Italien zurück im Mittelalter? Die Regierung will alle LGBTIQ+-Themen an Schulen verbannen
Die italienische Regierung unter Federführung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will den Sexualkundeunterricht an den Schulen im Land drastisch einschränken, insbesondere jedwede Informationen zum Thema Homosexualität oder LGBTIQ+ sollen künftig zensiert werden.
Sexualkunde ohne LGBTIQ+
Die italienischen Medien reden von einem „Blitzangriff im Kulturausschuss der Abgeordnetenkammer“: Die Lega von Matteo Salvini hat die Tage kurzfristig einen Änderungsantrag für das betreffende Gesetz vorgelegt und verabschiedet. Die Partei stellt seit 2022 zusammen mit Melonis Fratelli d’Italia und der Forza Italia das rechtskonservative Regierungsbündnis. Künftig soll die Sexualerziehung dabei nicht nur wie bereits schon jetzt an Kindergärten und Grundschulen, sondern auch an allen Mittelschulen im Land verboten beziehungsweise stark zensiert werden.
Die Richtlinien sind dabei besonders streng ausgelegt, sodass selbst mit Einwilligung der Eltern an den Schulen keine Projekte oder erweiterter Unterricht stattfinden darf, der sich mit Sexualität über die reine Biologie hinaus beschäftigt, auch Informationen über sexuell übertragbare Krankheiten, Verhütung von Frühschwangerschaften oder über die Bekämpfung sexueller Gewalt sind verboten. Geschweige denn natürlich sachliche Berichte über Homosexualität beispielsweise. Erklärtes Ziel sei es so, die „Indoktrinierung durch extrem linke LGBT-Aktivisten“ zu unterbinden, wie Rossano Sasso, Fraktionsvorsitzender der Lega Nord, betonte.
Konservative feiern „Ende schwuler Märchen“
Jubel kommt aus der Reihe von Konservativen und christlichen Familienverbänden wie Pro Vita e Famiglia, deren Sprecher Jacopo Coghe bekräftigte: „Das Verbot, diese Themen in Grund- und Mittelschulen anzusprechen, ist eine Maßnahme des gesunden Menschenverstands gegen diejenigen, die in den letzten Jahren in die Klassenzimmer gekommen sind, um über Leihmutterschaft, Abtreibungspillen, Geschlechtsumwandlung und schwule Märchen zu sprechen.“
„Zurück ins Mittelalter“
Entsetzt reagieren indes liberale Parteien wie beispielsweise die Schulbeauftragte der Demokratischen Partei (PD): „In einem Land, das noch immer unter dem jüngsten Femizid an einer jungen Frau erschüttert ist, besteht die politische Antwort der Regierung darin, den Raum für die Erziehung zu Emotionalität und Respekt gegenüber anderen in den Schulen weiter einzuschränken. Ein zensurähnliches Modell, das Freiraum für Desinformation lässt!“ Und der Europaabgeordnete Alessandro Zan beteuert kurz und knapp: „So kehrt Italien ins Mittelalter zurück.“
Ähnlich auch die Einschätzung von Elisabetta Piccolotti von der Alleanza Verdi e Sinistra: „Die Regierung ist von Fundamentalismus und religiösem Extremismus inspiriert. Das ist ein Angriff auf die Säkularität der Schule, auf die Freiheit der Lehre und überdies eine schwerwiegende Verweigerung des subjektiven Rechts aller Schüler und Schülerinnen auf Zugang zu einer umfassenden und qualitativ hochwertigen Bildung.“ Wann das neue Gesetzesvorhaben final in Kraft tritt, ist noch offen, zunächst geben die betroffenen Ausschüsse nun ihre Stellungnahme ab, bevor das Projekt in der Abgeordnetenkammer und im Senat beschlossen werden kann.