War Leonardo da Vinci schwul? Neuigkeiten über die Homosexualität des Jahrtausend-Genies
Für ihn ist kein Begriff zu groß: Genie, Jahrtausend-Architekt, berühmtester Universalgelehrter aller Zeiten – die Rede ist natürlich von Leonardo da Vinci (1452-1519). Wer nichts von ihm kennt, kennt zumindest doch eines: die Mona Lisa. Weniger offensichtlich ist dagegen die Sexualität des Genies.
Die Homosexualität des Genies
Mehrfach wurde in den letzten Jahren immer wieder die These aufgeworfen, da Vinci sei schwul oder bisexuell gewesen – und mehr noch, für die Mona Lisa selbst habe ein Liebhaber Modell gestanden. Der deutsche Literaturhistoriker Dino Heicker hat nun zeitgenössische Quellen zusammengetragen, die beweisen sollen, dass der Maler tatsächlich Männer liebte.
Insbesondere soll es ihm ein 28-jähriger junger Lehrling namens Gian Giacomo Caprotti angetan haben, den er liebevoll „Salai“ (kleiner Teufel) genannt haben soll. Vier Jahre lang sollen die beiden Männer zusammengelebt haben und Caprotti soll mehrfach auch während dieser Zeit für ihn Modell gestanden haben, auch für das berühmteste Gemälde des Meisters. Dazu gebe es zahlreiche Hinweise, beispielsweise unter anderem die Buchstaben L und S für Leonardo und Salai in den Augen der Mona Lisa – dazu die Worte „mon salai“, ein Anagramm von „Mona Lisa“. Immer wieder wurde die vermeintliche Homosexualität des Künstlers thematisiert, bereits Leonardos erster Biograf Giorgio Vasari hielt 1550 fest, dass der Maler ein „besonderes Vergnügen" an schönen jungen Männern hatte.
Homosexualität in der Geschichte
Natürlich stimmen nicht alle mit dieser Einschätzung überein, das Louvre-Museum, in dem das weltberühmte Gemälde bis heute zu bestaunen ist, sieht das skeptisch. „Wenn eine Mehrheit definiert, was normal und abnormal ist, und ein binäres Geschlechtermodell zur Norm erklärt, schafft dies ein schwieriges Umfeld für Minderheiten, die sich anders fühlen", so Heiker gegenüber der Deutschen Welle. In seinem aktuellen Buch über die Geschichte der Queerness hat Heicker seine neusten Daten zu da Vinci und weiteren prominenten Persönlichkeiten der Geschichte zusammengetragen.
Angesichts der dramatischen Strafen, denen sich Homosexuelle in der Vergangenheit ausgesetzt sahen, blieb vielerorts ein Fragezeichen zurück, wenn es um die Sexualität der großen Namen der Menschheitsgeschichte geht. Laut Heiker wurden viele von ihnen gesteinigt, kastriert oder direkt lebendig verbrannt. Wer „Glück“ hatte, wurde nur verbannt.
Schwule Liebe in der Antike
Anderenorts gab es allerdings auch immer wieder ein offenes Ausleben von Homosexualität, exemplarisch in der Antike von Italien bis nach Griechenland. Der römische Kaiser Hadrian war beispielsweise über den Tod seines Geliebten Antinoos so traurig, dass er ihn posthum zum Gott erklärte und zahlreiche Statuen des schönen Jünglings errichten ließ. Ähnliche Berichte gibt es von der „Knabenliebe“ zwischen Älteren und Jüngeren in Griechenland: „Von dem jüngeren Mann wurden sexuelle Gefälligkeiten erwartet, aber das wurde von der Gesellschaft nicht abschätzig betrachtet“, so Heicker weiter. Erst mit dem Siegeszug des Christentums endete final auch die liberale Einstellung zur Homosexualität. Fortan galt Sex unter Männern als „verunreinigendes Krebsgeschwür der Sodomie“, wie es Bischof Petrus Damiani im 11. Jahrhundert beschrieb.
Mit Blick auf die heutige Lage betont der Historiker abschließend: „Queere Menschen haben sich gerade in Deutschland Freiheiten erkämpfen müssen, von denen frühere Generationen nur träumen konnten. 1994 wurde der Paragraph endlich aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Die gleichgeschlechtliche Ehe wurde legalisiert, und sexuelle Diskriminierung ist nun eine Straftat. Auf der anderen Seite, und jetzt kommt das große Aber: Diese Errungenschaften müssen auch weiterhin geschützt werden, insbesondere gegenüber Versuchen, die Uhr zurückzudrehen.“