, werden sie wieder abgeschafft. Wir müssen heute nicht nur um neue Rechte kämpfen, sondern bestehende verteidigen, denn sie sind nicht selbstverständlich.“— Alessandro Zan, Europaabgeordneter

Die italienischen Höchstgerichte hatten bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesreform betont, dass homosexuelle Paare den gleichen verfassungsrechtlichen Schutz wie Eheleute verdienen, da eine Benachteiligung das Gleichstellungsgebot verletzt. Auch Gewerkschaften weisen auf die Gefahr hin, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse und mangelnde rechtliche Absicherung queere Familien in Armut treiben könnten.

 

Rechte massiv in Gefahr

Angesichts der laufenden Haushaltsverhandlungen bleibt offen, ob Borghis Vorschlag tatsächlich Gesetz wird. Sollte dem Parlament dieser drastische Schritt gelingen, wäre das ein deutlicher Rückschritt für die soziale und rechtliche Gleichstellung von Paaren in zivilen Lebensgemeinschaften in Italien. Gerade im europaweiten Kontext der Menschenrechte stellt sich die Frage, wie stabil erworbene Grundrechte wirklich sind – und wer sie künftig verteidigen wird.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Opfer mit Böller angegriffen

Verdächtige 16 und 18 Jahre alt

Vor zwei Monaten kam es im Hamburger Stadtpark zu einem schwulenfeindlichen Angriff. Zwei Brüder wurden nun als Hauptverdächtige festgenommen.
Bilanz ESC 2025

Mehrwert für die Schweiz

Die Schweiz zieht ein positives Fazit über den ESC 2025 in Basel: Die Kassen klingelten und das Image hat sich deutlich verbessert.
Schwules Paar überfahren

Homophober Angriff in London

Mordprozess in London: Am Weihnachtsabend 2024 raste ein 30-Jähriger in eine Menschenmenge, darunter ein schwules Paar. Ein Mann starb dabei.
Lügen vor Millionenpublikum

Anti-LGBTIQ+-Rhetorik von rechts

In der „Tucker Carlson Show“ mit dem rechten Aktivisten Milo Yiannopoulos entlud sich wieder einmal eine Welle LGBTIQ+-feindlicher Rhetorik.
Lynchversuch an Universität

Student in Uganda angegriffen

Eine Gruppe homophober Studenten versuchte an der größten Universität in Uganda einen Kommilitonen zu ermorden. Jetzt hat der Fall erste Konsequenzen.
Neue Vorwürfe in England

Homophobie unter Polizisten

Erneut steht die britische Polizei in der Kritik: Verschleppte sie die Aufklärung von Raubüberfällen auf Schwule aufgrund von Homophobie?
Italiens neue Zensur

Verbotspläne schreiten voran

"Gott, Vaterland und Familie“: Nur Sexualkunde und LGBTIQ+ soll es an vielen Schulen Italiens bald nicht mehr geben, beschlossen die Parlamentarier.
Jugend unter Druck

Psychische Probleme stark vertreten

Viele queere Jugendliche haben Zukunftsängste, neuerdings auch mit Blick auf die Spaltung der Gesellschaft. Details offenbart eine neue Studie.