Direkt zum Inhalt
Reaktionen aus Berlin

Reaktionen aus Berlin Grüne und Berlins Queer-Beauftragter blicken kritisch auf die Homophobie-Vorwürfe an Berliner Grundschule

ms - 26.05.2025 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Der Fall eines schwulen Lehrers, der an einer Berliner Schule in Moabit über Monate immer wieder aufgrund seiner Homosexualität von muslimischen Schülern verbal attackiert und bedroht worden sein soll, schlägt weiter hohe Wellen. Inzwischen meldete sich auch der Berliner Queer-Beauftragte sowie die innenpolitische Sprecherin der Grünen zu Wort. 

Statement von Pantisano 

Der betreffende Lehrer der Carl-Bolle-Grundschule musste sich demnach immer wieder anhören, dass er „ekelhaft“ sei, er werde „in der Hölle“ landen und überhaupt: „Du Schwuler, geh weg von hier. Der Islam ist hier der Chef“, wie er im Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärte. Wegen Panikattacken und einer posttraumatischen Belastungsstörung ist der Mann inzwischen krankgeschrieben.

Pantisano erklärte dazu jetzt gegenüber der Berliner Zeitung: „Da wir ja wissen, dass Queerfeindlichkeit in allen Schichten und Kulturen unserer Gesellschaft vorkommt, muss unser Fokus auf die Gesamtgesellschaft gerichtet werden (…) Zu dieser bitteren Wahrheit gehört, dass, wenn die Gewalt gegen die queere Community religiös motiviert ist, diese sowohl vom Islam als auch von der katholischen Kirche, den Zeugen Jehovas, den orthodoxen Kirchen und neuerdings immer heftiger auch den Evangelikalen ausgeht.“ Pantisano stand in den letzten Jahren mehrfach in der Kritik, die Gewalt gegenüber der Community von Seiten muslimischer Täter zu verharmlosen. 

Nun forderte er „intersektional denkende Präventionskonzepte“ und nimmt die Lehrkräfte und die Eltern mit in die Pflicht: „„Viel hängt von Schulleitungen und Elternvertretungen ab. Wenn Schülerinnen und Schüler homophob auftreten, hat das sehr oft mit den Erziehungsberechtigten zu tun. Hier müssen alle Seiten angesprochen werden.“ 

Streit innerhalb der Grünen

Ähnlich argumentierte jetzt auch die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Lamya Kaddor, die via X schrieb: „Wer nun mit dem Finger nur auf eine bestimmte Gruppe zeigt, bedient nicht nur rassistische Narrative, sondern verhindert auch echte Lösungen (…) Besonders beunruhigend ist es, wie reflexartig in solchen Fällen muslimische Schüler*innen zum Hauptproblem erklärt werden.“

Kaddor wurde daraufhin mehrfach kritisiert, den Fall zu verharmlosen – auch aus den eigenen Reihen. Volker Beck mahnte: „Keine Toleranz mit den Intoleranten, sonst ist es um die Toleranten geschehen.“ Zu seiner Grünen-Kollegin schrieb er: „Nicht das antihomosexuelle Mobbing an der Schule ist anscheinend das Hauptproblem für Lamya Kaddor, nicht das Schweigen der islamischen Verbände dazu, sondern der Schreibstil der Reportage der Süddeutschen Zeitung.“

Mehrere Studien der letzten Jahre (Religionsmonitor 2019,Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Bertelsmann Stiftung) belegten, dass die Ablehnung von Homosexuellen unter muslimischen Menschen stärker ausgeprägt als in der Gesamtgesellschaft, zuletzt zeigte das auch das Forschungsprojekt „Radikaler Islam – radikaler Anti-Islam“ von 2023 auf. 65 Prozent der Muslime stimmen dabei der Aussage zu: „Ich finde es ekelhaft, wenn Homosexuelle sich in der Öffentlichkeit küssen.“ Unter der Gesamtbevölkerung sind es 43 Prozent. 

CDU-Politiker Johannes Volkmann erklärte zum aktuellen Fall: „Wir haben nicht nur eine Migrations-, sondern auch eine Integrationskrise.“ Und der führende Islamismus-Experte Ahmad Mansour sagt gegenüber der BILD-Zeitung: „Die Realität in vielen Schulen in Deutschland ist klar: Besonders dort, wo der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund hoch ist, beobachten Lehrkräfte und Sozialarbeiter zunehmend ein Islamverständnis, das aggressiv auftritt und abwertend gegenüber allem wirkt, was nicht ins eigene Weltbild passt – ob sexuelle Selbstbestimmung, Christentum oder Judentum.“ Kaddor betreibe dabei eine „gezielte Form der Relativierung, die auffallender Weise immer dann zum Einsatz kommt, wenn es um problematische Entwicklungen innerhalb muslimischer Milieus geht.“ 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.