Förderung von Homophobie Dilemma in der Entwicklungshilfe ist politischer Sprengstoff für die Ampel-Regierung
Finanziert die deutsche Bundesregierung den Hass auf Homosexuelle in anderen Ländern indirekt mit? Und wie verträgt sich das mit der Förderung von LGBTI*, einem Kernanliegen der Ampel-Regierung?
Millionenbeträge für christlichen Hass
Die Süddeutsche Zeitung legt diese Woche den Finger in die Wunde und zeichnet ausführlich nach, wie die deutsche Bundesregierung christliche Projekte in Afrika fördert, die wiederum direkt den Hass auf Homosexuelle befeuern und Aufklärungsunterricht an Schulen im Namen Gottes unterbinden.
Die Vorgehensweise bei der deutschen Entwicklungspolitik ist zumeist ein Sonderweg: Da Deutschland fast ausnahmslos nicht über Organisationen vor Ort verfügt, werden die Millionenbeträge an Partner weitergegeben, in vielen Fällen davon kirchliche Organisationen. Anschließend können diese Verbände eigenständig und frei vor Ort darüber entscheiden, was mit dem Geld aus Deutschland geschieht – eine Vorgehensweise, die immer wieder massiv problematisch ist, wie der Fall Kenia zeigt.
Steuergelder für kenianische Bischöfe
Die Regierung des Landes versucht seit Monaten Anti-Homosexuellen-Gesetze durchzusetzen beziehungsweise weiter zu verschärfen, ähnlich wie in Uganda, wo Homosexualität mit der Todesstrafe geahndet wird. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert dabei seit 2020 ein Projekt der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungszusammenarbeit, wie die SZ weiter berichtet. Insgesamt 250.000 Euro gehen an die katholische Bischofskonferenz (KCCB) in Kenia, drei Viertel davon kommen von der Bundesregierung, der Rest vom katholischen Hilfswerk Misereor.
Das erklärte Ziel: „Stärkung der parlamentarischen Lobbyarbeit der Bischofskonferenz“ in Kenia – also genau jenen Geistlichen, die seit Jahren den Hass auf Homosexuelle massiv befeuern und das menschenfeindliche Gesetzesvorhaben unterstützen. So erklärt die KCCB unter anderem: „Homosexuelle Handlungen sind intrinsisch gestört“. Ebenso sprechen sich die Bischöfe gegen Abtreibungen, Aufklärungsunterricht und HIV-Verhütung aus.
Kein Einzelfall der Bundesregierung
Die Vorgehensweise, die Homophobie indirekt mit Millionenbeträgen fördert, fiel zuerst dem Amsterdamer Institute for Journalism and Social Change auf, das sich daraufhin an die SZ wandte. Die Förderung sei dabei kein Einzelfall, das deutsche Bundesentwicklungsministerium finanziert so auch die Lobbyarbeit der katholischen Kirche bei der Afrikanischen Union wie auch in Südafrika.
Wo bleibt sie also, die selbsterklärte LGBTI*-freundliche und feministische Außen- und Entwicklungspolitik der Ampel-Regierung? Auf Anfrage der SZ erklärt ein Sprecher des Entwicklungsministeriums, dass sich nicht-staatliche Partner nicht an die Richtlinien und Strategien der Bundesregierung halten müssten. Sie würden nur „angeregt“, diese zu beachten. Nur in einigen „sensiblen Ländern“ würde das Auswärtige Amt die Projekte noch einmal gesondert bewerten – Kenia gehört da allerdings nicht dazu.
Misereor betont indes auf Rückfrage, man führe mit den Bischöfen in Kenia einen „sehr kritischen Dialog“ – ob das vor oder nach der Überweisung der Gelder passiert, ist nicht klar. Außerdem, so ein Sprecher von Misereor weiter, stelle die „konservative Haltung“ der katholischen Kirche in Kenia mit Blick auf LGBTI* eben eine „gesellschaftliche Mehrheitsmeinung“ dar. Das scheint ja alles gut zu sein.
Lehmann betont Rechte queerer Menschen
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, erklärte dazu, dass mit deutschen Entwicklungsgeldern keine Projekte und Institutionen gefördert werden dürften, die dem „Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den Rechten queerer Menschen entgegenstehen.“ An der bisherigen Vorgehensweise ändert das Statement von ihm bisher allerdings gar nichts.
Laut der SZ dürfte dies damit eigentlich die Förderung von Kirchen grundsätzlich infrage stellen. Laut dem Entwicklungsministerium laufen rund 30 Prozent aller Projekte über die Kirche – katholische und evangelische Vereine haben im Jahr 2023 so insgesamt 340 Millionen Euro erhalten, über deren Verwendung sie frei verfügen können, die Befeuerung von homophoben, lebensgefährlichen Hass inklusive.