Hazy Hartlieb Künstler, Kostümbildner, Autor, Regisseur, und Interior Designer
Deutschlandweit bekannt wurde er für seine Kostüme, die er für Hella von Sinnen in der Show „Alles nichts? Oder?“ kreierte.
Ist Hazy dein tatsächlicher Vorname?
Ja, mein Rufname ist Ralph Emil Hazy. Emil stammt von meinem argentinischen Großvater Emilio und von meiner Mutter kommt aus deren ungarischen Seite der Name Hazy.
Wie siehst du dich selbst?
Nach meinem Kunst- und Theaterwissenschaft -Studium arbeite ich unter anderem als Kostümbildner.
„Ich sehe mich als einzigen normalen Menschen auf dieser Welt.“ Ich bin definitiv ein homosexueller Cis-Mann.
Angefangen hat es 1988 mit: „Alles Nichts? Oder“?
Gebürtig in Augsburg studierte ich im dritten Semester in Köln, als der Produzent der Show unsere Professorin ansprach. Mit Hugo Egon Balder und der sehr talentierten Schauspielerin Hella von Sinnen war eine Show geplant, für die Künstler gesucht wurden, die außergewöhnliche Kostüme entwerfen. Zwei Kommilitoninnen und ich durften einige Jahre die schrillen Kostüme entwickeln. Hella und ich haben uns auf Anhieb ineinander schockverliebt und seitdem fertige ich alle ihre Outfits an, auch die, die sie privat trägt. Zudem habe ich neun Jahre lang für Lilo Wanders entworfen. Die Kleider trägt sie immer noch. Und natürlich nicht zu vergessen für die Comedy-Show „Hella und Dirk“ und Dirk Bachs legendäres CoverMe habe ich auch die Kostüme gemacht.
Wo sind all die extraordinären Sachen geblieben?
Die Kostüme sind zu Gunsten der Aidshilfe und der Kinderkrebshilfe versteigert worden. Mein Kostüm „Brandenburger Tor“ steht im Berlin Museum und das Kostüm „Dali von Sinnen" ist im Deutschen Textilmuseum in Krefeld zu sehen.
Da Hella in den Sendungen immer meinen Namen nannte. kannte mich schnell halb Deutschland, Das war ein mega Sprungbrett für mich und ich verdiente schon im Studium gut. Ich investierte in mein Atelier und kaufte mir die entsprechenden Maschinen. Mein Atelier befindet sich mittlerweile in unserem Schloss Wuppertal, in dem mein Mann Lothar, unsere Hunde und ich auch wohnen.
Hattest du Vorbilder?
Karl Lagerfeld ist mein Stil-Gott, der fantastische Mode, Photographie und Inszenierungen geschaffen hat. Ich habe alle seine Bücher gelesen, ihn aber leider nicht persönlich kennen lernen dürfen. Ich liebe auch Dolce & Gabana, sowie die Japanerin Kiko. Für mich ist alles Schöne Inspiration.
Hast du ein Lebensmotto?
Ja! „Ich bin auf der Welt, um Schönes zu schaffen!“ Deswegen teilen wir unser zu Hause auch mit vielen Menschen, wir laden zu monatlichen Konzerten, zum sonntäglichen Bruch oder zum jährlichen Weihnachtsmarkt ein. Niemand trägt in Wuppertal so farbenfrohe Outfits wie ich.
Was war dein schönstes Erlebnis in deinem Leben?
Als ich vor vierzig Jahren – genauer gesagt am 03.04.1986 meinen Mann Lothar kennengelernt habe, den ich am 03.03.1921 heiratete. Lothar ist mein absoluter Supporter und mein Lebensmensch.
Was möchtest du nie wieder erleben?
Ich bin ein unverbesserlicher Optimist, habe aber auch Schlimmes erlebt: Gerade die 80er Jahre, als viele meiner Freunde an Aids verstorben sind, waren superschrecklich. Es gab auch andere persönliche Rückschläge und Verluste. Das Leben ist nicht fair, schon gar nicht immer schön und gerecht. Jedes einzelne Erlebnis kann einen stärker machen und weiterbringen. Ich habe unzählige Nächte wegen Herzschmerz heulend im Bett gelegen. Aber all die Situationen, habe ich durchgestanden, sie haben mich stärker gemacht, mich geprägt und zu dem gemacht, der ich heute bin.
Was macht dir Angst?
Ich kannte keine Angst. Dass, was man nicht kann, kann man lernen oder erfragen. Ich hatte auch vor Homophobie in den 80er und 90er Jahren keine Angst. Heute macht mir die politische Situation Angst Unvorstellbar, dass irgendwann diese schlimme Partei an die Macht kommt.
Was macht das mit uns queeren Menschen, meinen syrischen, türkischen, ukrainischen und arabischen Freunden?
Angst habe ich inzwischen auch vor dem Klimawandel. Die Prognose war, dass ich es nicht mehr erleben werde. Es kam leider anders und heute stecken wir alle mittendrin …
Was macht dich wütend?
Ungerechtigkeit in jeder Form. Ich selbst glaube, ein lieber Mensch zu sein. Ich bin kein Choleriker, nicht zickig oder launisch und ich habe eigentlich immer gute Laune.
Das Leben ist schön, wenn man es aus der richtigen Richtung betrachtet. Mein Glas war nie halbleer, sondern ist immer halbvoll. Als „Reinkarnation von Ludwig II.“ sehe ich die positiven Dinge stärker und lasse die negativen Dinge nicht zu nah an mich ran.
Du frönst - wie man sieht - auch der Sammel-Leidenschaft.
Ich sammele Vieles, was alt und schön ist: Vasen, Porzellan, Kreuze, Heiligenstatuen, Bilder, sowie Schmuck, den ich auch selbst trage. Ich liebe alte Dinge, neue Sachen haben keine Geschichte. Und ich liebe es, alte Möbel aufzuarbeiten.
Wie kam es zu deinem Aufenthalt in der arabischen Welt?
Eine deutsche Eventagentur produzierte eine riesige Showproduktion in Qatar. Ich habe 2016 bis 2018 in Qatar und Berlin gelebt, habe 3tausend Kostüme für 7 Shows entworfen, die in Berlin gefertigt wurden. Ich habe die Shows entwickelt und konzipiert und mit einem großartigen Regisseur finalisiert. Von den geplanten 7 Shows kamen wegen der „Qatar-Blockade“ leider nur 5 auf die Bühne. Wenn ich die Shows beschreiben müsste, würde ich sagen „Cirque du soleil – komprimiert“.
Wie hast du in Katar als schwuler Mann gelebt?
Wie ein Styling-King, der überall eingeladen wurde. Natürlich wird Homosexualität am Golf anderes gelebt. Es gibt keine Regenbogenflaggen und keine queeren Bars, aber trotzdem viele Veranstaltung für schwule Männer. Für mich ist Qatar queerer als Berlin und Köln zusammen. Ich hatte mehrere Lover, es war großartig dort. Viele arabische Männer stehen auf ältere Männer, was mir zu Gute kam. Noch heute pflege ich Freundschaften dort und ein Prinz aus Saudi-Arabien besucht mich immer noch zwei Mal im Jahr.
Hat sich die Community nach deiner Rückkehr in deinen Augen verändert?
Als ich zurück war in Deutschland, feierte man in Köln gerade „Ein Jahr schwule Ehe“. Schon auf dem Weg in die Schaafenstrasse erhielt ich drei dumme, homophobe Sprüche. Seit einigen Jahren wird queeres Leben, alles, was wir uns erkämpft haben, immer schwieriger. Wir haben eine Bundestagspräsidentin und einen Kanzler, die homophob argumentieren. Wir erleben einen weltweiten Rechtsdruck und beängstigende, konservative Strömungen. Das muss nicht nur queeren Menschen Angst machen. Wie müssen weiterhin bunt, vielfältig und laut bleiben!!!
Du bist Kämpfer der ersten Stunde – haben wir eine Zukunft?
Es gibt aktuell zu viele Menschen in Deutschland, die uns keine Zukunft gönnen. Ich bin aber überzeugt davon, dass, wenn wir laut bleiben und nie wieder leise werden, wir unsere Zukunft mitgestalten können.
Was waren deine „Magic Moments“?
Meine größte Show „Expoesie“- auf der EXPO 2000 in Hannover mit 48 Darstellern und 187 Kostümen in der Preussag Arena, sowie 2001 die größte europäische Barbie- Ausstellung - mit 4800 Original-Barbiepuppen – in Wien, wofür ich über 200 prominente Frauen aus Deutschland und Österreich über ihre Erfahrungen mit Barbies interviewte, waren magische Momente in meinem kreativen Schaffen.
Ein weiteres Highlight war, dass ich von 2020 bis 2023 vier Jahre lang die Kostüme für „the masked singer switzerland“ entwerfen und umsetzen durfte. Unter anderen trat die ESC-Moderatorin Sandra Studer als Pfau auf, Nemo, der Gewinner des ESC 2024 erweckte den Panda zum Leben und die schweizerische Top-Model-Mama Manuela Frey performte in einem riesigen Skarabäus.
Bitte vervollständige: Mein 1. Mal war ...
- was ich als Sex bezeichnen würde - sehr anstrengend. Ich dachte, ich müsste nun ganz tolle Dinge tun, von denen ich nicht wusste, wie man sie tut. Aber ich war sehr verknallt - es war Lothar – und am anderen Morgen war alles wunderbar.
Dass ich schwul war, wusste ich seitdem ich 5 bin. Ich hatte damals schon homoerotische Phantasien von einem haarigen nackten Mann.
Was ist das Rezept für eure 40-jährige Beziehung?
Ganz einfach; Immer ehrlich zueinander sein und keine Geheimnisse voreinander zu haben, seine eigenen Gefühle auszuleben und sich in einer Beziehung mir dem/ der Anderen nicht als eine Person zu empfinden.
Lothar ist nicht meine bessere Hälfte – denn ich habe eine rechte und eine linke – unfassbar tolle Hälfte! Wir haben das große Glück, den anderen zu haben.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Gesundheit sowieso. Dass es noch lange neue, tolle Herausforderungen gibt, dass ich dabei wunderbare Menschen kennenlerne und dass sich in meinem Leben ständig etwas verändert, damit es nie langweilig wird. Politisch möchte ich allerdings eine extreme Veränderung, überhaupt nicht und ich werde alles daransetzen, dieses zu verhindern.