Sorge in Tschechien LGBTIQ+-Community befürchtet neue Machtverhältnisse ab Oktober
Tschechien erlebt in diesen Tagen einen unerbittlichen Lager-Wahlkampf, Anfang Oktober wählen die Bürger ein neues Parlament. Die LGBTIQ+-Community im Land befürchtet angesichts der immer stärker aufgeheizten Debatten einen Rechtsruck, der die Rechte von Schwulen, Lesben und queeren Menschen gefährden könnte.
Rechtspopulist in Umfragen vorne
Ganz weit vorne in der Wählergunst steht aktuell Oppositionsführer Andrej Babiš (71), der bereits von 2017 bis 2021 Premierminister war – nun hat er realistische Chancen, erneut in das Amt gewählt zu werden, in Umfragen liegt seine rechtspopulistische Partei „Aktion Unzufriedener Bürger“ (ANO) in Führung, insgesamt nehmen 26 Parteien an der Wahl teil. Bei einer Umfrage Anfang September von Radio CZ wünschten sich 44 Prozent der Tschechen Babiš als neuen Premierminister. Das aktuelle Mitte-Rechts-Wahlbündnis Spolu unter Premierminister Petr Fiala ist in Umfragen auf den zweiten Platz abgerutscht.
Angst vor Diskriminierung
Innerhalb der queeren Verbände im Land wächst die Angst, dass mit Babiš an der Spitze homophobe Richtlinien wie das Anti-Homosexuellen-Gesetz in Ungarn dann ebenso in Tschechien umgesetzt werden könnten. Auch im Nachbarland Slowakei hat sich die rechtliche Lage unlängst verschlechtert, LGBTIQ+-Menschen sind immer mehr von Diskriminierung bedroht.
Beim CSD in der Hauptstadt Prag in diesem Jahr wurde das Thema bereits mit dem Motto „Wo ist mein Zuhause?“ thematisiert. Die ersten Verbände erklärten zuletzt, dass der Community im Land schwierige Zeiten bevorstehen könnten, mehr denn je brauche es Akte des Widerstands.
Mobilisierung der Community
Die bekannte trans* Politikerin Adela Kucera erklärte gegenüber der Deutschen Welle, dass LGBTIQ+-Menschen im Land sich jetzt mobilisieren und zusammenschließen müssten. Wenn rechte Parteien die nächste Regierung stellen, sei es wichtig, auf die Straße zu gehen, um die Rechte der Community zu verteidigen.
In Tschechien kam es in den letzten Jahren schrittweise zu Verbesserungen, im Januar dieses Jahres traten Ergänzungen des Partnerschaftsgesetzes in Kraft, die homosexuellen Paaren mehr Rechte einräumte – von einem gemeinsamen Namen über Vermögensfragen bis hin zu Witwenrenten. Eine Ehe für alle gibt es im Land indes bis heute nicht. Im Juni dieses Jahres verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Regierung dazu, ihre Gesetze zu ändern und trans*, nicht-binäre sowie queere Menschen nicht wie bisher bei einem Personenstandswechsel zur Sterilisation zu zwingen.