Rückschritt für Paare Italien: Gesetzesplan gefährdet queere Hinterbliebenenrente
Der Gesetzesentwurf des italienischen Senators Claudio Borghi (Lega), die Witwen- und Witwerpension für Partnerinnen und Partner in zivilen Lebensgemeinschaften abzuschaffen, sorgt für intensive Debatten. Nach aktuellem Stand gewährt die italienische Gesetzgebung Paaren, die in einer zivilen Lebensgemeinschaft leben, seit fast einem Jahrzehnt das gleiche Anrecht auf Hinterbliebenenrente wie verheirateten Eheleuten. Dies wurde durch die Gesetzesreform von 2016 und diverse Grundsatzentscheidungen der italienischen Verfassungs- sowie der Kassationsgerichte untermauert.
Tradition, Gleichheit und soziale Absicherung
Mit der Abschaffung der Hinterbliebenenrente für Paare in zivilen Lebensgemeinschaften würde ein zentraler Pfeiler der sozialen Sicherung massiv geschwächt. Die Hinterbliebenenrente beträgt derzeit 60 Prozent der Pension, die die verstorbene Partnerin oder der verstorbene Partner bezog oder erworben hat. Sie wird ebenso auch bei getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepaaren sowie unter bestimmten Umständen an Kinder oder Eltern gezahlt. Die Streichung dieses Anspruchs beträfe insbesondere gleichgeschlechtliche Paare, da in Italien bislang keine Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts möglich ist. Expertinnen und Experten verweisen darauf, dass eine solche Gesetzesänderung nicht nur einen Bruch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz der italienischen Verfassung darstellt, sondern auch Diskriminierung und soziale Unsicherheit verstärken würde. Die Debatte fügt sich ein in einen europaweiten Trend, in dem queere Rechte und gesellschaftliche Toleranz immer wieder unter Druck geraten, wie vergleichbare aktuelle Entwicklungen in Polen oder Ungarn zeigen.
Proteste und politische Kontroversen
Vor allem Vertreterinnen und Vertreter der LGBTIQ+-Community und Menschenrechtsorganisationen warnten unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorstoßes vor einer „Rolle rückwärts“. Alessandro Zan, prominenter LGBTIQ+-Aktivist und Europaabgeordneter, äußerte sich klar zu den Konsequenzen:
„Anstatt Rechte zu schützen, werden sie wieder abgeschafft. Wir müssen heute nicht nur um neue Rechte kämpfen, sondern bestehende verteidigen, denn sie sind nicht selbstverständlich.“— Alessandro Zan, Europaabgeordneter
Die italienischen Höchstgerichte hatten bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesreform betont, dass homosexuelle Paare den gleichen verfassungsrechtlichen Schutz wie Eheleute verdienen, da eine Benachteiligung das Gleichstellungsgebot verletzt. Auch Gewerkschaften weisen auf die Gefahr hin, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse und mangelnde rechtliche Absicherung queere Familien in Armut treiben könnten.
Rechte massiv in Gefahr
Angesichts der laufenden Haushaltsverhandlungen bleibt offen, ob Borghis Vorschlag tatsächlich Gesetz wird. Sollte dem Parlament dieser drastische Schritt gelingen, wäre das ein deutlicher Rückschritt für die soziale und rechtliche Gleichstellung von Paaren in zivilen Lebensgemeinschaften in Italien. Gerade im europaweiten Kontext der Menschenrechte stellt sich die Frage, wie stabil erworbene Grundrechte wirklich sind – und wer sie künftig verteidigen wird.